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Ablehnung des Asylantrags: Ausreise und Abschiebung brauchen konkrete Gründe

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Duldung, freiwillige Ausreise und Abschiebung: Die Begriffe gehen häufig durcheinander, die Zahl der Ausreisepflichtigen Personen liegt höher als die der durchgeführten Abschiebungen. Woran das liegt und wann Personen tatsächlich ausreisen müssen. 


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Nach dem Messerangriff in Aschaffenburg ist die öffentliche Diskussion über notwendige Maßnahmen und mögliche Versäumnisse der Behörden in vollem Gange. Der 28-jährige Tatverdächtige war nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) ausreisepflichtig – was bedeutet dieser Status und in welchen Fällen können Personen abgeschoben werden?

Duldungsstatus in Deutschland: Folge eines abgelehnten Asylantrags

Erhalten Asylbewerber keinen anerkannten Schutzstatus, gilt ihr Asylantrag als abgelehnt. Damit sind sie automatisch ausreisepflichtig, die Frist hierfür liegt zwischen sieben und 30 Tagen. Reisen sie in dieser Zeit nicht aus, kann die Ausreise zwangsweise vollzogen werden: Dann spricht man von einer Abschiebung. Für Abschiebungen sind die jeweiligen Ausländerbehörden zuständig. An diesem Punkt gibt es für Betroffene die Möglichkeit, einen Duldungsstatus zu erhalten. Eine Duldung ist also immer die Folge eines abgelehnten Asylantrags, ein erfolgreicher Asylantrag steht nie in Zusammenhang mit einer Duldung. 

Ist eine Person geduldet, darf sie vorübergehend in Deutschland bleiben, weil sie nicht abgeschoben werden kann. Die Abschiebung gilt dann als „vorläufig ausgesetzt“. Gründe dafür sind unter anderem fehlende Ausweisdokumente, Krieg im Herkunftsland, Reiseunfähigkeit oder familiäre Bindungen zu Personen in Deutschland. Geduldete haben keinen gesicherten Aufenthalt, denn sie besitzen keinen Aufenthaltstitel – theoretisch können sie jederzeit abgeschoben werden.

Experten kritisieren Kettenduldungen: Für Betroffene psychisch belastend

Eine Duldung ist darüber hinaus immer befristet. Läuft sie ab, können Behörden eine weitere Duldung ausstellen: Dann spricht man von Kettenduldungen. Experten kritisieren die Kettenduldungen, die teilweise über Jahre erteilt werden und weisen darauf hin, dass es für Betroffene psychisch belastend sei und sich merklich auf ihre Lebenszufriedenheit auswirke und die weitere Integration behindere. 

Nach dem Messerangriff in Aschaffenburg verschärft sich die Debatte um die richtige Migrationspolitik weiter – das liegt unter anderem an der Herkunft des Tatverdächtigen. Besonders die Union will mit weiteren Verschärfungen reagieren.
Nach dem Messerangriff in Aschaffenburg verschärft sich die Debatte um die richtige Migrationspolitik weiter – das liegt unter anderem an der Herkunft des Tatverdächtigen. Besonders die Union will mit weiteren Verschärfungen reagieren.  Foto: Julian Stratenschulte

Wie lang Geduldete sich durchschnittlich im Land aufhalten, variiert stark und ist schwer festzustellen. Eine Untersuchung des BAMF aus dem Jahr 2020 zeigt, dass 36 Prozent der Geduldeten bereits mehr als sechs Jahre in Deutschland lebten, 15 Prozent mehr als zehn Jahre. 

Ausreisepflichtig oder unmittelbar ausreisepflichtig?

Geduldete Menschen haben Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sie dürfen unter bestimmten Voraussetzungen arbeiten, die zuständige Ausländerbehörde kann eine Arbeitserlaubnis ausstellen. Ein Beschäftigungsverbot gilt nur, wenn sie beispielsweise ihre „Mitwirkungspflicht zur Ausreise“ nicht erfüllt haben: Das ist unter Umständen dann der Fall, wenn Ausweisdokumente nicht vorgelegt werden können. 

Geduldete sind also grundsätzlich ausreisepflichtig, jedoch nicht „unmittelbar ausreisepflichtig“: Ist jemand unmittelbar ausreisepflichtig, muss er oder sie das Land sofort verlassen, es gibt keine weitere Frist. Das ist möglich, wenn Personen als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gesehen werden, ein vollziehbares Abschiebungsurteil vorliegt oder sich die Person bereits einmal einer Abschiebung entzogen hat. 

Für Umsetzung ist jeweilige Landespolizei zuständig – Woran Abschiebungen scheitern

Koordiniert werden Abschiebungen von den örtlichen Ausländerbehörden. Für die Umsetzung ist die jeweilige Landespolizei zuständig, das bedeutet, die Person beispielsweise zum Flughafen zu begleiten. Am Flughafen ist dann die Bundespolizei zuständig. Sie muss die Dokumente überprüfen, die Person an Bord begleiten und sie an die Behörden im Zielland übergeben. 

Dass Abschiebungen häufig scheitern, hat verschiedene Gründe. Dazu zählen fehlende Reisedokumente oder dass die Zielstaaten nicht kooperieren: Sie verweigern Rückführungsflüge und wollen die Betroffenen nicht aufnehmen. Strukturelle Probleme sind insbesondere zu wenig personelle Kapazität in den Behörden, dass Personen untertauchen oder die Abstimmung zwischen Ausländerbehörde und Polizei nicht ausreichend funktioniert.

2024 wurden insgesamt 18.384 Personen aus Deutschland abgeschoben, das ist ein Anstieg von circa 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Baden-Württemberg sind 2024 6.346 Personen ausreisepflichtige Personen entweder freiwillig ausgereist oder abgeschoben worden, erklärt das Innenministerium in Stuttgart. Dies stellt gegenüber dem Jahr 2023 eine Steigerung um 43 Prozent dar.

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