B39: In diesem Tunnel tummelt sich das "m"
Welche Schreibweise stimmt denn nun: Schemelsberg oder Schemmelsberg? Schilder an der B39 sorgen immer wieder für Erstaunen.

Das Rätselraten ist nicht neu. Es gibt auch mehrere Erklärungen - und eine Festlegung: Jene Erhebung bei Weinsberg, durch die der B 39-Tunnel führt, heißt Schemelsberg. Mit einem "m". Definitiv. So steht es auch auf dem Hinweisschild an der A6. Umso mehr muss sich wundern, wem auffällt, dass an den Eingängen des Tunnels Schilder auf einen etwas anderen Namen verweisen: Schemmelsberg, also mit zwei "m". Ein Schreibfehler? Mitnichten.
Ob es nun Schemelsberg heißen muss oder Schemmelsberg, darüber haben sich schon viele den Kopf zerbrochen. Allein der Blickwinkel kann ausschlaggebend sein. Bewegt sich der gemeine Erlenbacher in Richtung Weinsberg, so erblickt er erst mal den Schemmelsberg, eine sanfte Erhebung auf Erlenbacher Markung.
Feiner Unterschied zwischen Erlenbach und Weinsberg
Der gemeine Weinsberger jedoch, der aufbricht in Richtung Erlenbach, ist überzeugt, auf seiner Markung den heimischen Schemelsberg vor Augen zu haben. Doch was ist nun richtig? Susanne Schmehl vom Weibertreu-Museum ist im Jahrbuch 1991 für die Stadt Weinsberg auf einen interessanten Beitrag gestoßen. "Die Erlenbacher", so heißt es da, "pflegen die Variante mit zwei ,m", die Weinsberger die mit einem ,m"."
Das erklärt, warum die Weinsberger Heimatkundler Manfred Wiedmann und Klaus Heiland in der Johanneskirche bei der Interpretation eines Andachtsbilds nicht nur die biblische Geschichte ins Sulmtal verlegt fanden, sondern auch den Ölberg und den Berg Tabor in Galiläa - eben in Form des Weinsberger Schemelsbergs und des Erlenbacher Schemmelsbergs.
Verschiedene Deutungen: Hocker oder Hang-Rutschungen
Auch das Staatliche Vermessungsamt Heilbronn beschäftigte sich mit der Sache. Wie aus dem Jahrbuch hervorgeht, schaltete das Amt Dr. Arno Ruoff, einen Schriftsachverständigen für württembergische Flurnamen, ein. Der befand: Der Bergname rühre von Schemel (wie Hocker oder Fußbank) her - der Ähnlichkeit des terrassierten Weinbergs wegen. "Schemel" habe ursprünglich auch die Bedeutung einer einzelnen Weinbergterrasse gehabt und sei ein Feldmaß für Weinberge gewesen.
Aus Erlenbach kommt eine andere Interpretation: In einem Stimme-Bericht von 2014 wird der dortige Hauptamtsleiter Bernd Hirrle zitiert, der erklärt, Hang-Rutschungen, die sich an dem Hügel zeigten, hätten früher Schemmeln geheißen. Bezeichnenderweise hat er dieses Doppel-m-Wissen aus Weinsberg, vom früheren Stadtbaumeister Klaus Colberg. Dem Stimme-Bericht zufolge hat Fritz Kaiser, Leiter des Vermessungsamts am Landratsamt Heilbronn, herausgefunden, dass es einst sogar vier Schreibweisen gab: Er entdeckte in Flurkarten von 1831 Schimelberg, Schemelberg, Schamelberg und Schemelsberg.
Gleich vier verschiedene Schreibweisen
Die Verwirrung komplettiert der Weinsberger Dekan und Stadtpfarrer Dillenius, der 1861 in seiner Beschreibung des Oberamts Weinsberg kurzerhand beide Schreibweisen benutzte. Das passt zum Beitrag aus dem Weinsberger Jahrbuch 1991. Demzufolge habe sich auch Günther Weishäupl, einst Pressereferent des Vermessungsamts, nicht über das Wirrwar gewundert: Als 1830 die Landvermessung in Württemberg lief, sei es dem Geometer vor Ort überlassen gewesen, wie er den Namen einträgt. Erst später sei den Flurnamen mehr Beachtung geschenkt worden. 1896 habe es erste Regeln gegeben, 1958 ein Flurnamenbuch zum Nachschlagen.
Pragmatischer Blick auf die Dinge
Baungenieur Hans Zinggrebe, mit dem Bau des 1990 eröffneten Tunnels vom Straßenbauamt Heilbronn betraut, klärte nach dem Stimme-Bericht von 2014 in einem Leserbrief auf: Der Tunnel liege auf Gemarkung Erlenbach im Gewann Schemmelsberg. So sei es damals aus Flurkarten zu entnehmen gewesen. Deshalb war für ihn klar: Der Tunnel heißt Schemmelsbergtunnel. Das Rätseln um die Schreibweisen gehört für ihn nicht zu den wichtigsten Themen: "Ich muss gestehen, wir haben damals während der Bauausführung andere Probleme gehabt, als uns über die Schreibweise viele Gedanken zu machen."