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Kretschmann gegen Eisenmann: Ein TV-Duell ohne Sieger

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Am Montagabend trafen Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seine Herausforderin, CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann, in einem TV-Duell aufeinander. Hier eine Analyse der Sendung, die wenig Überraschendes bot.

von Michael Schwarz
Die beiden baden-württembergischen Spitzenkandidaten zur Landtagswahl Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Susanne Eisenmann (CDU) vor der Sendung im Wahlstudio. Foto: dpa
Die beiden baden-württembergischen Spitzenkandidaten zur Landtagswahl Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Susanne Eisenmann (CDU) vor der Sendung im Wahlstudio. Foto: dpa  Foto: Patricia Neligan/SWR/dpa

Wer große Erwartungen in das TV-Duell im SWR kurz vor der Landtagswahl zwischen Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seiner Herausforderin Susanne Eisenmann (CDU) hatte, wurde am Montagabend dann doch eher enttäuscht. „Das war ein Duell der vertanen Chancen“, lautete dann auch die Analyse der Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele nach dem Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten der beiden Parteien, die im Südwesten am 14. März das Rennen um die Nummer eins unter sich ausmachen werden.

Am Ende gab es viel Bekanntes, gerade bei der Corona-Politik, dazu ein paar kleinere Sticheleien Eisenmanns, eine Debatte über ihr dauerhaftes Lächeln in den sozialen Medien – und die Panne beim SWR, der die  Redezeit der beiden Kandidaten falsch einblendete. Und dabei wurde vorher noch angekündigt, man wolle die Zeit wegen der Chancengleichheit penibel erfassen. Auch dass die Klimapolitik kein Thema in der Sendung war, sorgte gerade in den sozialen Medien für Gesprächsstoff.

Zähe Diskussion über die Pandemie

Wenn man sich chronologisch an dem TV-Duell abarbeitet, war vor allem der Beginn sehr zäh. Die erste halbe Stunde ging es um die Corona-Pandemie und um die Argumente, die allen Zuhörern – gerade kurz vor dem nächsten Bund-Länder-Treffen – bereits bekannt gewesen sein dürften. Erwähnenswert ist hier, dass sich die beiden Kontrahenten darüber stritten, wer für die Schnelltests an den Schulen zuständig sei.

Eisenmann sah Sozialminister Manne Lucha (Grüne) verantwortlich, Kretschmann sagte, dass sei doch die Aufgabe von ihr selbst, schließlich sei sie Kultusministerin. Zudem wiederholte Eisenmann ihre Forderung, in der nächsten Woche weitere Schulöffnungen vorzunehmen. „Dass das nächste Woche schon geht, sehe ich nicht“, entgegnete ihr Kretschmann, der sich wegen der stetig ansteigenden Inzidenzzahlen und der Mutationen vorsichtig gab. Interessant war noch, dass Kretschmann eine baldige Öffnung der Baumärkte in Aussicht stellte. 

Eisenmann fühlt sich nicht eingebunden

Fast schon kleinlich war dann die Debatte über das Papier, dass Kretschmann mit Blick auf die Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch erstellen ließ. Eisenmann monierte, sie fühle sich nicht eingebunden, weil der Ministerpräsident kurz vor einem solch wichtigen Treffen ein Papier veröffentlichte, ohne es dem Regierungspartner CDU vorher geschickt zu haben. Sie habe alles aus der Presse entnehmen müssen, sagte sie provokativ. Das alles endete so, dass Kretschmanns Sprecher Beweisfotos darüber versandte, dass Eisenmanns Büroleiter eine Mail mit dem Papier erhalten habe. Beim Thema Corona konnte Eisenmann immerhin einen Punktsieg bei der Schnellteststrategie einfahren, die das Land jetzt beschlossen habe. Mit ihr wäre das alles viel zügiger gegangen, schließlich hatte sie schon Ende Januar ein Konzept gemeinsam mit der Tübinger Notärztin Lisa Federle vorgestellt.

Herausforderin angriffslustiger

Unter dem Strich war dann Eisenmann natürlich angriffslustiger. Das musste sie auch, schließlich liegt die Herausforderin knapp zwei Wochen vor der Wahl mit der CDU in Umfragen deutlich hinter Kretschmann und den Grünen. „Eine Politik der ruhigen Hand ist gut, sie sollte dabei aber nicht einschlafen“, sagte sie zum Strategiedialog Kretschmanns mit der Automobilindustrie. Die CDU-Politikerin redete hier eher herablassend von Runden Tischen, bei denen nicht viel herauskomme. Kretschmann sagte, er sei erstaunt – und zählte eine Reihe von Projekten auf, die aus dem Dialog resultiert hätten.

Eisenmann versuchte in der Sendung an mehreren Stellen, Kretschmanns Alter – er ist 72 Jahre alt - zu thematisieren und ihm eine Behäbigkeit nachzuweisen. An der Stelle, als es um Corona-Impfungen ging, sagte Eisenmann fast schon frech, Kretschmann könne sich ja gar nicht mit Astrazeneca impfen lassen, weil der Impfstoff nur für bis zu 65-Jährige zugelassen sei. Zudem äußerte sie ihre Verwunderung darüber, dass Kretschmann den Landtagsfraktionschef der Grünen, Andreas Schwarz, als potenziellen Nachfolger genannt habe. Dabei habe er doch immer betont, er wolle für volle fünf Jahre antreten – also für eine komplette Legislaturperiode.

Sie bezog sich dabei auf die Aussage Kretschmanns beim Wahlcheck der Heilbronner Stimme vergangene Woche, als er Schwarz als den Mann bei den Grünen lobte, ohne den nichts laufe. Und zudem seien die meisten Ministerpräsidenten früher Fraktionschefs gewesen, erläuterte er. Beim SWR sagte Kretschmann, er habe lediglich auf die Behauptung reagiert, bei den Grünen gebe es keine Politiker in der zweiten Reihe, die auf ihn folgen könnten. 

 


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Themen in den sozialen Medien

Für Diskussionen in den sozialen Medien sorgte zum einen die Mimik Eisenmanns, die dauerhaft lächelte. Etliche Grüne sagten, das sehe alles sehr aufgesetzt aus. „Hört ja auf mir das Nanni-Lachen zu schicken. Das ist nicht lustig“, postete etwa der Grünen-Landtagsabgeordnete Alexander Salomon. Er müsse sich jetzt mindestens einen Tag lang Katzenvideos anschauen, um das Lachen wieder aus dem Kopf zu bekommen, postete er mit einem Anflug von Sarkasmus. Die Grünen monierten zudem, dass der Moderator, SWR-Chefredakteur Fritz Frey, das Thema Klimaschutz nicht einmal angesprochen habe. Für Gesprächsstoff sorgte auch die falsche Redezeit-Angabe des SWR. Am Ende wurde die Sendezeit verlängert, um die ungleiche Verteilung wieder auszugleichen. Die CDU sah natürlich Eisenmann als die klare Siegerin. Sie sei bärenstark gewesen, postete CDU-General Manuel Hagel.

Grüne in Umfragen vorne

Am Ende hat es bei dem Duell keinen wirklichen Sieger gegeben. Beiden war anzumerken, dass sie schon fünf Jahre miteinander koalieren. Unter dem Strich nutzt so ein Duell ohne Sieger in der Regel aber eher dem Amtsinhaber, der im Fall Kretschmann mit den Grünen in den jüngsten Umfragen auch noch zwischen drei und sieben Prozent vor der CDU gelegen hatte. Die Landtagswahl ist am 14. März. 

 


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