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Meinung zum Wahlkampf: Der Scholz-Zug rollt

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Die SPD profitiert Im Bundestagswahlkampf davon, dass in der Union die Nerven blank liegen, meint unser Kommentator.

Man kann den bisherigen Bundestagswahlkampf als inhaltslos und debattenarm kritisieren, eines ist er nicht: langweilig. Ein Blick auf die jüngsten Umfragen zeigt, dass sich das engste Rennen um den Einzug ins Kanzleramt in der Geschichte der Bundesrepublik abzeichnet.

Was vor Monaten noch unmöglich erschien, rückt immer näher: Die Union hat ihren komfortablen Vorsprung auf Grüne und SPD nahezu verspielt. Der grüne Höhenflug wurde durch die Fehler von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock beendet. Und die einst abgeschlagene und vielfach belächelte SPD liegt nach einer kaum für möglich gehaltenen Aufholjagd auf Schlagdistanz zur CDU/CSU.

Scholz macht keine Fehler

Das ist vor allem das Verdienst ihres Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Routiniert und hanseatisch kühl wie man ihn kennt spult der Finanzminister sein Wahlkampfprogramm ab und macht im Gegensatz zu seinen Kontrahenten keine Fehler. Stattdessen vertraut er auf seine langjährige Regierungserfahrung, die sich immer stärker auch in der Wählergunst niederschlägt. Im aktuellen Deutschland-Trend der ARD würden bei einer Direktwahl des Bundeskanzlers 41 Prozent für Scholz stimmen. CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet käme gerade mal auf magere 16 Prozent und die Grüne Annalena Baerbock auf 12 Prozent.

Olaf Scholz stellt sich am Montag im Stimme-Wahlcheck den Fragen unseres Chefredakteurs. Hier können Sie die Veranstaltung live verfolgen.

Auch die Tatsache, dass in Deutschland nicht Kanzlerkandidaten, sondern Parteien gewählt werden, dürfte die Union nicht beruhigen. Denn laut Deutschland-Trend würden nur noch 23 Prozent der Befragten für CDU/CSU stimmen, wenn an diesem Sonntag gewählt würde. Die SPD liegt mit 21 Prozent nur noch knapp hinter der Union, zugleich haben die Sozialdemokraten ihren Vorsprung auf die Grünen ausgebaut, die nur noch auf 17 Prozent kommen.

Keine Störfeuer aus der Partei

Es ist angesichts dieser Befunde verständlich, dass die SPD an ihrer behutsamen Strategie festhält, keine Fehler zu machen und geschlossen aufzutreten. Die einst so streitlustige Partei hat sich hinter Scholz versammelt, Störfeuer des linken Flügels gibt es nicht.

In der Union hingegen liegen die Nerven offenkundig blank. Während sich Armin Laschet weigert, zu wichtigen Fragen klar Position zu beziehen und lieber weiter den kumpeligen Konsensonkel gibt, lässt CSU-Chef Markus Söder keine Gelegenheit aus, den "dramatischen Trend" bei den Umfragen zu betonen und von Laschet mehr Profil und Schärfe einzufordern. Hilfreich sind diese öffentlichen Rüffel ganz sicher nicht.

In der Union herrscht Panik

Dass nun auch noch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak davor warnt, die FDP zu wählen, weil die Liberalen angeblich auf eine Ampelkoalition setzten, zeigt die Panik in der Union, die am Freitag in ersten Rücktrittsforderungen an Laschet gipfelte. Doch es ist schwer vorstellbar, dass die Union fünf Wochen vor der Wahl ihren Spitzenkandidaten austauscht. Die öffentliche Wirkung eines solchen Schrittes wäre verheerend und dürfte CDU und CSU nur noch weitere Stimmen kosten.

Es läuft also bestens für die SPD. Der Scholz-Zug rollt leise, aber zielstrebig Richtung Kanzleramt. Doch natürlich kann in den nächsten Wochen viel passieren. Noch ist nicht klar, wie sich das Afghanistan-Desaster auf die Wählermeinungen auswirken wird. Hier steht mit Außenminister Heiko Maas ein führender Sozialdemokrat heftig in der öffentlichen Kritik.

Grünen könnten von Afghanistan profitieren

Auch die Grünen, die schon frühzeitig gefordert hatten, die Ortskräfte aus Afghanistan auszufliegen, sollte man nicht abschreiben. Das Versagen der Regierung dürfte den Oppositionsparteien zusätzliche Stimmen bescheren.

Viel wird in den verbleibenden Wochen davon abhängen, wem es am besten gelingt, seine potenziellen Wähler zu mobilisieren. Spannend, so viel steht fest, bleibt es bis zum 26. September.


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