Andreas Stoch hat große Hoffnungen für die SPD bei der Bundestagswahl
Der SPD-Landesvorsitzende Andreas Stoch geht beim Stimme-Redakionsbesuch hart mit der grün-schwarzen Landesregierung in Stuttgart ins Gericht. Für Olaf Scholz sieht er gute Chancen am 26. September.

Noch knapp sechs Wochen sind es bis zur Bundestagswahl - und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz legt in Umfragen zu. Vor einem Jahr, bei seiner Nominierung, sei die Hoffnung gewesen, dass Scholz es schaffen werden, bis zur Wahl seine Qualifikation und die Regierungsleistung der SPD stärker in der Öffentlichkeit zu transportieren, sagt der SPD-Landesvorsitzende Andreas Stoch beim Redaktionsbesuch in Heilbronn. Stochs Anspruch für den 26. September? "Deutlich mehr als 20 Prozent", gibt er auf Frage von Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer aus. "Ich glaube sogar, dass wir in Schlagdistanz zu CDU/CSU sind." Die Wahlforschung besage: Parteibindungen würden schwächer und Mitte-Wähler, die wegen Angela Merkel ihr Kreuz bei der CDU gemacht hätten, seien nun bereit, eine andere Partei zu wählen - wenn der Kandidat überzeuge. Stoch: "Für die SPD ist deutlich Luft nach oben."
Rascher Vormarsch der Taliban in Afghanistan hat viele überrascht
Beim außenpolitisch dominierenden Thema, der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, räumt Stoch ein, alle seien "über die Schnelligkeit einigermaßen überrascht" gewesen, mit der die Terrormiliz das Land eingenommen habe. Bereits vor zwei Monaten habe seine Partei die grün-schwarze Landesregierung aufgefordert, sich offen für die Aufnahme afghanischer Ortskräfte zu zeigen. CDU-Innenminister Thomas Strobl habe dafür aber "keine Notwendigkeit" gesehen. Deutschland werde jedenfalls aus humanitären Gründen nicht umhin kommen, ein größeres Kontingent von Flüchtlingen aus Afghanistan aufzunehmen. Grundsätzlich plädiert Stoch dafür, internationale Einsätze unter das Dach der Vereinten Nationen zu holen. "Wir haben sie in den vergangenen 20, 30 Jahren nicht genügend als Instrument genutzt." Das sei aber die schlauere Lösung, "dann ist solch ein Einsatz nicht von der Entscheidung eines einzelnen Staatenlenkers abhängig".
Kritik an Grün-Schwarz in Stuttgart
An den ersten 100 Tagen der Landesregierung lässt Stoch kaum ein gutes Haar. Wenn man selbst fünf Jahre regiert habe, und die wichtigste Aussage im Koalitionsvertrag sei, man wolle kein Weiter so, "werde ich misstrauisch." Inhaltlich sei das Programm zwar im Wesentlichen in Ordnung, auch weil es eine maßgeblich grüne Handschrift trage und sich an vielen Stellen mit SPD-Forderungen decken. "Die Frage ist halt, ob das, was da drin steht, auch umgesetzt wird" - da habe er schon "erhebliche Zweifel". Ebenso offen sei die Frage, was geschieht, sollte Ministerpräsident Kretschmann die Legislaturperiode nicht zu Ende machen. "Die Endzeitstimmung ist greifbar", meint Stoch. Die grüne Personaldecke sei jedoch dermaßen dünn, dass man womöglich "aus Verzweiflung" so weiterregieren werde.