Atomgegner fordern Abschalten
Neckarwestheim - Bunt, fröhlich, friedlich: Die Demonstration in Kirchheim und der Protestzug zum Kernkraftwerk Neckarwestheim gleicht am Samstagnachmittag eher einem Happening. Gut 1000 Leute demonstrieren nach Polizeiangaben gegen die Laufzeitverlängerung von GKN I in Neckarwestheim. Die Veranstalter melden später 1600 Leute.
Bunt, fröhlich, friedlich: Die Demonstration in Kirchheim und der Protestzug zum Kernkraftwerk Neckarwestheim gleicht am Samstagnachmittag eher einem Happening. Gut 1000 Leute demonstrieren nach Polizeiangaben gegen die Laufzeitverlängerung von GKN I in Neckarwestheim. Die Veranstalter melden später 1600 Leute.
Grüne, rote und orangene Fahnen wehen. Transparente in Hülle und Fülle wie „Atomkraft ist kein Klimaretter.“ Der Vorplatz am Kirchheimer Bahnhof füllt sich mit altgedienten AKW-Gegnern, aber auch jüngeren Leuten. „Ich möchte den Ausstieg jetzt und überall“, sagt Alev Seker (23) von der Energiewende Heilbronn. Der pensionierte Förster Sieghart Brenner aus Obersulm vertritt die SPD und die Naturfreunde: „Ich bin hier, damit der Atomkonsens Wort für Wort umgesetzt wird.“ Der frühere Grünen-Umweltminister Jürgen Trittin trifft ein, gibt die ersten Interviews: „Die EnBW will von ihrer Zusage nichts mehr wissen“, spricht er ins Mikrophon.
Einheizen
Auf dem Lastwagen heizt Des Geyers Schwarzer Haufen der Protestschar mit dem „Bauernhimmel“ ein, dabei brennt die Sonne ohne Unterlass. Die Grünen-Promis stellen sich hinter einem Transparent auf. Für Fritz Kuhn, Fraktionsvorsitzender im Bundestag, ist es die x-te Demo gegen die Kernkraft. Er schaut sich um: „Die Atombewegung ist jung und mittelalterlich.“
Beim AKW-Rock klatscht, singt und wippt die Schar mit. Für den Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN) eröffnet Wolfram Scheffbuch die Grußworte des breiten Bündnisses: „Viele sagen Nein zum AKW Neckarwestheim.“ Den Tag des Ausstiegs sehnen auch Vertreter von Nabu, Bund, Naturfreunde und Jugendliche von der Energiewende Heilbronn herbei.
Dann setzt sich der Protestmarsch, angeführt vom Schalmeienklängen in Bewegung, über die Neckarbrücke bis zum Kernkraftwerk. „Abschalten, Abschalten“, so tönt es immer wieder. Im Atomdorf Neckarwestheim ist es ruhig, kein Wunder bei der Hitze. Eine ältere Frau will zur Geburtstagsfeier nach Kirchheim fahren. Die Polizei kann sie nicht durchlassen, wegen der Demo. „Das habe ich mir schon gedacht“, sagt sie, fährt einen Umweg.
Vor dem GKN warten gegen 15.15 Uhr einige Menschen unter schattigen Bäumen. Gelbe Luftballons werden am Grünen-Stand aufgeblasen. Ein großes Plakat hat die EnBW hinterm Zaun aufgespannt: „Starke Argumente für Neckarwestheim.“
Müllvermehrung
Zwei Redner ziehen die Leute in ihren Bann, Ursula Sladek und Jürgen Trittin. Die Geschäftsführerin des Ökostrom-Versorgers EWS Schönau sagt: „Atomenergie und erneuerbare Energien vertragen sich nicht.“ Jetzt müssten die Weichen gestellt werden: „Kämpft dafür bis zur Wahl.“ Heftig klatschen die Teilnehmer bei „Mister Atomausstieg“, dem Grünen-Spitzenkandidat Trittin. Er bezeichnet GKN als „technisches Fossil“, spricht von 400 Störfällen in 33 Jahren in diesem Meiler. Seine Botschaft: „Wer die Laufzeitverlängerung will, fördert auch die Atommüllvermehrung.“ Redner von SPD, Linke und ÖDP folgen.
Die Einsatzkräfte erleben ruhige Stunden. Polizeiführer Jürgen Hamm schätzt 1000 Demonstranten: „Sie sind sehr diszipliniert, halten sich an die Absprachen.“ Die Veranstalter geben 1600 Leute an. „Die Veranstaltung war die größte in Neckarwestheim seit den Anti-Zwischenlager-Demonstrationen vor fast zehn Jahren,“ so Scheffbuch.
Hintergrund: Reststrommenge
Das nach dem Atomkonsens beschlossene Atomgesetz sieht den Ausstieg nach den Reststrommmengen vor, welche die Meiler noch produzieren dürfen – kein fixes Datum. Das 33 Jahre alte Kraftwerk GKN I sollte dieses Kontingent bereits im ersten Halbjahr 2009 verbraucht haben. Da die EnBW nicht immer Volllast in Neckarwestheim gefahren ist, reicht die Strommenge mindestens bis Anfang 2010. kin
Weiterer Artikel zum Thema:
>>Ministerium: Keine Zweifel an GKN-Kühlung

Stimme.de