Bewegende Momente in der Stadtkirche
Gotthilf Fischer dirigiert seine Concordia thematisch passend zum Volkstrauertag

Bönnigheim - Ganz ohne einen Fischer-Moment geht es einfach nicht. "Herr Kapellmeister, haben Sie F-Dur dabei? ,Der Mond ist aufgegange', bitte", erklärt Gotthilf Fischer, und schon singt das Publikum in der Bönnigheimer Stadtkirche das alte Abendlied. "Sonst wären Sie heimgegangen und hätten gesagt, wir waren beim Fischer und haben nicht mal singen dürfen", meint Deutschlands berühmtester Chorleiter schelmisch. Aber auch sonst haben sie das feierliche Konzert der Concordia Bönnigheim 1840 sicher genossen.
Bewegend Es ist Volkstrauertag, und so widmen die Sänger ihre Lieder den Gefallenen, aber auch den Heimkehrern des Zweiten Weltkrieges. Die Bönnigheimer bekommen Unterstützung von den Fischerchören aus Ludwigsburg, Schmiden, Schwaikheim, Sindelfingen und Stuttgart. "Wenn man die Männer damals beobachtete, wie sie zerlumpt aus der Gefangenschaft kamen, was meinen Sie, welche Gefühle die hatten, wenn die Bönnigheimer Glocken läuteten?", fragt Fischer in die Runde. Und der Männerchor stimmt "Ich höre Glockenläuten" an.
Bewegende Momente, auch die Interpretation von "Die Rose" der beiden Solistinnen Tanja Böhler und Ines Amanovic, deren glockenhelle Stimmen in der bemerkenswerten Akustik der Kirche gut zur Geltung kommen. Seit 1945 dirigiert Fischer bereits Gesangsvereine, viele seiner Sänger sind längst verstorben. "Ich hatte einen Chor mit 130 Sängern zwischen 30 und 90, von denen lebt keiner mehr", stellt er fest. Ihnen allen zu Ehren erklingt "Stumm schläft der Sänger".
Dann ergreift langsam die Zuversicht auf Frieden die Darbietungen. "Jeder Tag ist ein neues Leben. Wenn Sie morgens aus dem Bett kommen und gehen können, seien Sie froh und dankbar", meint der 81-Jährige und lässt dazu "Oh Herr, welch ein Morgen" anstimmen. Die -Frauen kommen hinzu, der Klang der Stimmen wird voluminöser.
Zwischendurch ganz andere Töne: Wolfgang Joos spielt als Überraschungsgast auf seiner Panflöte. Das seinem verstorbenen Vater gewidmete "Ganz nah bei mir" ergreift die Zuhörer. Sogar eine Uraufführung hat Fischer im Gepäck. "Ob es gut geht, weiß ich noch nicht", gibt er zu. Doch es klappt: "Ausgespannt" heißt der Titel, der ebenfalls einem Bergkreuz gewidmet ist.
Kritisch Doch Fischer kann auch kritisch sein. In jeder Minute sterben hunderte Kinder, man spreche darüber, mache Fernsehsendungen. "Aber was hilft's?", fragt er, und seine Sänger bekräftigen das mit "Der kleine Junge aus Peru".
Das Kollektiv ist wichtig, das gemeinsame Erlebnis. Mit "Großer Gott, wir loben dich" wird die "herrliche Kirche zum Dom" gemacht, das Publikum singt mit. Da ist er wieder, so ein kleiner Fischer-Moment.



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