Deepseek: Was das neue KI-Tool aus China kann
Das neue KI-Modell Deepseek aus China sorgt weltweit für Aufsehen. Was hinter dem neuen Tool steckt, wie sicher die Daten sind und wo das System an seine Grenzen kommt.
Die USA waren sich eigentlich sicher. In Sachen generative KI sind sie China meilenweit voraus und müssen keine Konkurrenz fürchten – sie haben sich offenbar gewaltig geirrt. Das Start-up Deepseek aus China ist quasi über Nacht zur beliebtesten App im Apple App Store in den USA geworden, ChatGPT landet auf Platz zwei. Was hinter dem KI-Assistenten steckt.
KI-App aus China: Was ist Deepseek überhaupt?
Deepseek ist ganz ähnlich wie ChatGPT eine generative KI, der man Fragen stellen kann – nur soll sie effizienter sein, als der Konkurrent aus den USA. Das chinesische Unternehmen wurde 2023 von Liang Wenfeng gegründet. 2016 hatte der junge Unternehmer bereits den Hedgefonds High-Flyer gegründet, der Finanzmarktdaten analysiert.
Für die Entwicklung von KI-Systemen sind hochleistungsfähige Chips elementar, die USA sind Vorreiter in der Herstellung. Der Export dieser Chips nach China ist seit Oktober 2023 verboten, auch deshalb waren sich die USA sicher, dass China in der KI-Entwicklung nicht so schnell aufholen würde. Deepseek ist es nun trotzdem gelungen. Am Montag dieser Woche brach die Aktie des führenden Chipherstellers Nvidia aus den USA auf einen Schlag um 17 Prozent, beziehungsweise knapp 600 Milliarden Dollar, ein. Das ist der höchste Tagesverlust in der Geschichte der Wall Street.
Wer ist der Gründer hinter Deepseek?
Liang Wenfeng wurde 1985 in der Provinz Guangdong geboren und hat seinen Master-Abschluss in Elektronik- und Informationstechnik an der Universität Zhejiang absolviert. Vergangene Woche war der Gründer beim chinesischen Premierminister Li Qiang zu Gast – was zeigt, welche Relevanz die chinesische Führung Deepseek zuweist. Am neuen KI-Modell arbeiten nur Absolventen von chinesischen Universitäten. „Die Top 50 Talente sind aktuell vielleicht nicht in China, aber vielleicht können wir uns selbst welche heranziehen“, erklärte er in einem Interview.
Wie funktioniert Deepseek?
Deepseek ist ein KI-Sprachmodell und benötigt weniger Chips mit deutlich geringerer Leistung, ist also kosteneffektiver. In die Entwicklung sollen nur knapp sechs Millionen Dollar geflossen sein, das Unternehmen OpenAI soll dagegen mehr als das Zehnfache in die Entwicklung von Chat-GPT-4 investiert haben.
Die KI hinter Deepseek ist wie ChatGPT (Open AI), Gemini (Google) und Llama (Meta) ein sogenanntes „Large Language Model“, das heißt: Es wurde anhand von einer großen Menge von Dokumenten und Daten trainiert und kann dadurch Fragen verstehen und interpretieren.
Außerdem gehört es zu den „Reasoning-Modellen“. Das bedeutet, die KI beschreibt in ihrer Antwort ihre Argumentation auf dem Weg zur eigentlichen Antwort – das soll sie nachvollziehbarer machen. Es ist nicht bekannt, mit welchen Daten Deepseek genau trainiert wurde. Laut der Entwickler funktioniert die KI bisher am besten auf Chinesisch und auf Englisch. Laut der „New York Times“ nutzte Deepseek nur 2000 Nvidia-Chips, um die KI zu trainieren, führende US-Konzerne hätten hierfür rund 16.000 Chips benötigt.
Was ist der Unterschied zu anderen KI-Modellen wie ChatGPT?
Unter Experten sorgt allem voran die kostengünstige Entwicklung für Aufregung. Außerdem gibt es bei Deepseek keine Bezahlversion. OpenAI stellt ihre „beste“ KI mittlerweile nur noch gegen Bezahlung zur Verfügung.
Ein weiterer Unterschied ist der Algorithmus: Dieser greift bei ChatGPT für Antworten auf einen einzigen riesigen Datensatz zu. Der Algorithmus von Deepseek dagegen besteht sozusagen aus „parallelen“ KIs, die nur bei Bedarf aktiviert werden und ist damit effizienter, es wird weniger Chipleistung benötigt.
Wie sicher sind die Daten?
Deepseek speichert und nutzt alle Daten, die Nutzer eingeben. Es erfasst IP-Adressen, Cookies, das Modell sowie das Betriebssystem des Endgeräts. Nach Angaben des Unternehmens merkt sich das System auch Muster der Tastaturbedienung. Die Daten werden in China gespeichert. Wer auf diese Daten Zugriff haben könnte, ist nicht sicher: Im Fall der chinesischen App Tiktok warnen Experten immer wieder davor, dass der chinesische Staat die gespeicherten Daten nutzen könnte.
Was kann Deepseek nicht?
Deepseek ist zwar kein staatliches Unternehmen, es unterliegt trotzdem der strengen chinesischen Führung. Und die zensiert Kritik am eigenen System wo immer es möglich ist – so auch bei Deepseek. Stellt man der KI kritische Fragen zu historischen Ereignissen oder der chinesischen Führung, antwortet sie nicht, sondern „will lieber über etwas anderes sprechen“. Hinzu kommt, dass Deepseek insbesondere mit chinesischen Daten bedient wird. Das bedeutet, dass die KI auch auf eine chinesische Perspektive trainiert wird.
Und was sagt eigentlich ChatGPT zur neuen Konkurrenz?
Fragt man ChatGPT – also die KI, nicht das Unternehmen -, was ChatGPT eigentlich besser kann als Deepseek, ist sich die KI selbst noch nicht ganz sicher. „Ich bin in vielen Sprachen stark, Deepseek könnte wie viele chinesische Modelle primär auf Chinesisch optimiert sein. Das könnte ein Vorteil für mich sein“, überlegt ChatGPT. Außerdem weist die KI darauf hin, dass sie bei globalen Themen mehr Wissen nutzen könne, Deepseek sei hier womöglich von chinesischen Quellen eingeschränkt.
„OpenAI achtet stark auf ethische Aspekte und Ausgewogenheit, was bei westlichen Nutzern ein Pluspunkt sein kann. Modelle aus China könnten stärker durch politische Vorgaben beeinflusst sein und nicht alle Themen so offen behandeln“, führt die KI weiter aus. Grundlegend sieht sie sich aber nicht bedroht: „Ich empfinde keine Bedrohung durch Konkurrenz – im Gegenteil, technologischer Fortschritte wie Deepseek sind spannend und treiben die gesamte KI-Entwicklung voran.“
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