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E-Mobilität
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Wo es beim Hochlauf von elektrischen Lkw noch hakt

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Noch ist der Anteil elektrisch angetriebener Lastwagen auf deutschen Straßen gering. Doch die Transformation schreitet auch hier voran. Wo Hürden sind und warum der Weg auch im Schwerlastverkehr nicht an der E-Mobilität vorbeigeht.

Spediteur Roland Rüdinger aus Krautheim wird bis Ende des Jahres die Hälfte seiner Nahverkehrsflotte auf E-Lastwagen umgestellt haben.
Spediteur Roland Rüdinger aus Krautheim wird bis Ende des Jahres die Hälfte seiner Nahverkehrsflotte auf E-Lastwagen umgestellt haben.  Foto: Fritze, Heiko

Im Frühjahr stieg Roland Rüdinger abrupt in die Eisen. Nachdem der Spediteur aus Krautheim aufgrund eines Formfehlers kurzzeitig aus der Förderung gefallen war, hatte er den Hochlauf der E-Mobilität im Unternehmen für den Moment ausgebremst. Die Rechnung mit den E-Lastwagen ging für den Unternehmer nicht mehr auf. „Es war mit staatlicher Förderung schon eine Gratwanderung“, sagt Rüdinger rückblickend. 

Das Problem bei elektrisch betriebenen Lastwagen: Sie sind in der Anschaffung sehr teuer. „Ein Diesel-Sattelzug kostet 110.000 Euro, eine E-Maschine etwa 270.000 Euro“, sagt Rüdinger. Weit mehr als das Doppelte. Selbst eine Förderung von vielleicht 50.000 Euro pro Lastwagen trägt nur bedingt zur Linderung des Anschaffungsschmerzes bei. „Und wir wissen nicht, wie der Restwert der Maschinen nach vier bis fünf Jahren ist.“

Nur ein Bruchteil der Lastwagen auf deutschen Straßen ist elektrisch unterwegs

Das macht eine Kalkulation schwierig, der Mehrpreis ist für die Unternehmen nur schwer zu erwirtschaften. Die anhaltend hohen Stromkosten stoppen den Hochlauf der E-Mobilität im Lastverkehr zudem. Von 3,85 Millionen Lastwagen waren laut Kraftfahrzeug-Bundesamt den neuesten Zahlen nach im April 138.000 Lkw mit alternativem Antrieb unterwegs. Die meisten, rund 96.000 Lkw, rein elektrisch. Auch wenn sich die Zahl der Zulassungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht hat, ist das bisher nur ein Bruchteil.

Die Gründe für den schleppenden Hochlauf sind vielschichtig, sagt auch Friedrich Baumann. Der Vorstand Verkauf und Kundenservice bei MAN Truck & Bus, das auch in Heilbronn mit einem Service-Stützpunkt vertreten ist, nennt dabei drei Gründe, die sich mit den Erkenntnissen von Spediteur Rüdinger decken: „Kunden sind noch nicht bereit, mehr für den CO2-freien Transport zu bezahlen“, sagt er.

Mit E-Lkw sind inzwischen auch voll beladen 500 Kilometer Reichweite drin

Hinzu kommt, dass die entsprechende Ladeinfrastruktur nicht nur vorhanden, sondern verfügbar sein muss. Nicht zuletzt bremst die „German Reichweiten-Angst“ den Hochlauf aus. Dabei sind Reichweiten von 500 Kilometern mit schwer beladenen Lastwagen inzwischen durchaus drin. Baumann fällt spontan der Feldversuch eines Influencers ein: „Der Elektrotrucker ist in seinem mehrwöchigen Probetest an einem Tag über 500 Kilometer gefahren – und kam mit zehn Prozent Restladung im Akku ans Ziel.“

Mit seinem modularen Batteriekonzept kann der Münchner Nutzfahrzeughersteller inzwischen eine breite Palette an elektrischen Lkw anbieten. Das ist auch Rüdinger aufgefallen, der jedoch auf die Konkurrenz von Mercedes und Renault setzt. „MAN hatte etwas Ladehemmung und lange nichts in dem Bereich im Angebot“, sagt der Spediteur aus Krautheim. Dafür trieb das Unternehmen die Transformation bei Bussen voran, ist in Deutschland und Europa im Bereich batterieelektrischer Stadtbusse Marktführer.

MAN hat Anfang 2025 die ersten 200 elektrisch angetriebenen Lkw ausgeliefert

„Wir haben daraus wertvolle Erkenntnisse und Impulse ziehen können, die wir in die Entwicklung unseres elektrischen Schwerlastwagens haben einfließen lassen können“, sagt Baumann. Anfang des Jahres lieferte MAN die ersten 200 E-Laster aus, die zusammen schon mehr als drei Millionen Kilometer abgespult hätten. Das liefert dem Konzern, der die Performance kontrolliert, weitere wichtige Erkenntnisse. „Was wir sehen, ist, dass Fahrer – mit der richtigen Einführung und nach einer gewissen Eingewöhnungszeit – von der Antriebstechnik wirklich begeistert sind“, sagt Baumann.

Für den Verkaufsvorstand von MAN steht fest, dass sich die E-Mobilität am Ende durchsetzt. Aus einem einfachen Grund: „Es gibt keinen Antriebsstrang, der energieeffizienter arbeitet als das batterieelektrische Antriebssystem“, sagt Baumann. Über 70 Prozent der Leistung, die in das System gegeben werden, könnten genutzt werden. Das schaffe kein anderes System. Abgesehen davon würden sich die Anschaffungskosten mit der Zeit verringern.  

Überzeugt ist auch Roland Rüdinger von der E-Mobilität. Nachdem der Spediteur wieder in der Förderung ist, gibt er Vollgas. Bis Jahresende wird die Spedition ihre E-Flotte von neun auf 30 Fahrzeuge aufstocken. Das entspreche dann der Hälfte seiner Flotte für den Nahverkehr. „Wir haben uns dazu entschieden, vorne dabei zu sein“, sagt der Unternehmer. Er weiß: Auch für den Fernverkehr wird sich die E-Mobilität durchsetzen. Wenngleich es vorerst eine Gratwanderung in Sachen Wirtschaftlichkeit bleibt.

Um den Hochlauf bei E-Lastwagen voranzubringen, sind aus Sicht von Friedrich Baumann direkte Förderungen für den Kauf eines Fahrzeugs nicht unbedingt der beste Weg. „Besser wäre es vielmehr, Anreize zu schaffen wie eine Maut-Befreiung für Zero-Emission-Technologien“, sagt der MAN-Verkaufsvorstand. Bisher gilt eine Maut-Befreiung für E-Laster nur bis Ende des Jahres, auf EU-Ebene wird eine Verlängerung bis 2031 diskutiert. Politisch müsste sich die Branche vielmehr Gehör verschaffen, findet Baumann. „Der Transportsektor ist das Rückgrat einer jeden nationalen Ökonomie. Wir haben aber nicht die gleiche gesellschaftliche Anerkennung und den gleichen Einfluss wie beispielsweise die Automobilindustrie.“

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