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Wie sich Lidl im Onlinegeschäft schlägt

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Vor zehn Jahren hat für Lidl das Online-Zeitalter begonnen. Inzwischen gilt die Sparte als sechstgrößter Onlinehändler Deutschlands. Bis dieses Stellung erreicht wurde, kam es zu mehreren Neuausrichtungen.

Von Manfred Stockburger
Lidl sucht das Heil in der Verknüpfung von Onlinegeschäft und Filialen. In München gibt es seit wenigen Tagen eine neue Innenstadtfiliale. Montage: HSt, Fotos: Lidl, blackzheep/stock.adobe.com
Lidl sucht das Heil in der Verknüpfung von Onlinegeschäft und Filialen. In München gibt es seit wenigen Tagen eine neue Innenstadtfiliale. Montage: HSt, Fotos: Lidl, blackzheep/stock.adobe.com  Foto: lidl

Mit großem Werbedruck feiert der Lidl-Online-Shop zurzeit seinen zehnten Geburtstag. Es ist aber fast auf den Tag genau zwölf Jahre her, dass Klaus Gehrig erstmals in der Öffentlichkeit über den Einstieg der Neckarsulmer Handelsgruppe in den Online-Handel gesprochen hat - der Chef der Schwarz-Gruppe stattete der Stimme-Redaktion einen seltenen Besuch ab.

Seine Botschaft damals: Das Online-Geschäft der Schwarz-Gruppe sollte neben Lidl und Kaufland als dritte Sparte geführt werden. "Die Geschäftsbereiche haben so viel zu tun, dass sie sich gar nicht richtig um die neue Sparte kümmern könnten", argumentierte Gehrig.

Auch interessant: Klaus Gehrig spricht über die drängenden Themen für Lidl und Kaufland

Organisatorisch setzte das Unternehmen diesen Plan auch um, was die Marke anging, ging die Online-Sparte aber als Lidl an den Start. Längst sind die Onliner Teil der klassischen Lidl-Organisation geworden. Diese Episode macht deutlich, wie wenig geradlinig der Weg ins Heute war.

Mittlerweile herrscht größere Vorsicht in Sachen Lebensmittel

Und doch ist der Lidl-Shop nach Einschätzung des EHI-Instituts hinter Amazon, Otto, Zalando, Notebooksbilliger und Mediamarkt der sechstgrößte Onlinehändler Deutschlands. Das Kölner Institut schätzt den Lidl-Internetumsatz auf 594 Millionen Euro. Allerdings hatte das Unternehmen selbst sein Geschäftsvolumen mit 750 Millionen Euro beziffert, Insider hatten sogar von einer Milliarde gesprochen.

Die Auslistung aller Lebensmittel aus dem Online-Shop im Herbst 2017 hat aber Umsatz gekostet - parallel stellte das Schwesterunternehmen Kaufland seinen Online-Lieferservice in Berlin ein. Lidl musste damals die Idee wieder verwerfen, Kunden im Internet ihren Lebensmittelbedarf zusammenzustellen und dann die vollen Tüten nur noch in der Filiale abholen zu lassen. Die Eile, die Gehrig 2007 an den Tag gelegt hatte, wich spätestens 2017 einer größeren Vorsicht in Sachen Online-Lebensmittel.

Flop mit Kochboxen

Mehl und Nudeln können die Kunden bei Lidl jetzt also nicht mehr im Internet bestellen, und auch der Kochzauber ist am Freitag vorbei: Diesen Online-Lieferdienst hatte Lidl 2015 übernommen. "Entgegen den Erwartungen hat sich der Markt für Kochboxen in Deutschland nicht so dynamisch entwickelt, wie es nötig gewesen wäre, um Kochzauber eine langfristige Wachstumsperspektive zu geben", begründete Lidl den jüngsten Strategieschwenk.

Immer mehr im Fokus stehen neben Non-Food-Artikeln aus dem Bereichen Baumarkt, Küche, Hobby oder Freizeit vor allem Weine und Spirituosen - durchaus auch im höherpreisigen Segment. Für eine Flasche Champagner können die Kunden bis zu 130 Euro liegen lassen.

In den Lidl-Filialen sucht man solche Angebote vergebens, die Neckarsulmer sehen das Internet als Ergänzung zum stationären Geschäft. Die stärkere Verzahnung von Online- und stationärem Geschäft ist jetzt die Strategie - für ein Sortiment von mehr als 30.000 Artikeln reicht der Platz in den herkömmlichen Geschäften schließlich nicht aus. "Unser Ziel ist es, unsere Filialkunden auch zu Lidl-Onlinekunden zu machen", erklärt Jan Bock, der Einkaufschef von Lidl Deutschland.

Via Online neue Zielgruppen erschließen

Zugleich sollen auf diesem Weg neue Zielgruppen erschlossen werden. "Das erreichen wir über Aktionen wie die eigens kreierte Influencer-Kollektion, die ausschließlich in unserem Onlineshop erhältlich ist", sagt Bock. Außerdem setzten die Lidl-Macher im Netz verstärkt auf Lifestyle-Produkte. Sogar eine Sauna kann man sich dort bestellen.

Zum Start vor zehn Jahren wäre das kaum vorstellbar gewesen. Zunächst war der Onlineshop nämlich als Plattform für Kooperationsgeschäfte wie Lidl-Reisen, Lidl-Blumen oder Lidl-Fotos gedacht. Im Mittelpunkt des Angebots stehen diese heute nicht mehr, und nicht alle hochgelobten Ideen haben sich durchgesetzt, wie das Aus für die Kochzauber-Boxen zeigt. Allerdings hat das Unternehmen immer wieder in Randthemen investiert - vor einem guten Jahr etwa mit der Übernahme des insolventen Reiseveranstalters JD Touristik in Berlin.

Zunächst steht aber die weitere Internationalisierung auf dem Zettel: Bislang gibt es Online-Shops nur in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Spanien und Tschechien - Filialen aber in 30 Ländern.

 

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