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Verärgerte Betriebsrentner wehren sich gegen doppelte Zahlungen

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Der Verein der Direktversicherungsgeschädigten will die Doppelverbeitragung rückgängig machen. Auch in der Region ist eine Gruppe von Betroffenen aktiv und will politischen Druck aufbauen.

Foto: Zerbor/stock.adobe.com
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Friedemann Heinz ist sauer. Der angehende Betriebsrentner aus Pfaffenhofen fühlt sich von der Politik über den Tisch gezogen. Wie Millionen anderer Ruheständler muss Heinz den doppelten Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung auf seine Direktversicherung bezahlen. Davon war beim Abschluss seiner Versicherung nicht die Rede. Heinz kämpft deshalb im Verein Direktversicherungsgeschädigter (DVG) für ein Ende dieser "Schweinerei", wie er das Vorgehen des Gesetzgebers bezeichnet.

Gesetzesänderung 2004 tut weh

Bis zum Jahr 2004 waren die Kapitalauszahlungen aus Betriebsrenten oder Direktversicherungen beitragsfrei und damit für viele Arbeitnehmer eine attraktive Form der Altersvorsorge. Doch dann trat 2004 das Gesundheits-Modernisierungsgesetz in Kraft, mit dem die rot-grüne Bundesregierung die marode gesetzliche Krankenversicherung sanieren wollte. Seitdem werden auf die Auszahlungen Sozialabgaben fällig. Der Versicherungsnehmer muss also für seine angesparten Beiträge den vollen Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeitrag zahlen, also den Arbeitnehmer- wie auch den Arbeitgeberanteil. Das heißt, für bereits seit vielen Jahren bestehende Direktversicherungen gab es keinen Bestandsschutz.

Es fehlt unterm Strich viel Geld

Für die Ruheständler bedeutet das immense Verluste, wie folgendes Beispiel eines Rentners aus dem Zabergäu verdeutlicht: Hermann Klein (Name geändert) hatte Ende 1987 eine Direktversicherung abgeschlossen und bis November 2007 insgesamt 30 157 Euro eingezahlt. Beim Eintritt in den Ruhestand wurden Klein 46.862 Euro ausgezahlt. Von dieser Summe bleiben dem heute 74-Jährigen aber letztlich nur 38 199 Euro, weil Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 8663 Euro fällig werden, die er zehn Jahre lang in monatlichen Raten bezahlen muss.

Betroffener spricht von Vertrauensbruch

Für Friedemann Heinz verstößt die rückwirkende Verbeitragung der Auszahlungen eindeutig gegen das Rückwirkungsverbot. "Das ist ein Vertrauensbruch des Staates gegenüber dem Bürger", sagt er. Schließlich habe man die Verträge vor 2004 auf Basis der Beitragsfreiheit abgeschlossen. Da jedoch das Bundesverfassungsgericht die doppelte Verbeitragung abgesegnet hat, setzt der Verein der Direktversicherungsgeschädigten mehr auf politischen Druck. "Wir fordern Bestandschutz für die vor 2004 abgeschlossenen Direktversicherungen, Entschädigungslösungen für bereits gezahlte Beiträge und die Abschaffung der Doppelverbeitragung", nennt Heinz die wichtigsten Forderungen. In der Region vertritt der Verein gut 85 Mitglieder, insgesamt hat der DVG rund 3800 Mitglieder. "Betroffen von diesem Thema sind aber bundesweit mehr als sechs Millionen Menschen", betont Heinz.

Kontakt zu Firmen und regionalen Abgeordneten

Der Pfaffenhofener hat in den zurückliegenden Wochen mehr als 200 Unternehmen in der Region angeschrieben, um sie für das Thema zu sensibilisieren. Außerdem versucht Heinz, regionale Abgeordnete für seinen Kampf zu gewinnen. Er weiß, dass er dafür einen langen Atem und möglichst viele Mitstreiter braucht.

Dass Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Betriebsrentner mit einem seit Jahresbeginn geltenden neuen Gesetz entlasten möchte, findet Heinz zwar richtig, aber bei weitem nicht ausreichend. Der neu eingeführte Freibetrag von 159,25 Euro führt dazu, dass Betriebsrentner rund 25 Euro weniger Krankenkassenbeiträge im Monat bezahlen müssen. "Das ist ein erster Schritt, aber für viele Betroffene nicht mehr als ein Nasenwasser", lautet das klare Urteil von Heinz zu dieser Entlastung.

 

Kontakt zum Verein

Mehr über den Verein der Direktversicherungsgeschädigten im Internet unter dvg-ev.org. In der Region ist Friedemann Heinz aus Pfaffenhofen unter der Nummer 07046 12312 oder per Mail unter f-heinz@t-online.de zu erreichen.

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Kommentare

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am 20.04.2021 18:55 Uhr

Viele haben so wie ich vor Jahren eine Lebensversicherung über ihre Firma abgeschlossen. Die Beiträge wurden in die Direktversicherung zu 100% selbst vom Nettolohn einbezahlt. Für die kompletten Beitragsjahre habe ich etwas oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdient und so immer den maximalen Sozialversicherungsbeitrag bezahlt. Auch wurden diese Sparbeiträge versteuert. Bei der Auszahlung meiner Lebensversicherung kam das böse Erwachen. Jetzt behält die Krankenversichersicherung -verteilt über 10 Jahre- fast 20% davon als Sozialversicherungsbeiträge ein. Die komplette Rendite ist damit futsch. Personen, die in Eigenregie eine private Kapitallebensversicherung abgeschlossen haben oder einen Sparplan nach x Jahren auflösen und die Beträge abheben, brauchen keine Sozialversicherungsbeiträge auf den Auszahlungsbetrag bezahlen.

Dieses Gebaren ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Hier werden nach meinem Empfinden alte Leute vom Staat um ihr Erspartes betrogen. Dieses Gesetz und diese Ungerechtigkeit gibt es schon einige Zeit und wurde bisher nicht beseitigt. Es gibt laut Internetrecherche einen Bestand an ca. 8.5 Millionen Direktversicherungen in Deutschland. Viele Betroffene und Familienangehörige ahnen noch nichts von ihrem „Glück“. Wenn die Auszahlung und der Bescheid von der Krankenkasse kommen, sind viele geschockt. So kenne ich das von mir und einigen Bekannten. Nun verstehe ich, warum immer mehr Leute nach diesem schäbigen Gebaren mit den etablierten Parteien, die regieren, nichts mehr zu tun haben wollen und alternativ wählen oder zum Protestwähler werden. Früher hatten wir Volksvertreter an der Regierung heute sind es meiner Meinung nach eher Lobbyistenvertreter. Die Versicherungslobbyisten haben hier ganze Arbeit geleistet. Die SPD (unterstützt von den Grünen) hat das Gesetz 2004 eingeführt und auch die CDU hat über Jahre nichts getan diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Parteien, die sich an der Altersvorsoge vergreifen, kann man nicht mehr wählen, so meine ich und dabei bin ich in meinem Bekannten- und Freundeskreis nicht allein.

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Eugen Dinkel am 09.05.2020 09:35 Uhr

Alle Direktversicherten mit Verträgen von vor 2004 wurden im November 2003 von den Parteien CDU/CSU, SPD und Grüne betrogen – an dieser Tatsache gibt es nichts zu diskutieren oder schönzureden.
Solange diese Schandtat durch Entschädigung der Betroffenen nicht bereinigt wird, gilt:
Finger weg von allem, was als betriebliche Altersvorsorge angepriesen wird!
Der Staat greift auch rückwirkend in bestehende Verträge ein, wenn er Geld braucht. Dafür sind Direktversicherungen das beste Beispiel.

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