Der Zahntechnik-Hersteller Dürr Dental ist im Aufwind
Auch ein Medizintechnik-Unternehmen kann unter der Corona-Pandemie leiden. Beim Zahntechnik-Hersteller Dürr Dental AG führten die zeitweisen Schließungen von Praxen und Großhändlern weltweit zu einem massiven Umsatzeinbruch im April 2020. Nur einen Monat später ging das Unternehmen aber schon wieder aus der Kurzarbeit heraus.

"Wir haben uns bewusst dafür entschieden", erzählt Vorstandsvorsitzender Martin Dürrstein. Auch, weil die Sparte Orochemie boomte − Desinfektionsmittel waren schlagartig begehrt. "Die Nachfrage ist förmlich explodiert."
Nachdem das Unternehmen 2020 unter diesen Sondereinflüssen immerhin auf ein kleines Umsatzplus kam, folgte 2021 ein Rekordjahr: Der Umsatz erreichte 327 Millionen Euro, die Mitarbeiterzahl kletterte auf 1300, davon 480 am Stammsitz in Bietigheim-Bissingen. In Kornwestheim wurde bei Orochemie ein weiteres Schulungszentrum eröffnet, in dem es sich vor allem um Prophylaxe-Themen dreht − die Akademie am Stammsitz schult Kunden in der Handhabung der Geräte. "Es war ein Superjahr für uns", sagt der geschäftsführende Gesellschafter heute.
Auch 2022 sei gut angelaufen. Allerdings verspürt auch Dürr Dental Schwierigkeiten bei den Lieferketten. Fachkräfte werden dringend gesucht. Der Ukraine-Krieg wirkt sich aus. Zwar ist das Geschäft mit Medizintechnik nicht von Sanktionen betroffen, dennoch ruhen derzeit die Geschäfte mit Russland und der Ukraine, berichtet Dürrstein. Und auch wenn das Familienunternehmen selbst quasi keine Teile aus den beiden Ländern bezieht, so sind doch einige Zulieferer davon betroffen. Das besondere Problem beim Medizintechnik-Hersteller: Neue Teile dürfen nicht einfach so eingebaut werden. "Medizintechnik hat sehr hohe Regularien", erläutert der Vorstandschef. "Man kann keine Teile ersetzen, ohne dass sie vorher eine Zulassung bekommen haben." Und das dauert.
Künstliche Intelligenz sorgt für einen Schub
Insgesamt ist er aber zuversichtlich. Halte das Wachstum der ersten Monate an, seien dieses Jahr sogar 350 Millionen Euro Umsatz möglich, sagt Martin Dürrstein. Trendthemen seien hier Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit: Der Vorstandschef ist stolz darauf, dass seine Produkte langlebig und reparierbar sind und neue Entwicklungen den Energiebedarf deutlich senken können. Vor allem aber sorgt der Einsatz Künstlicher Intelligenz für einen Schub: Von den eigenen IT-Mitarbeitern entwickelte Software ermögliche es etwa, Röntgenbilder besser auszuwerten, dreidimensionale Darstellungen zu erhalten oder Zähne zu erkennen. Erst vergangenes Jahr startete Dürr Dental mit solchen Angeboten − und sie würden schon gut nachgefragt. Zudem könnten Medizin-Software-Startups daran andocken, die Software habe eine entsprechend offene Architektur. "Wir wollen aber auf keinem Fall dem Zahnarzt die Entscheidung abnehmen", sagt Dürrstein. "Wir wollen ihn nur möglichst gut dabei unterstützen."
Nicht nur die Geschäftsentwicklung macht den Vorstandsvorsitzenden stolz. Gespannt blickt er auf den 9. Juni: Dann vertritt er Deutschland in Monaco beim Welt-Finale um den Titel "World Entrepreneur of the year" der Wirtschaftsberatung EY. Nach seinem Sieg auf Bundesebene in der Kategorie Familienunternehmen war er im November dafür ausgewählt worden. In Monaco werden aber keine Kategorien mehr bewertet, sondern das Gesamtbild, wer also sein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich, nachhaltig, sozial und mit zusätzlichem Non-Profit-Engagement führt. Dürr Dental unterstützt zum Beispiel seit zwei Jahrzehnten die Hilfsorganisation Mercy Ships, die vor allem rund um Afrika medizinische Hilfe für Bedürftige bietet.
Daten und Fakten
Dürr Dental wurde 1941 von den Gebrüdern Dürr in Stuttgart-Feuerbach als metallverarbeitender Betrieb gegründet. 1946 begann das Unternehmen mit der Herstellung von Ersatzteilen für zahntechnische Geräte. Angesichts des anhaltenden Wachstum zog es 1954 nach Bietigheim-Bissingen um, wo heute Konzernzentrale, Akademie und Fertigung ansässig sind. Das Unternehmen gehört zu etwa 65 Prozent den Nachfahren der Gründer, der Rest einer Inhaber-Familie der Bitburger Brauerei. Heute beschäftigt Dürr Dental 1300 Mitarbeiter in den Sparten Dürr Technik, Orochemie und Optronik.