Die Welt in der Streichholzschachtel
Richard Wetzel aus Heilbronn stellt seit mehr als 20 Jahren kleine Panoramen her

Vieles ist er in seinem Leben schon gewesen: Werkzeugmechaniker, Maschinenbautechniker, Ingenieur, Gymnasiallehrer, Kunststudent. Eines ist er aber stets geblieben: ein kreativer Kopf. Einer, der so viele Ideen hat, dass es ihm eher an Zeit als an Projekten mangelt. Es hat den Anschein, als ob Richard Wetzel das sogar genießt. Schmunzelnd nimmt er auf dem Stuhl in seinem Arbeitszimmer Platz, steht aber immer wieder auf, zieht da ein Modell hervor, greift dort nach einer Vorlage. Zwar passt alles, was er in seinem Unternehmerleben bislang herstellen ließ, problemlos in einen Schuhkarton − doch gerade das macht es so faszinierend.


1990 startete dann seine eigene Firma Rics Company. Erst im Nebenberuf, bald aber in Vollzeit. Aus den ersten Theaterchen wurden rasch mehrere Serien mit mittlerweile 30 Motiven, aus den verschiedenen Formaten ein einheitliches − jenes der Streichholzschachtel. Wobei hier nicht etwa gebrauchte Schachteln beklebt werden − alles wird gedruckt, dann gestanzt und verpackt. Nur die Einschübe kauft Wetzel zu.
Kunstakademie
Wer seine Artikel erstmals sieht, kann gar nicht glauben, dass es so etwas gibt: Richtige kleine Welten entstehen da, von Märchen wie Hänsel und Gretel oder Frau Holle, von Städten wie Frankfurt, Köln oder Ulm, von Ländern oder Themenwelten wie der Arche Noah, einem Zoo oder einem Zirkus. Vier bis fünf neue Motive schafft Richard Wetzel jedes Jahr. "Und alles, was ich in meinem Leben gemacht habe, hilft mir dabei." Auch das Studium an der Kunstakademie war sehr nützlich − Schachteln und Inhalt gestaltet er ausschließlich selbst.

Gerade Stadtansichten sind aber nicht einfach, erzählt er. "Ich habe mich bei Hamburg zum Beispiel lange damit abgeplagt, wie ich die Binnenalster einfügen soll." Letztlich ist es ihm gelungen, sie hat ihren Platz zwischen Michel, Hafen, Hagenbeck und Speicherstadt gefunden. Wegen solch langer Entwurfsphasen kommen viele Wünsche erst einmal auf die lange Liste − Tokio etwa oder Barcelona oder Saarbrücken.

Ein Drittel seiner Produktion geht inzwischen in den Export, nach Großbritannien, in die Schweiz, nach Japan. Die Kunden kommen aus der Geschenke- und Souvenierbranche, aus dem Spielwarenhandel und der Museumswelt. Dabei ist Wetzel klar, dass seine Produkte nicht einfach zu verkaufen sind. "Der Kunde will ein Gespräch haben, weil er nicht glaubt, was er da sieht." Und der Geschäftsinhaber müsse offen für Neues sein, experimentierfreudig, mit Herzblut bei der Sache − "auf solche Geschäfte bin ich angewiesen". Schließlich werden von jeder Schachtel je Auflage fünfstellige Anzahlen hergestellt.
Wetzel könnte noch lange weitermachen. "Ideen habe ich ohne Ende." Aber er sucht nun nach einem Nachfolger, der das Unternehmen hinter dem kreativen Kopf weiterführen möchte. Einige Gespräche laufen schon. Schließlich sollen auch noch Tokio, Barcelona und Saarbrücken in die Schachteln gepackt werden.