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KI bei der Bäckerei Förch: Damit Brot und Brötchen nicht im Müll landen

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Die Bäckerei Förch aus Erlenbach setzt Künstliche Intelligenz ein, um die Warenverfügbarkeit zu optimieren und die Retourenmengen zu reduzieren. Das Programm erkennt in Daten Muster und erarbeitet daraus Bestellvorschläge. Die ersten Erfahrungen sind gut.

Die Erlenbacher Bäckerei Förch geht mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz neue Wege, um ihre Produktion zu optimieren und Müll zu vermeiden.
Die Erlenbacher Bäckerei Förch geht mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz neue Wege, um ihre Produktion zu optimieren und Müll zu vermeiden.  Foto: privat

Jedem Lebensmittelproduzenten blutet das Herz, wenn seine Produkte in der Mülltonne landen. So geht es auch der Bäckerei Förch aus Erlenbach. Der Besenbrot-Spezialist betreibt mit rund 120 Mitarbeitern 15 Filialen in der Region - entsprechend groß sind die Retouren, die abends wieder zurück in die Zentrale kommen. "Ein Großteil davon landet im Müll", sagt Geschäftsführerin Rita Gosch. Denn mittlerweile gibt es in der Region täglich so viele nichtverkaufte Brötchen und Brote, dass nicht einmal gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln oder die Aufbaugilde alles abnehmen können.

Die Zwischenbilanz fällt sehr positiv aus

Um den Produktions- und Warenfluss zu optimieren und die Retourenmenge zu reduzieren, setzt die Erlenbacher Bäckerei seit knapp einem Jahr auf Künstliche Intelligenz. Als Rita Gosch von einem Start-up aus Großrinderfeld bei Würzburg und deren Produkt Bäcker AI (AI steht für Artificial Intelligence, also Künstliche Intelligenz) hörte, beschloss sie mit ihren Mitgeschäftsführern, diese Technologie einzuführen. Und die Zwischenbilanz fällt uneingeschränkt positiv aus. In der kurzen Zeit seit dem Start im Frühjahr 2021 ist die Retourenquote um mehr als zwei Prozent gesunken.

Rita Gosch ist sich aber sicher, dass hier noch viel mehr möglich ist. "Wir werden das auf jeden Fall dauerhaft beibehalten", sagt sie zur Bäcker AI. Die Kosten für diese Lösung würden durch die optimierte Planung mit weniger Rückläufern auf jeden Fall eingespielt, sagt die Geschäftsführerin.

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Mehr als 100 Faktoren können berücksichtigt werden

Die Bäcker AI wird ins Warenwirtschaftssystem des jeweiligen Kunden integriert und mit allen relevanten Daten gefüttert. Wie viele Brezeln, Besenbrote oder Mohnschnecken werden an die 15 Filialen geliefert? An welchem Standort werden welche Produkte knapp, wo gibt es ein Überangebot?

Auch die Nachfrage in Bezug auf Wochentage, das aktuelle Wetter, Jahreszeiten oder besondere Anlässe wird berücksichtigt, genauso wie die Frage, ob es sich um eine Einzelfiliale oder eine Verkaufsstelle im Vorkassenbereich eines Supermarktes handelt, wo bis Ladenschluss ein komplettes Sortiment erwartet wird. "Wir berücksichtigen mehr als 100 Faktoren", sagt Franz Seubert, Geschäftsführer des Start-ups Planer AI, das das Programm entwickelt hat.

Datenbasierte Planung statt Bauchgefühl

Die Bäcker AI versucht anhand der Daten, bestimmte Muster zu erkennen, um optimierte Vorschläge machen zu können. "Je länger der Zeitraum, desto besser werden die Bestellvorschläge", weiß Rita Gosch. Sie schätzt, dass "rund 80 Prozent unserer Produkte nun optimal rausgegeben werden".

Früher sei der Planungs- und Verteilprozess eher unstrukturiert verlaufen, da man sich viel auf Erfahrungswerte und sein Bauchgefühl verlassen habe. Nun übernimmt die KI die Planung, indem sie die Daten aus dem Warenwirtschaftssystem auswertet und daraus Zukunftsprognosen ableitet. "Das ist eine große Arbeitserleichterung für die Mitarbeiter in der Backstube und im Versand", berichtet die Geschäftsführerin. Und die Mitarbeiterinnen in den Filialen müssten sich im Idealfall nicht mehr mit Nachbestellungen beschäftigen.

Die größte Schwachstelle waren die Retourenmengen

Entsprechend groß ist die Akzeptanz der neuen Technologie in der Belegschaft. Rita Gosch ist durchaus bewusst, dass nicht jeder Handwerker so aufgeschlossen gegenüber Künstlicher Intelligenz ist - zumal sich der Einsatz der Bäcker AI erst beim Betrieb mehrerer Filialen lohnt. "Wir waren uns in der Familie schnell einig, dass wir das machen", berichtet Rita Gosch. "Unsere größte Schwachstelle war die Retouren-Menge." Gemeinsam mit den drei Gründern von Planer AI arbeitet das Familienunternehmen daran, die Nachhaltigkeit in der Bäckerei weiter zu steigern. "Wir sind dauernd im Austausch und optimieren die KI ständig", sagt die Geschäftsführerin.

Bis zu 30 Prozent Retoureneinsparung versprechen Gründer Franz Seubert und sein Team. Auf der anderen Seite optimiert die KI den Warenfluss so, dass in keiner Filiale zu früh die Lieblingsbrötchen ausgehen. Dazu braucht das System aber noch etwas Zeit - und muss weiterhin mit vielen Daten gefüttert werden.

Start-up sieht großes Potenzial in KI

Gemeinsam mit Jan Meller und Fabian Taigel hat der Wirtschaftsinformatiker Franz Seubert die Bäcker AI über sechs Jahre entwickelt. Mehr als ein Dutzend Kunden hat das Start-up aus Großrinderfeld nach eigenen Angaben bereits in knapp einem Jahr gewonnen. "Bis zum Jahresende wollen wir das verdoppeln", sagt Seubert. Das Versprechen lautet: "Maximale Warenverfügbarkeit bei minimalen Retouren." Die KI-Anwendung berücksichtigt mehr als 100 Einflussfaktoren, wobei der Anwender jederzeit die Möglichkeit hat, in den Bestellprozess einzugreifen.

Wie die KI arbeitet, wenn sie mit den richtigen Daten gefüttert ist, erläutert Seubert an einem Beispiel: "Wenn es an diesem Samstag 30 Grad warm wird und Bayern gegen Dortmund spielt, dann wird die Menge an Baguettes deutlich erhöht, weil jeder grillt." Der Gründer von Planer AI rechnet damit, dass die Nachfrage nach KI stark steigen wird, "allein schon wegen des hohen Kostendrucks, den Retouren verursachen". Seubert will die Bäcker AI weiterentwickeln und für alle Anbieter von frischen und schnell verderblichen Lebensmitteln attraktiv machen.

 
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