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Aus Mahle wird Madison

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US-Finanzinvestor kauft Hohenloher Industriefiltergeschäft des Stuttgarter Automobilzulieferers.

Von unserem Redakteur Manfred Stockburger
Bisher betreibt Mahle in Öhringen zwei Sparten: Kfz-Filter und Industrie.
Bisher betreibt Mahle in Öhringen zwei Sparten: Kfz-Filter und Industrie.  Foto: Hohl

Seit Montagnachmittag wissen die 410 Mitarbeiter der Mahle-Industriefiltersparte in Öhringen, dass sie künftig für die Filtrations-Sparte des amerikanischen Industrie-Konglomerats Madison Industries mit Hauptsitz in Chicago arbeiten werden. Die weiteren knapp 370 Beschäftigten am Standort, die für den Automotive-Geschäftsbereich von Mahle arbeiten, sind von der Transaktion nicht betroffen.

Bei einer Belegschaftsversammlung hat die Geschäftsführung des Stuttgarter Automobilzulieferers diese Nachricht gestern überbracht - und damit einen vorläufigen Schlusspunkt gesetzt hinter die monatelange Unsicherheit: Im vergangenen Herbst hatte Mahle die strategische Entscheidung angekündigt, sich aus dem Industriegeschäft verabschieden zu wollen. Seither herrschte große Unruhe im Unternehmen. Die Kartellbehörden müssen dem Verkauf des Geschäftsbereichs mit weltweit 900 Beschäftigten aber noch zustimmen. Der Vollzug des Geschäfts wird erst im vierten Quartal erwartet.

"Wir freuen uns, dass wir mit der Filtration Group einen Käufer gefunden haben, der unser Industriefiltrationsgeschäft aufgrund seiner Expertise und Größe gut weiterentwickeln kann", sagt Mahle-Konzernchef Wolf-Henning Scheider. Der Geschäftsbereich sei zu klein, um innerhalb des Mahle-Konzerns eine Perspektive zu haben, hatte er im Herbst die Verkaufspläne begründet. Industriefilter kommen den Angaben zufolge in vielen Branchen vom Maschinenbau bis zur Lebensmittelproduktion zum Einsatz.

Kritik bleibt

Die Botschaft des bisherigen Eigentümers für die Öhringer Belegschaft war: Es ändert sich nichts. Allein, die Mitarbeiter tun sich schwer, das zu glauben. "Wir sind immer noch der vollen Überzeugung, dass es ein Fehler war, die Sparte zu verkaufen", sagt etwa die Öhringer Mahle-Betriebsratsvorsitzende Sonja Hanselmann. "Der Industriebereich ist unabhängig vom Verbrennungmotor und unabhängig von der Automobilbranche", argumentiert sie. Und: "Sie haben uns mitgeteilt, dass die Firma tarifgebunden ist. Aber es ist eine amerikanische Firma. Die Belegschaft ist schon recht verunsichert."

So sieht ein Industriefilter aus, wie er von den rund 410 Mahle-Mitarbeiter in Öhringen gefertigt wird. Fotos: Mahle, Archiv/Hohl
So sieht ein Industriefilter aus, wie er von den rund 410 Mahle-Mitarbeiter in Öhringen gefertigt wird. Fotos: Mahle, Archiv/Hohl  Foto: Mahle

Die Beschäftigungssicherung, die Mahle mit seiner Belegschaft bis 2019 abgeschlossen hat, gelte zwar weiter. "Aber was kommt dann?", fragt Hanselmann. Zwei der drei Bieter, die es bis in die letzte und geschafft hatten, seien deutsche Unternehmen gewesen - das wäre der Arbeitnehmervertreterin deutlich lieber gewesen. Immerhin: Die Kantine soll auch weiterhin gemeinsam genutzt werden, wie ein Madison-Sprecher erklärte, und auch in der Ausbildung wollen Mahle und die Filtration Group künftig zusammenarbeiten.

Kompetenz

Die Filtration Group beliefert ihre Kunden von 80 Standorten in 20 Ländern aus. "Das Industriefiltrationsgeschäft von Mahle wird das Produktportfolio und den Kundenstamm der Filtration Group hervorragend ergänzen", betonte Filtration-Vorstandschef Steve Felice. "Wir freuen uns sehr über die Fachkompetenz der Mitarbeiter, die ein wirklich bemerkenswertes Geschäft aufgebaut haben."

Madison Industries und die Filtration Group seien dezentral organisiert, erklärt ein Madison-Sprecher. Zukäufe seien Teil der Strategie, alleine im Filtergeschäft gibt es ein gutes Dutzend Tochterunternehmen in aller Welt, darunter das Unternehmen Filtran mit einer Niederlassung bei Köln. "Es gibt keine erzwungene Integration." Auch die Produktion sei dezentral organisiert, eine Zusammenarbeit soll es vor allem im Vertrieb und in der Technologie geben. Firmieren wird das Öhringer Werk künftig voraussichtlich als Filtration Group, die Marke Mahle haben die Stuttgarter nicht miterworben.

"Die Hängepartie ging ja schon eine ganze Weile", kommentiert Alfons Kuhnhäuser von der Schwäbisch Haller IG Metall die Lage. "Die Stimmung ist schon im Keller. Aber jetzt wissen die Leute wenigstens, wer der Käufer ist."

 
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