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Personalkarussell bei Audi: Die Stimmung wird zunehmend frostig

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Audi scheint nicht zur Ruhe zu kommen. Nach Designchef Marc Lichte steht nun Technik-Vorstand Oliver Hoffmann im Zentrum. Den Job des 46-Jährigen will CEO Gernot Döllner selbst machen.

Das erste Foto zeigt einen getarnten Audi Q6 E-Tron bei Erprobungsfahrten auf Schnee und Eis.
Das erste Foto zeigt einen getarnten Audi Q6 E-Tron bei Erprobungsfahrten auf Schnee und Eis.  Foto: Audi

Ab und zu sieht man draußen, auf der anderen Seite des Zaunes, ein paar Rentiere durch die Wälder huschen. Irgendwo im Nirgendwo Finnlands sind unweit des Polarkreises auf einem geheimen und hermetisch abgeriegelten Testgelände Dutzende Modelle von Audi aufgereiht. Allesamt tragen sie eine schwarz-weiße Tarnfolie, falls von außen doch jemand fotografiert. Hier steht die Zukunft von Audi.

Mehr als 20 neue Fahrzeuge, die 2024 bis 2026 auf den Markt kommen werden, werden von Ingenieuren, Software- und Reifenspezialisten auf Herz und Nieren getestet. Die Temperatur liegt deutlich unter Null, als am vergangenen Donnerstag der gesamte Vorstand einfliegt, um sich selbst ein Bild von den Autos zu machen.

Also nehmen sie Platz hinter den letzten Verbrennermodellen wie dem A5 und A7, die ab diesem Jahr in Neckarsulm gebaut werden, und dem nächsten Q5. Die nächsten E-Autos Q6 E-Tron und A6 E-Tron stehen zur Testfahrt bereit, dazu sportliche S- und RS-Modelle der Audi Sport GmbH aus Neckarsulm.


Bei Audi wird die Stimmung zunehmend frostig: Unterkühltes Verhältnis im Vorstand

Gernot Döllner.
Gernot Döllner.  Foto: Audi

Die Stimmung ist zwischendurch immer mal frostig. Das liegt aber nicht nur am Wetter. Noch eine Woche bis zur Aufsichtsratssitzung. Es wird viel geredet. Als die Vorstände eintreffen, wird in der Heimat über die Abberufung von Designchef Marc Lichte diskutiert. Vor allem die Techniker sind in Finnland angespannt. Der neue Audi-Chef Gernot Döllner hat seit seinem Amtsantritt schon viel bemängelt.

Entsprechend unterkühlt ist das Verhältnis zwischen dem CEO und seinem Technik-Vorstand Oliver Hoffmann. „Da hat die Chemie von Anfang an nicht gepasst“, sagt ein Ingenieur, der bei solchen Testfahrten regelmäßig dabei ist. Aber auch sonst berichten viele, die nah dran sind, von einem generell unterkühlten Verhältnis zwischen Döllner und einigen anderen Mitgliedern des Vorstands. 


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Wie Marc Lichte das Design von Audi zehn Jahre lang geprägt hat


Das Personalkarussell bei Audi dreht sich 

Der Neue an der Spitze von Audi wirbelt mächtig Staub auf. Etliche Top-Posten hat er bereits neu besetzt. Zuletzt hat es Designchef Marc Lichte erwischt, der am 1. Juni durch Massimo Frascella ersetzt wird. Seit Dienstag ist nun mehr oder minder öffentlich, dass die Tage von Oliver Hoffmann als Technik-Vorstand nach fast genau drei Jahren gezählt sind.

Der 46-Jährige soll dem Vernehmen nach künftig den Einstieg von Audi in die Formel 1 verantworten. Allerdings fehlen noch die entsprechenden Beschlüsse der Kontrollgremien von Audi und der Konzernmutter VW. „Da hat wieder jemand aus Wolfsburg durchgestochen an die Medien“, ärgert sich einer aus der Kommunikationsabteilung bei Audi. 

Personalfragen bei Audi: Schleudersitz Technik-Vorstand

Oliver Hoffmann.
Oliver Hoffmann.  Foto: Audi

Am Ende erwischt es den an der Spitze. Das weiß auch Oliver Hoffmann. Technik-Vorstand bei Audi, das war in den vergangenen Jahren stets ein Schleudersitz. Selbst intern hat so mancher aufgehört zu zählen, wie viele Manager in den vergangenen zehn Jahren gekommen und gegangen sind. Hoffmann hingegen war nach langer Zeit der erste, der länger im Sattel sitzt. Andere wie etwa Wolfgang Dürheimer oder Stefan Knirsch sind kein Jahr auf dem heißen Stuhl gesessen.

Ingenieur Hoffmann hingegen sitzt drei Jahre an der Spitze von gut 10.000 Entwicklern auf der ganzen Welt. Der großgewachsene Familienvater aus Hannover genießt im gesamten Konzern Ansehen. Erst im vergangenen Jahr hat ihm der Aufsichtsrat das Vertrauen ausgesprochen und seinen Vertrag um fünf Jahre verlängert. Gewiss, die neuen Modelle, allen voran das Elektro-SUV Q6 E-Tron haben sich massiv verzögert. Schuld daran ist aber in erster Linie die Software-Tochter Cariad des Konzerns. Ändert nichts. Am Ende erwischt es den an der Spitze.

„Döllner vertraut nur sich selbst“ – Personalentwicklung bei Audi umstritten

Wer sich in der Technischen Entwicklung umhört, dem entgegnet oft ein Kopfschütteln angesichts der jüngsten Personalien. „Erst Marc, jetzt Olli, so kehrt hier nie Ruhe ein“, sagt einer, der seit mehr als 25 Jahren bei Audi arbeitet. Erst einmal, so ist aus Unternehmenskreisen zu hören, übernimmt der Chef selbst. Der Audi-CEO Döllner wird wohl die Technische Entwicklung in Personalunion übernehmen. Für wie lange, ist offen.

Einen geeigneten Kandidaten scheint der 55-Jährige bislang nicht gefunden zu haben. „Döllner vertraut erst einmal nur sich selbst“, erzählt ein Techniker, der ihn lange bei Porsche erlebt hat. Dort war Döllner unter anderem Baureihenleiter für den Panamera. Ein Unternehmer im Unternehmen sozusagen. Wenn am Donnerstag der Aufsichtsrat von Audi tagt, wird es viel zu besprechen geben. Die Schlagzeilen der letzten Tage werfen sicher auch beim Kontrollgremium einige Fragen auf.

Apropos Fragen. Nachbesprechung der Testfahrten in Finnland. Vor Ort haben sich Vorstände und Techniker versammelt, aus Deutschland sind etliche Audianer aus verschiedensten Bereichen zugeschaltet. Gernot Döllner legt los. Es gibt Lob, aber auch viel Tadel. Am anderen Ende ist es still. Einigen am Bildschirm friert kurz das Gesicht ein. Aber nicht, weil die Internetverbindung schlecht ist.

 

 

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