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Alles halb so wild?

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Sparkassen erläutern umstrittene Kreditstudie

Foto: Archiv/dpa
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Analyse von unserem Redakteur Jürgen Paul

Die Studie zu faulen Krediten deutscher Sparkassen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) und des Recherchezentrums Correctiv sorgt für Aufregung im öffentlich-rechtlichen Bankenlager. Der Baden-Württembergische Sparkassenverband kritisiert die Art und Weise, wie die Rangliste ermittelt wurde und stellt ihre Aussagekraft in Frage. Dabei ist die wichtigste Erkenntnis der Studie für das Sparkassenlager positiv.

Correctiv und "FAZ" haben für alle 409 Sparkassen in Deutschland den durchschnittlichen Anteil an notleidenden Krediten im Jahr 2014 ermittelt. Als notleidend wird ein Kredit demnach dann eingestuft, wenn sich "der Schuldner mehr als 90 aufeinanderfolgende Tage nicht an Absprachen hält, indem er zum Beispiel eine Rate länger nicht überweist". Ergebnis: Mit einer durchschnittlichen Quote an notleidenden Krediten von 1,62 Prozent stehen die Sparkassen deutlich besser da als der Branchendurchschnitt mit einer Quote von 2,34 Prozent.

Allerdings schneiden die baden-württembergischen Sparkassen mit einer Quote von 2,34 Prozent erheblich schlechter ab als die Sparkassen im Rest der Republik. Die Sparkasse Hohenlohekreis landet mit einer Quote von 4,87 Prozent auf Platz elf, die Kreissparkasse Heilbronn weist dagegen mit einer Quote von 0,77 Prozent einen sehr guten Wert auf.

Höheres Risiko

Gehen die Sparkassen im Südwesten ein höheres Risiko bei der Kreditvergabe ein? Diesen Schluss hält man beim Sparkassenverband Baden-Württemberg für falsch. Der Verband kritisiert, dass für die Rangliste nur ein Kriterium herangezogen wurde, nämlich die Problemkredit-Quote (NPL-Quote, von Non-performing Loans). "Von dieser Quote kann man nicht automatisch auf die Risikotragfähigkeit eines Instituts schließen", sagt Verbandssprecher Stephan Schorn. In dieser Kennzahl seien ja gerade jene Kredite aufgeführt, für die bereits Rückstellungen in Form von Wertberichtigungen gebildet worden seien. Schorn: "So wird das Risiko ausreichend abgeschirmt."

Eine hohe Quote könne darauf hindeuten, dass ein Institut sich stark auf das Kundengeschäft konzentriert, was die Hauptaufgabe der Sparkassen sei. Für den Bankenexperten Hans-Peter Burghof von der Uni Hohenheim kann eine hohe NPL-Quote gerade Ausdruck für die Stärke eines Instituts sein. "Wer viel abschreibt, muss den Aufsichtsgremien nicht zu viel Gewinn auf die Nase binden", sagte er der "FAZ".

Umgekehrt könne eine Bank eine niedrige NPL-Quote aufweisen, weil sie aufgrund ihrer Kapitalschwäche nur die zwingend vorgeschriebenen Wertberichtigungen bildet und Kredite bei drohendem Ausfall einfach abschreibt, ohne dass diese in der Quote auftauchen.

Das Netzwerk Correctiv weist selbst darauf hin, dass ein hoher Anteil fauler Kredite nicht immer problematisch sei, sofern das Verhältnis von Risiko und Ertrag stimme. Und nur weil ein Kredit als notleidend eingestuft wird, heiße dies noch lange nicht, dass er nicht zurückgezahlt werde, betonen die Datensammler.

Der Sparkassenverband Baden-Württemberg wie auch die Kreissparkasse Heilbronn und die Sparkasse Hohenlohekreis plädieren daher dafür, die Ergebnisse der Kreditanalyse nicht überzubewerten.

Hohenlohe

96 Millionen Euro sind im Offenlegungsbericht der Sparkasse Hohenlohekreis für 2014 als notleidende Kredite ausgewiesen. Davon entfallen 84 Millionen auf Firmenkredite und davon 59 Millionen auf "Finanz- und Versicherungsdienstleistungen" − was im gewerbedominierten Hohenlohe verwunderlich ist. Das stellvertretende Vorstandsmitglied Werner Siller erklärt, was dahinter steckt: "Die Sparkasse Hohenlohekreis nimmt zur Risikominderung an Kreditpooling-Aktionen der LBBW teil. Bei diesen für die Sparkasse risikomindernden Geschäften werden vorsorglich in sehr geringem Umfang, etwa zu einem Prozent, Rückstellungen für drohende Ausfälle gebildet."

59 Millionen Euro habe die Sparkasse Hohenlohekreis 2014 in diesen Kreditpool der Landesbank gespeist, an dem auch andere Sparkassen beteiligt seien. Knackpunkt sei die Darstellung dieser 59 Millionen Euro als "notleidende Forderungen". Tatsächlich stünden dahinter nur notleidende Kredite von 600?000 Euro: also jenes eine Prozent, das als Risikovorsorge für drohende Ausfälle zurückgestellt wurde. Neue Vorschriften hätten zu dieser Änderung in der Darstellung geführt. rei

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