Stimme+
Weltmarktführer aus Waiblingen
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Warum der Sägenhersteller Stihl auf einen Neubau in Ludwigsburg verzichtet

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Der Motorsägen-Weltmarktführer Stihl stoppt Pläne für ein Werk in Ludwigsburg und prüft einen neuen Standort. Das hat mehrere Gründe.

Stihl wollte eigentlich nach Ludwigsburg. Jetzt ist das Projekt gestoppt − zu teuer, zu viele ungünstige Standortfaktoren.
Foto: dpa
Stihl wollte eigentlich nach Ludwigsburg. Jetzt ist das Projekt gestoppt − zu teuer, zu viele ungünstige Standortfaktoren. Foto: dpa  Foto: Bernd Weißbrod

Für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg sind das schlechte Nachrichten: Der schwäbische Motorsägen-Weltmarktführer Stihl hat seine Pläne, ein innovatives neues Produktionswerk zur Fertigung von Führungsschienen in Ludwigsburg zu bauen, endgültig beerdigt.

Schon im Oktober hatte das Unternehmen bekanntgegeben, dass das Projekt, für das mit der Stadt Ludwigsburg eine Konzeptstudie erstellt worden war, eine "unerwartet hohe Investitionssumme" erfordern würde. Mitte Dezember hatte dann Nikolas Stihl, Aufsichtsratschef und Enkel des Firmengründers, in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" deutlich gemacht, dass die Pläne in Ludwigsburg auf Eis gelegt seien, und die Gründe dafür benannt.

"Es geht um hohe zweistellige Millionenbeträge. Dabei spielen erhebliche Energiekosten und extrem gestiegene Baukosten eine Rolle, aber auch die Unsicherheit, die sich aus den Entwicklungen in der IG Metall ergeben", so der Unternehmer. Konkret nannte er die von der IG Metall für die Stahlindustrie geforderte 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.

Stihl: Deutschland ist der teuerste Standort der Unternehmensgruppe

Die Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg fürchtet, dass diese Gewerkschaftsforderung zumindest mittelfristig auch auf ihre Branche übertragen wird. "Wenn wir hier über eine 32-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich reden, können wir in Deutschland aber nicht mehr groß investieren", sagte Stihl in dem Interview.

Die Unternehmen beklagen seit langem die im europäischen Vergleich hohen Lohn- und Lohnnebenkosten sowie die hohe Steuern- und Abgabenlast. Dazu kommen Bürokratie, zunehmender Fach- und Arbeitskräftemangel und deutlich gestiegene Bau- und Energiekosten. Deutschland, so Nikolas Stihl, sei der teuerste Standort der Unternehmensgruppe, viel teuer als Österreich oder die USA. Im Februar kam nun für Ludwigsburg das endgültige Aus: "Es wurde entschieden, die Planungen zu redimensionieren und mögliche Alternativen zu prüfen. Als Benchmark soll unter anderem die Schweiz als alternativer Standort geprüft werden", teilt das Waiblinger Unternehmen mit.

Ziel: eine wirtschaftliche vertretbare Investitionssumme

In der Schweiz produziert Stihl derzeit bereits in zwei Werken Sägeketten für den Weltmarkt. "Sollte die Entscheidung für diesen Standort getroffen werden, könnte zukünftig die gesamte Schneidgarnitur für unsere Motorsägen in der Schweiz hergestellt werden", heißt es auf Anfrage. Ziel sei insgesamt eine realistische Planung mit einer wirtschaftlich vertretbaren Investitionssumme und einem effizienten Fertigungsbetrieb, damit die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gestärkt werde.

Ein Brache von 35.000 Quadratmetern

"Ja und nein", sagt der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht auf die Frage, ob die Entscheidung von Stihl für die Stadt überraschend kam. "Einerseits hat sich das aufgrund der von Stihl gegenüber der Stadt kommunizierten Kostensteigerungen angedeutet." Am Ende sei es dann aber doch etwas überraschend gewesen, dass das Projekt ganz auf Eis gelegt wurde, so Knecht. Für den vorgesehenen Stadtteil hätte das Projekt mit weit über hundert Arbeitsplätzen und einer hochmodernen Produktion Leuchtturmcharakter gehabt. Jetzt aber klafft im Gewerbegebiet eine Brache von 35 000 Quadratmetern. "Das Areal bleibt im Besitz von Stihl und wird zunächst stillgelegt", teilt das Unternehmen mit.

Südwestmetall hält sich mit einem Kommentar zurück

Man äußere sich zwar generell nicht zu Angelegenheiten von Mitgliedsbetrieben, teilt ein Sprecher des Unternehmerverbands Südwestmetall auf die Frage mit, was die Stihl-Entscheidung über den Standort aussagt. "Aber wir beobachten mit großer Sorge, dass sich auch in Baden-Württemberg die Standortbedingungen in vielen Punkten so verschlechtert haben, dass es Unternehmen Investitionen in Zukunftstechnologien und Beschäftigung deutlich erschwert."

Ob die Faktoren am Ende für die Schweiz sprechen, steht noch nicht fest. "Es ist bisher keinerlei Entscheidung gefallen, ob Stihl in der Schweiz investieren wird. Die Schweiz ist ein möglicher alternativer Standort, der zu gegebener Zeit ebenfalls als eine Option geprüft wird", teilt das Waiblinger Unternehmen mit, "aber es besteht derzeit kein Entscheidungsdruck."

Nach oben  Nach oben