Welche Faktoren bei der Ermittlung des Unternehmenswertes eine Rolle spielen, das veranschaulichten die beiden Expertinnen Tanja Barthau und Sabrina-Desirée Moreau von der Kreissparkasse Heilbronn. Neben internen Faktoren wie Finanzkennzahlen, Prozessen, Management und Kundenstamm seien auch externe Faktoren wie die Marktlage und das Wettbewerbsumfeld zu berücksichtigen. „Auch weiche Faktoren werden immer wichtiger“, sagt Barthau mit Blick auf Mitarbeiterzufriedenheit, Unternehmenskultur und Reputation. Die Expertinnen verdeutlichten, dass die Nachfolgeregelung ein Prozess sei. „Bringen Sie bitte Geduld und Ausdauer mit.“ Mit Blick auf die vielen Tücken sollten Unternehmer aber in jedem Fall Experten zurate ziehen.
Nachfolgeregelung im Mittelstand: Abschied mit Tücken
Steuerfallen, Familienkonflikte und fehlende Planung: Experten zeigen bei den Erbrechtstagen der Kreissparkasse Heilbronn, welche Probleme die Nachfolge im Mittelstand für Unternehmer mit sich bringt – und warum es Hilfe von Experten bedarf.

Hans Weber gibt es nicht. Und doch ist der alleinige Gesellschafter der Weber GmbH ist an diesem Abend omnipräsent. Weber steht stellvertretend für viele mittelständische Unternehmer, die vor der Herausforderung stehen, den Ausstieg aus dem operativen Geschäft zu planen und das Unternehmen, ihr Lebenswerk, in neue Hände zu geben.
Ausgedacht haben sich Hans Weber die Heilbronner Wirtschaftsanwälte Steffen Burr und Marcel Winkler, die bei den Erbrechtstagen der Kreissparkasse Heilbronn unter der Pyramide den Zuhörern das Thema Nachfolgeplanung im Mittelstand näher bringen – und dabei immer wieder Stolpersteine aufzeigen. Denn ganz so leicht, das wird den 150 Zuhörern an diesem Abend bewusst, ist die Übergabe nicht.
Gründung einer Holding kann die Steuerlast auf ein Minimum senken
Selbst bei einer familieninternen Nachfolgeregelung kann es schnell schwierig und unangenehm, aber auch teuer werden. Im Fall von Hans Weber bedeutet das: Er schenkt seine fiktive GmbH im Wert von 15 Millionen Euro an eines seiner drei Kinder. Der Beschenkte müsste vier Millionen Schenkungssteuer zahlen. Aber wie bezahlt Sohn Martin Weber die Summe, fragt Burr. „Er hat das Geld ja nicht. Aus dem Unternehmen herausnehmen geht auch nicht: Es ist nur ein rechnerischer Wert.“
Noch, sagt Burr mit Blick auf den politischen Diskurs in Berlin, ist der Gesetzgeber großzügig bei der Besteuerung von Betriebsvermögen. „Unter gewissen Voraussetzungen kann eine Schenkung komplett steuerfrei sein.“ Wie das funktioniert und wie zumindest ein Großteil der Schenkungssteuer gespart werden kann, verdeutlichte Marcel Winkler. Sein Rezept: die Gründung einer Holding, ein Mutterunternehmen, das die Anteile der Weber GmbH hält.
Im Verkaufsprozess geht es viel darum, Menschen zusammenzubringen
Vorteil bei der Nachfolgeregelung: Nicht Hans Weber selbst ist der Verkäufer, sondern die Holding. Der Kaufpreis fließt an die Holding. „Veräußerungen dieser Art sind zu 95 Prozent steuerfrei.“ Die Steuerlast läge so statt bei vier Millionen Euro bei nur noch 226.000 Euro. Problem bei der Holding-Variante: Für den vollen Steuervorteil müssen die Anteile mindestens sieben Jahre der Holding gehören. „Planen Sie einen solchen Schritt rechtzeitig, am besten acht, neun Jahre vorher“, riet Winkler. Und mithilfe von Experten.
„Wir müssen in dem Prozess in erster Linie Menschen zusammenbringen, das ist die eigentliche Kunst.“
Marcel Burr
Auch der Verkauf an einen externen Käufer sei langwierig – überall lauern Fallstricke. Wenngleich er bei Verkäufen nur maximal zu einem Drittel juristisch berate, sagte Burr. „Wir müssen in diesem Prozess in erster Linie Menschen zusammenbringen, das ist die eigentliche Kunst.“ Lösungen suchen bei unterschiedlichen Vorstellungen, sei eine seiner Aufgaben. Das Suchen nach Kaufinteressenten sei noch die leichteste Übung.
Vorstellungen liegen auch bei familieninternen Regelungen oft weit auseinander
Nach ersten Gesprächen unterschreiben beide Seiten eine Absichtserklärung, vereinbaren wesentliche Eckdaten. Danach folgt wie beim Autoverkauf eine Probefahrt, eine Überprüfung, Due Diligence genannt. Ein sehr stressiger Prozess, der Käufer durchleuchtet das Unternehmen, fordert alle möglichen Unterlagen an. „Ich habe schon erlebt, dass bei einem Kaufpreis von 20 Millionen auf Käuferseite 40 Berater saßen“, sagt Burr. Am Ende kenne der Käufer das Unternehmen besser als beispielsweise Hans Weber, der das Unternehmen gegründet und geführt hat. Erst nach diesem Prozess starten die Vertragsverhandlungen, die mit Unterschrift und Überweisung enden.

Wie schwer auch eine familieninterne Übergabe werden kann, erlebt Christina Bauer von der Handwerkskammer bei ihrer täglichen Arbeit. Wie weit die Vorstellungen auseinandergehen, verdeutlichte sie an einem Beispiel eines Schreinerbetriebs. Der Seniorchef war glücklich, dass der Sohn jetzt seinen Meister hatte, endlich da war und den Laden übernehmen würde. „Der hatte Bilder von Mallorca, Strand und Finca im Kopf.“ Im Gespräch sei dann aber herausgekommen, dass der Sohn lieber noch woanders arbeiten möchte und nicht sicher sei, ob er den Betrieb wirklich übernehmen will.
Gerade in den Details der Übergabe lauern viele Fallstricke
Ein anderer habe seinen Sohn erstmal wie einen Azubi drei Jahre lang durch alle Abteilungen des Unternehmens schicken wollen, ehe er sukzessive übernehmen sollte. „Der Sohn war aber schon Mitte 30, hatte vorher in einem großen Unternehmen gearbeitet und Millionenprojekte verantwortet“, sagte Bauer. Miteinander reden und auch zuhören seien oftmals schwierig, stellte die Beraterin fest. Auch wenn man sich im Großen und Ganzen einig über die Nachfolge sei, steckt das Problem oft im Detail.

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