IG Metall sinkt unter 30.000 Mitglieder
Die Wirtschaftsflaute trifft die Metallbranche im Raum Heilbronn. Stellenabbau und Krisengespräche laufen in mehreren Betrieben.

Die IG Metall bekommt die Krise in weiten Teilen der Metallbranche zu spüren. Erstmals seit Anfang 2012 ist die Zahl der Mitglieder in der Geschäftsstelle Heilbronn-Neckarsulm unter die Marke von 30.000 gerutscht, berichtete der Zweite Bevollmächtigte Oliver Kuhnle bei der Delegiertenversammlung in der Neckarsulmer Ballei. Sie lag Ende Oktober bei 29.923, 176 weniger als vor einem Jahr.
Zwar legte die Zahl der Aktiven, also der Mitglieder, die in einem Betrieb angestellt sind, im Zuge der jüngsten Tarifbewegung nochmals leicht auf 24.370 zu, 233 mehr als vor einem Jahr. Aber durch Todesfälle, Branchenwechsel oder Austritte gab es 1868 Abgänge, 110 mehr als vor einem Jahr, und nur 1147 Zugänge, ein Minus gegenüber Oktober 2023 von 357. Im Laufe der Warnstreiks sei die Zahl der neuen Mitglieder aber wieder auf knapp 1500 gestiegen, ergänzte Kuhnle.
Doch mehr Ausbildungsverträge als zuletzt befürchtet
Immerhin sieht es bei den Auszubildenden und dualen Studenten besser aus als noch zum Halbjahr erwartet, berichtete Jugendsekretär Niklas Annner: Statt etwa 600, wie vor drei Monaten noch befürchtet wurde, seien mittlerweile 660 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen worden. Etwa 45 Prozent dieser jungen Leute seien Gewerkschaftsmitglied geworden und die Mitgliederwerbung laufe weiter.
Dabei ist die Lage in den Betrieben vielerorts nicht mehr rosig. Der Erste Bevollmächtigte Jonas Berhe erwähnte die Insolvenzen von Illig und Iwis Mechatronics. Bei einem Unternehmen im südlichen Landkreis sollen 100 Stellen vor allem bei An- und Ungelernten wegfallen - allerdings sei dazu während der Verhandlungen Stillschweigen vereinbart worden.
Krisengespräche liefen außerdem beim Autozulieferer Thyssenkrupp und beim Steckerhersteller Amphenol Tuchel in Heilbronn, berichtete er. Vielerorts seien Leiharbeiter abgemeldet worden, freiwerdende Stellen würden nicht mehr nachbesetzt. Die Gewerkschaft gründe daher einen Arbeitskreis "Betriebe im Umbruch und Konflikt", der sich in zwei Wochen erstmals treffen werde.
Offiziell loben alle den Tarifabschluss
Entsprechend positiv wurde daher der am Vorabend erzielte Tarifabschluss beurteilt. Obwohl mache Delegierte unter der Hand ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck brachten, blieb es in den Wortmeldungen bei Zustimmung. "Uns ist es gelungen, mit dem Abschluss die Kaufkraft anzukurbeln", meinte Berhe. "Das ist nicht wenig." Für die Bezirksleitung Baden-Württemberg sagte Yvonne Miller: "Wir haben in diesen schweirigen Zeiten einen akzeptablen Erfolg erzielt. Das Ergebnis lässt sich sehen."
Dem schlossen sich Audi-Vertrauenskörper-Leiter Ari Zartmann und der ehemalige Neckarsulmer Audi-Betriebsratsvorsitzende Rolf Klotz an. "Unter der gegebenen Großwetterlage im Land haben wir zur richtigen Zeit noch den Sack zubekommen mit einem guten Ergebnis", meinte er. "Die IG Metall hat gezeigt, dass sie kampffreudig ist, aber auch, dass sie kompromissfähig ist."