Erbrechtstage in Heilbronn: Von den Schwierigkeiten des Vererbens in der digitalen Welt
Bei den Erbrechtstagen der Kreissparkasse Heilbronn machen Experten deutlich, dass man sich frühzeitig mit diesem Thema befassen sollte. US-Techkonzerne gewähren Erben kaum Zugang zu Konten.
Mit dem Thema Erben und Vererben tun sich viele Menschen schwer. Schließlich beschäftigt man sich nur ungern mit dem eigenen Tod oder dem eines Familienmitglieds. Dass man sich trotzdem möglichst früh mit diesem unangenehmen Thema befassen sollte, wird immer wieder bei den Erbrechtstagen der Kreissparkasse Heilbronn deutlich, die gerade zum sechsten Mal stattfinden. Am Dienstagabend führten zwei ausgewiesene Experten die 340 Besucher unter der Pyramide in den Komplex ein – und widmeten sich insbesondere Fragen des Vererbens in der digitalen Welt.
Die Erbfolge ist in Deutschland klar geregelt
Die gute Nachricht vorneweg: Es gibt in Deutschland keine speziellen Regelungen zum digitalen Nachlass, wie Notarin Pia Uhrenbacher berichtet. „Es greifen die üblichen erbrechtlichen Regelungen“, sagt sie. Die gesetzliche Erbfolge ist hierzulande klar geregelt. Erst kommt der Ehegatte, dann die Verwandten der ersten (Kinder, Enkel), zweiten (Eltern, Geschwister) und dritten (Großeltern, Tanten, Onkel) Ordnung.

Wer mit dieser Erbfolge nicht einverstanden ist, muss aktiv werden und seinen letzten Willen etwa in Form eines Testaments oder eines Erbvertrags dokumentieren. „Beim Testament reicht ein privatschriftliches eigenhändiges Dokument“, sagt Uhrenbacher. Sie empfiehlt aber grundsätzlich eine notarielle Beurkundung, um Missverständnisse und Streitpunkte zu umgehen. Auch ein Erbvertrag muss von einem Notar beurkundet werden.
Beliebt ist auch das sogenannte „Berliner Testament“. Dabei setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein. Ihre Kinder werden dann später Erben des Längerlebenden. Mit diesem Schritt soll der länger lebende Ehepartner finanziell abgesichert werden. Ein Berliner Testament muss nicht notariell beurkundet werden. Es reicht, wenn einer der Partner das Testament handschriftlich erstellt, unterschreibt und vom anderen Partner unterschreiben lässt.
Experten empfehlen eine General- und Vorsorgevollmacht
Außerdem empfiehlt Pia Uhrenbacher eine General- und Vorsorgevollmacht, um vermögensrechtliche und persönliche Angelegenheiten rechtzeitig zu regeln. Hier geht es etwa um Immobilien, Geld oder gesundheitliche Entscheidungen wie die Frage nach lebensverlängernden Maßnahmen. Eine solche General- und Vorsorgevollmacht sollte man Uhrenbacher zufolge aber nur Menschen erteilen, denen man blind vertraut.
Doch wie sieht es mit dem Erben und Vererben in der digitalen Welt aus? Was passiert mit den E-Mail-Accounts, den Social-Media-Accounts, den Konten des Verstorbenen? Wem gehören die Daten? Hier wird es kompliziert, wie Notar Kilian Kleine aus Heilbronn anhand zahlreicher Beispiele deutlich macht. Denn auch wenn es in Deutschland dazu keine speziellen Regeln gibt, heißt es noch lange nicht, dass die Erben automatisch an die Daten des Verstorbenen kommen. Denn bekanntlich kommen die großen Techkonzerne wie Meta, Apple oder Microsoft aus den USA – und scheren sich wenig um das deutsche Erbrecht.
Die US-Techkonzerne verweisen auf Privatsphäre und Datenschutz
In den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) weisen diese Konzerne daher häufig auf die Privatsphäre der Nutzer und auf den Datenschutz hin. Pia Uhrenbacher nennt als Beispiel den untreuen Ehepartner, der per Mail oder über Soziale Medien mit seinem oder seiner Geliebten kommuniziert hat. „Der würde sicher nicht wollen, dass der Partner das nach seinem Tod erfährt“, sagt sie.
Dennoch kritisieren die beiden Notare das Gebaren von Facebook, Yahoo, Instagram & Co. Der Mail-Anbieter Yahoo etwa schreibt in seinen AGB, dass Yahoo-Accounts „nicht übertragbar sind und alle Rechte daran mit dem Tod des Account-Inhabers enden“. Ein Unding für Kilian Kleine, weil es gegen das deutsche Erbrecht verstößt. Auch behält sich Yahoo das Recht vor, einen Account zu löschen, wenn er zwölf Monate nicht benutzt wurde.
Facebook ermöglicht lediglich die Verwaltung des Kontos im „Gedenkzustand“
Die Facebook- und Instagram-Mutter Meta ermöglicht es Kontoinhabern zumindest, eine Person zu benennen, die das Konto nach dessen Tod verwaltet und es in den „Gedenkzustand“ versetzt. Allerdings gewährt der Konzern auch diesem Verwalter nur eingeschränkte Informationen aus dem Konto des Verstorbenen, ohne dies näher zu präzisieren. Meta betont, man dürfe „keine Anmeldedaten für das Koto einer anderen Person herausgeben – nicht einmal unter diesen Umständen“. Melde sich jemand beim Konto einer anderen Person an, sei dies „immer ein Verstoß gegen die Meta-Richtlinie“, teilt der Konzern mit. Insgesamt sei es bei ausländischen Anbietern „sehr zäh und mühsam, an Daten und Passwörter zu kommen“, fasst Kleine zusammen. Daran ändere das eindeutige deutsche Erbrecht wenig.
In Deutschland kommt man leichter an Daten und Konten
Großzügiger zeigt sich der deutsche E-Mail-Anbieter GMX. „Um Zugang zum Postfach des Verstorebenen zu erlangen, muss der Erbberechtigte uns den Erbschein vorlegen“, heißt es bei GMX. Und weiter: „Der Erbberechtigte muss nach der einmaligen Gewährung des Zugangs zum Postfach ein neues Passwort setzen und kann den Account dann weiterführen oder löschen.“
Ähnlich ist es beim Online-Banking in Deutschland. Bei der Kreissparkasse Heilbronn etwa ist der Alleinerbe Kontoinhaber und darf das Online-Banking nutzen. Auch kann er unter Umständen eine Herstellung des Online-Zugangs zu den Konten des Erblassers verlangen. In der Regel verlangen Banken und Sparkassen dafür einen Erbnachweis.

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