Stimme+
Detektivarbeit
Lesezeichen setzen Merken

EBM-Papst macht Jagd auf Produktfälscher – Hohenloher Unternehmen ermittelt in China

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

In einer Werkstatt in China werden Ventilatoren gefälscht und als EBM-Papst-Produkte verkauft. Das Hohenloher Unternehmen geht dagegen vor – und schildert Szenen wie aus einem Wirtschaftskrimi. 


Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Die Jagd nach Mister Li könnte auch ein James-Bond-Streifen sein. Der britische Geheimagent im Auftrag ihrer Majestät war einst hinter Dr. No her, 1962 wurde der Film mit ähnlichem Titel uraufgeführt. Auch bei Mister Li, der wirklich so heißt, handelt es sich zweifelsohne um einen Bösewicht. Anders als bei James Bond üblich geht es aber nicht um die Weltherrschaft. Und auch einen Agenten mit Doppel-Null-Status gibt es in diesem Plot nicht.

Wirtschaftskrimi um gefälschte EBM-Papst-Ventilatoren

Doch der Stoff taugt immerhin für einen Wirtschaftskrimi. Die Fäden dafür laufen in einem hellen Büro auf dem Werksgelände von EBM-Papst in Mulfingen zusammen. Genauer: bei Ralf Duckeck, der beim weltweit führenden Hersteller von Ventilatoren und Motoren alle Fragen zum geistigen Eigentum verantwortet.

Im Juli erreichte den Vice-President Intellectuell Property – so der offizielle Titel – wieder ein Hinweis: Ein langjähriger Kunde monierte die im Vergleich zu früheren Käufen mindere Qualität der gerade gekauften Ventilatoren.

Schwer zu unterscheiden: Ralf Duckeck (Foto links), Verantwortlicher für Patente und geistiges Eigentum bei EMB-Papst, mit einem gefälschten (links) und einem Original-Ventilator. Bei der Razzia in Foshan stellten die Ermittler im September hunderte alter Lüfter samt gefälschter EBM-Papst-Etiketten sicher (Foto rechts).
Schwer zu unterscheiden: Ralf Duckeck (Foto links), Verantwortlicher für Patente und geistiges Eigentum bei EMB-Papst, mit einem gefälschten (links) und einem Original-Ventilator. Bei der Razzia in Foshan stellten die Ermittler im September hunderte alter Lüfter samt gefälschter EBM-Papst-Etiketten sicher (Foto rechts).

Uralte Ventilatoren werden aufpoliert und als EBM-Papst-Produkte verkauft

Ralf Duckeck und sein Team ahnten schon, dass mit der Herkunft der Ware etwas nicht stimmte und nahmen die Fährte auf. Wie schon bei einem ähnlichen Fall Anfang 2023. Damals brachte ein Anruf alles ins Rollen, schnell war klar, dass die an einen Kunden gelieferten Produkte aus einer Fälscherwerkstatt kamen.

Dort wurden aussortierte, mitunter uralte Ventilatoren mit wenig Aufwand etwas aufpoliert und mit gefälschten EBM-Papst-Etiketten als neu über bekannte Portale wie Ebay, Amazon und Alibaba verkauft. "Ich nehme das sehr persönlich", sagt der oberste Wächter des geistigen Eigentums von EBM-Papst.

Die Masche ist immer dieselbe: Uralte Ventilatoren werden mit wenig Aufwand aufpoliert und mit flachen Etiketten versehen als neu über Portale wie Ebay oder Alibaba verkauft.
Die Masche ist immer dieselbe: Uralte Ventilatoren werden mit wenig Aufwand aufpoliert und mit flachen Etiketten versehen als neu über Portale wie Ebay oder Alibaba verkauft.  Foto: EBM-Papst

Abgesehen vom finanziellen Schaden, den die Hohenloher mit mehreren Hunderttausend Euro jährlich beziffern, stellten Produktfälschungen eine erhebliche Bedrohung für die Integrität des Unternehmens und seiner Marke dar. Entsprechend wenig Spaß versteht man bei EBM-Papst.

"Die Quelle bei Fälschungen liegt fast immer in China."Ralf Duckeck

"Wir setzen uns intensiv dafür ein, Fälschungen zu bekämpfen und unsere Kunden zu schützen", sagt Ralf Duckeck, der sich zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn Anfang der Achtziger Jahre beim Bundeskriminalamt beworben hatte. "Das war damals mein Traumberuf", sagt er. Immerhin: Als Patentingenieur hat er in seinem Berufsleben immer wieder mit Fälschungen zu tun gehabt.

Suche nach Produktfälschern: Oft führte die Spur der Ermittler ins Leere

Und die Detektivarbeit macht ihm auch heute noch großen Spaß. So verfolgte Duckeck die Spur der gefälschten Lüfter im vergangenen Jahr einmal um die ganze Welt. Über die USA und Kanada ging es irgendwann nach China. Von einer Briefkastenfirma zur nächsten. Oft führte die Spur ins Leere, zu alten oder auch gefälschten Adressen. Es war eine schwierige Mission. "Wir haben uns über einen Partner dann selber die gefälschten Lüfter bestellt." Doch auch die Versandadresse gab nicht wirklich etwas her.

Über eine Detektei in Hongkong – für die mit Lisa Peng auch eine Ermittlerin arbeitet, die so in einen Bond-Film passen würde –, ließen die Hohenloher die gefälschte Ware zurückschicken und die Sendung vom Paketshop bis zu einer Werkstatt in Foshan verfolgen. Im Müll fanden die Ermittler schließlich gefälschte Etiketten und kaputte Lüfter. Mithilfe der örtlichen Behörden, an die Lisa Peng in solchen Fällen immer herantritt, ließ EBM-Papst die Fälscherwerkstatt dann auffliegen. Vom Hintermann aber fehlte jede Spur. "Wir haben Herrn Li nicht erwischt", sagt Ralf Duckeck.

Ermittlungen führen wieder nach China – EBM-Papst lässt Werkstatt beobachten

Im Fall der im Juli 2024 monierten Lüfter führte die Spur wieder nach China, was an sich keine Überraschung war. "Die Quelle bei Fälschungen liegt fast immer in China", sagt Ralf Duckeck. Und auch diesmal ging es nach Foshan, die Quelle war schnell ausgemacht. EBM-Papst ließ die Werkstatt beobachten, stieß dabei auf ein bekanntes Auto: Mister Li war wieder da. Und diesmal warteten die Behörden mit ihrer Razzia, bis auch der Drahtzieher in der Werkstatt war – und schlugen zu.

Die Jagd auf Mister Li war beendet, mit ihm gingen auch seine Frau sowie zwei weitere Fälscher ins Netz, die Ermittler schalteten einen ganzen Fälscherring aus. In der Werkstatt stellten die Behörden 300 Ventilatoren sowie rund 500 gefälschte EBM-Papst-Etiketten sicher, zudem wurden Produkte und Etiketten anderer Hersteller vor Ort gefunden. "Herr Li wollte dann eine Kronzeugenregelung und verraten, wo die Lüfter herkommen", berichtet Ralf Duckeck. Doch da spielten die Hohenloher nicht mit. "Wir wollten ein Zeichen setzen." 

Vor 20 Jahren hätte EBM-Papst keine Chance gehabt

Zumal es sich bei Mister Li um einen Wiederholungstäter handelte. Ihm droht neben einer Geldstrafe nun auch der Gang ins Gefängnis. Zudem kann er aufgrund des in China eingeführten Social Scorings, einem Punktesystem für soziales Verhalten und politischer Loyalität, künftig keinen Laden mehr eröffnen. "Vor 20 Jahren hätten wir in China keine Chance gehabt, so einen Fall zu verfolgen", sagt Ralf Duckeck. Inzwischen aber habe ein Umdenken stattgefunden, die chinesische Doktrin laute: "Wir brauchen nicht mehr fälschen, wir können das selber." 

EMB-Papst und die Suche nach FälschungenÜber einen Dienstleister durchforstet EBM-Papst die in Onlineshops gelisteten Produkte nach Fälschungen – lässt sie gegebenenfalls mit Verweis auf die Markenrechte entfernen. Bei der Analyse hilft eine mit Daten der Hohenloher trainierte Software, die anhand der abgebildeten Etiketten erkennt, ob es sich um Fälschungen handelt. "Wir lassen jedes Jahr etwa 60.000 Angebote entfernen", sagt Duckeck. Er empfiehlt Kunden, nicht über dubiose Quellen zu kaufen, zumal sie von EBM-Papst in solchen Fällen keinen Ersatz erhalten.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben