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Fraunhofer Zukunftsforum in Heilbronn
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EBM-Papst-Chef fordert von deutschen Unternehmern mehr Mut zu Veränderung  

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Alte Zöpfe abschneiden, neue Wege beschreiten: In seiner Rede beim Fraunhofer Zukunftsforum in Heilbronn richtet EBM-Papst-Chef Klaus Geißdörfer einen dringenden Appell an deutsche Unternehmer und zeigt anhand seines Unternehmens, was Veränderung bewirken kann.  

Klaus Geißdörfer vor dem Wegweiser von EBM-Papst: Der Geschäftsführer erklärte die Transformation des Herstellers von Ventilatoren und Motoren.
Klaus Geißdörfer vor dem Wegweiser von EBM-Papst: Der Geschäftsführer erklärte die Transformation des Herstellers von Ventilatoren und Motoren.  Foto: Ludmilla Parsyak

Am Ende seiner Dinner-Rede wird Klaus Geißdörfer ernst und deutlich. Beim Fraunhofer Zukunftsforum, wo der Geschäftsführer von EBM-Papst den Transformationsprozess des weltweit führenden Herstellers von Ventilatoren und Motoren aus Hohenlohe eben noch eloquent und humorvoll erklärt hat, redet er den Teilnehmern in der Aula des Heilbronner Bildungscampus nun ins Gewissen und richtet einen dringenden Appell an die Runde. „Fangen Sie an. Haben Sie Mut zu Veränderung.“

Die Zeit laufe den deutschen Unternehmen davon, macht Geißdörfer deutlich. Ihm bereite Sorgen, wie langsam manche Unternehmen in Deutschland unterwegs seien, wenn es darum geht, ihr Geschäftsmodell zu hinterfragen oder zu verändern. „Wenn Sie das nicht tun, sind Sie vielleicht ganz schnell weg“, sagt Geißdörfer. Hintergrund sei, dass das bisherige deutsche Geschäftsmodell schlichtweg nicht mehr funktioniere.

Am Anfang könne der Transformationsprozess schmerzhaft sein

Deutschland und seine Unternehmen waren es in der Vergangenheit gewohnt, von den USA geschützt zu werden. Sie waren es gewohnt, dass günstige Energie aus Russland kam. Gewohnt, dass Asien die verlängerte Werkbank war. Diese Faktoren des Geschäftsmodells seien weg. „Wir haben jetzt die Chance, das die nächsten 12 bis 24 Monate zu ändern. Jeder muss sich in seinem Unternehmen überlegen: Muss ich mein Geschäftsmodell überholen?“, sagt Geißdörfer. Dafür brauche es Mut, gerade am Anfang könne der Prozess schmerzhaft sein.

Der Hersteller von Ventilatoren und Motoren aus Mulfingen ist auf diesem Weg schon zwei, drei Schritte weiter, wie Geißdörfer aufzeigt. Als er vor knapp vier Jahren an die Spitze des Familienunternehmens gewechselt sei, habe er festgestellt, das EBM-Papst nicht den optimalen Fokus hat, auf zu vielen Hochzeiten tanzte und dabei  in einigen Bereichen nicht wirklich gut war. „Ich hatte keine Wahl, als mit der Transformation anzufangen.“

EBM-Papst trennt sich von einem Fünftel seines bisherigen Geschäfts

Das Zielbild für 2030 wurde der Hohenloher Wald: ein Platz für Freiräume, an dem echte Innovation entstehen soll. Unter dem Motto „Gemeinsam Zukunft machen“ marschierte das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern los, beschloss, sich von einem Fünftel seines Geschäfts zu trennen, darunter der Bereich Automobil. Für Geißdörfer, der auch die drei Gesellschafterfamilien von dem Schritt überzeugte, eine logische Entscheidung. 

Erst diese Woche hat EBM-Papst die Antriebstechnik final an Siemens übergeben, weil der Technologiekonzern diesen Bereich viel besser entwickeln und auch stärker wachsen könne. Aus einer Partnerschaftsdiskussion sei am Ende eine Übernahme geworden: „Es ist für alle Beteiligten – für Siemens, EBM-Papst und die Mitarbeiter – eine Win-win-win-Situation“, sagt Geißdörfer. Alle seien happy, alle Mitarbeiter seien übernommen wurden.  

„Wir haben neue Produkte geschaffen, in dem wir uns entschieden haben, Leute aus anderen Bereichen freizusetzen.“

Klaus Geißdörfer

Alte Zöpfe abzuschneiden, sei in dem Prozess wichtig. „Wenn Sie alles mit durch eine Transformation schleppen, versperrt Ihnen das nur den Blick und kostet Energie und Zeit.“ Plötzlich ergeben sich neue Optionen. Mitarbeiter, die vorher Automobil gemacht hätten, machen nun Produkte für Datenzentren. Ein Markt, in dem EBM-Papst für sich große Chancen sieht. „Wir haben neue Produkte geschaffen, in dem wir uns entschieden haben, Leute aus anderen Bereichen freizusetzen.“ Das tue am Anfang zwar weh, sei aber der richtige Schritt, so Geißdörfer.

Das Thema Qualifizierung rückt in der neuen Arbeitswelt stärker in den Fokus

Die Transformation von Unternehmen freilich war nur ein Aspekt des zweitägigen Zukunftsforums, das bewusst das doppeldeutige Motto „Arbeit einfach machen“ trug. „Zum einen geht es um einfach im Sinne von leicht und effizient, unbürokratisch“, sagt Katharina Hölzle, die das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO leitet. „Zum anderen um das Machen, also mutig anpacken, nicht lange überlegen.“ 

Im Fokus standen Arbeit und Organisation. Ohne Arbeit geht es nicht, machte Hölzle klar. Angesichts der Veränderungen im Land „werden wir aber anders arbeiten müssen“. Neben diesem Veränderungsprozess spielte in den zwei Tagen in Heilbronn auch das Thema Qualifizierung eine große Rolle. Das habe zwar schon vorher eine Rolle gespielt, „in Zeiten der digitalen Veränderung rückt es aber noch stärker in den Fokus“ sagte Hölzle.

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