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Verkauf von Beyerdynamic – Produzent aus China übernimmt Heilbronner Audiospezialist

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Audiospezialist Beyerdynamic geht an chinesischen Auftragsfertiger Cosonic. Geschäftsführer verspricht, dass sich für die 375 Mitarbeiter nichts ändern werde. Betriebsrat und IG Metall sehen den Verkauf dennoch mit Sorge und verlangen ein Bekenntnis zum Standort Heilbronn.


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Das Heilbronner Traditionsunternehmen Beyerdynamic bekommt einen neuen Besitzer. Die Gesellschafter des Spezialisten für Kopfhörer, Mikrofone und Konferenztechnik haben alle Anteile an den chinesischen Auftragsfertiger Cosonic verkauft. Die 360 Mitarbeiter am Stammsitz in der Heilbronner Theresienstraße sowie am Service- und Logistikstandort Talheim wurden am vergangenen Freitag über den Verkauf informiert.

Nach Angaben des Betriebsrats und der IG Metall herrsche angesichts des überraschenden Verkaufs des Unternehmens Verunsicherung in der Belegschaft. Für diesen Donnerstag wurde daher eine Informationsveranstaltung im Heilbronner Gewerkschaftshaus anberaumt.

Audiospezialist aus Heilbronn verkauft: Beyerdynamic geht an Cosonic aus China

Die Geschäftsführung von Beyerdynamic bestätigt gegenüber der Heilbronner Stimme den Verkauf des 1924 gegründeten Unternehmens. „Die Gesellschafter haben erkannt, dass die zukünftigen Investitionen mit der aktuellen Struktur nicht finanzierbar sind und haben sich deshalb dazu entschieden, das Unternehmen an einen Interessenten zu verkaufen, der die 100-jährige Geschichte von Beyerdynamic nicht nur weiterführen, sondern auch voranbringen wird, um in den internationalen Märkten weiterhin bestehen zu können“, teilt Geschäftsführer Andreas Rapp auf Anfrage mit. Der Kaufvertrag wurde am 5. Juni unterzeichnet, die Übernahme muss noch behördlich genehmigt werden.

Traditionsunternehmen Beyerdynamic seit 1948 in Heilbronn

Beyerdynamic wurde 1924 vom Elektroingenieur Eugen Beyer in Berlin gegründet. Aufgrund der Zerstörung von Fabrik und Maschinen im Zweiten Weltkrieg siedelte das Unternehmen 1948 nach Heilbronn um. Dort produzierte die Firma zunächst in einem ehemaligen Offizierskasino in der Bismarckstraße. 1959, nach dem plötzlichen Tod von Gründer Eugen Beyer, übernahm sein Sohn Fred Beyer die Leitung. 1960 wurde ein Neubau in der Theresienstraße bezogen, wo sich heute Entwicklung, Konstruktion und Fertigung, Vertrieb und die kaufmännische Leitung befinden. Die Mikrofone von Beyerdynamic wurden von zahlreichen Künstlern wie etwa den Beatles verwendet, auch die Kopfhörer und Konferenzsysteme erfreuen sich seit Jahrzehnten großer Beliebtheit bei professionellen Kunden und Endverbrauchern.

Rund 122 Millionen Euro für Heilbronner Firma Beyerdynamic

Die börsennotierte Cosonic Intelligent hat den Kaufpreis für Beyerdynamic mit 122 Millionen Euro angegeben. Rapp betont aber, dass es noch einige Variablen gebe, die den Kaufpreis reduzieren könnten. Ein beachtlicher Teil der Summe werde für die Ablösung der Darlehen verwendet, da die Gesellschafter in den zurückliegenden Jahren die Entnahmen eingeschränkt hätten, um die Liquidität des Unternehmens zu gewährleisten.

Beyerdynamic-Geschäftsführer Andreas Rapp erwartet durch den Verkauf an die Chinesen keine Änderungen für die 375 Mitarbeiter.
Beyerdynamic-Geschäftsführer Andreas Rapp erwartet durch den Verkauf an die Chinesen keine Änderungen für die 375 Mitarbeiter.  Foto: beyerdynamic

Nach Angaben des Branchenportals Porta-Fi erwirtschaftete Beyerdynamic im Jahr 2024 einen Umsatz von 84,45 Millionen Euro und einen Nettogewinn von 8,54 Millionen Euro. Im Jahr 2023 lag der Umsatz noch bei 71,37 Millionen Euro, unterm Strich stand ein Jahresverlust in Höhe von 4,85 Millionen Euro. Cosonic zahlt einen Kaufpreis für Beyerdynamic, der das 14-fache des Nettogewinns von 2024 beträgt.

Laut Porta-Fi wird dieser Preis von einigen Brancheninsidern als zu hoch empfunden. Für Beyerdynamic-Geschäftsführer Rapp zeigt der recht hohe Kaufpreis, dass es sich nicht um einen Notverkauf handele. Nach der Restrukturierung im Jahr 2023, in deren Rahmen auch rund 60 Arbeitsplätze in Heilbronn abgebaut worden waren, sei Beyerdynamic 2024 wieder auf die Erfolgsspur zurückgekehrt, betont Rapp.

Keine Änderung trotz Verkauf? Für Mitarbeiter von Beyerdynamic soll sich nichts ändern

Der Geschäftsführer versichert, dass sich bei Beyerdynamic unter dem neuen Eigentümer aus China nichts ändern werde. Für die insgesamt 375 Mitarbeiter – neben Heilbronn und Talheim hat das Unternehmen noch Standorte in Farmingdale (USA) und in Shanghai/Shenzhen (China) – werde sich nichts ändern. „Alle Verträge und Vereinbarungen haben weiterhin ihre Gültigkeit“, sagt Rapp. Dies gelte auch für die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland.

Cosonic sei sehr an dem Standort und der Produktion in Heilbronn interessiert, teilt der Geschäftsführer mit. Dies sei das Alleinstellungsmerkmal von Beyerdynamic - „Hand made in Heilbronn/Deutschland“, so Rapp, der wie auch Geschäftsführer Sebastian Strohm in dieser Funktion im Unternehmen bleibt. „Beyerdynamic wird auch in Zukunft als selbstständiges Unternehmen agieren“, verspricht Rapp.

Sorge wegen Verkauf von Beyerdynamic an chinesische Konkurrenz – Betriebsrat fordert Standortbekenntnis

Die Mitarbeiter in Heilbronn wurden am vergangenen Freitag über den Verkauf des Traditionsunternehmens informiert. Zudem werde es in den nächsten Wochen regelmäßig Veranstaltungen geben, um alle auf dem Laufenden zu halten, sagt Rapp. Betriebsrat und IG Metall sehen das Vorhaben dennoch kritisch. „Der Verkauf kam sehr überraschend für uns“, sagt Betriebsrats-Vorsitzender Johann Albach der Heilbronner Stimme.

Es habe auch in den regelmäßigen Gesprächen mit der Geschäftsführung keinerlei Anzeichen für den Verkauf gegeben. Zudem sei das Gremium erst kurz vor der Mitarbeiterveranstaltung am Freitag über diesen Schritt informiert worden. „Das ist schon sehr ungewöhnlich“, sagt Albach. Die Belegschaft sei sehr beunruhigt, wie es nun weitergeht. „Wir erwarten von der Geschäftsführung, dass sie den Betriebsrat stärker mit einbezieht und wir erwarten ein Standortbekenntnis“, betont Albach. 

Nach dem Stellenabbau und der anschließenden wirtschaftlichen Erholung von Beyerdynamic hofften die Beschäftigten vor allem auf Ruhe“, sagt Niklas Anner von der IG Metall Heilbronn-Neckarsulm. Der Verkauf komme für die Beschäftigten und den Betriebsrat aus dem Nichts. „Wir fordern klare Perspektiven für die Standorte Heilbronn und Talheim sowie ein Bekenntnis zu „Made in Heilbronn“ von Cosonic!“, betont Anner.

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