Als echte Mitmachstation entpuppt sich die Forschungsfläche inmitten der Audi-Produktion in den Böllinger Höfen. Dort, wo Audi zusammen mit Fraunhofer die Technologien erforscht, die bei der Zusammenstellung der vielen Teile für ein Fahrzeug künftig helfen sollen, testen die Besucher Kameras, Sensoren und lassen sich auch eine Augmented-Reality-Brille aufsetzen. „Das war schon ungewohnt“, sagt Kurt Jäger. Aber die Möglichkeiten, die durch neue Technik und Künstliche Intelligenz entstehen, beeindrucken ihn sehr, sagt er.
Lesersommer bei Audi in Heilbronn: Wo die Hochzeit nur ein paar Minuten dauert
Zehn Leser der Heilbronner Stimme erhalten einen exklusiven Einblick in die Produktion des Audi E-Tron GT. In den Böllinger Höfen erfahren sie, welche Kundenwünsche der Hersteller berücksichtigt – und dass eine Hochzeit zügig vonstatten gehen muss.
Exakt 16 Minuten und 42 Sekunden. Dann ist die Hochzeit in den Böllinger Höfen wieder vorbei. Fortan ist verbunden, was für die Ewigkeit zusammengehört. Oder zumindest für die Lebensdauer des Audi E-Tron GT, der auch an diesem Morgen vom Band läuft. Schrauben sind der Kitt dieser besonderen Verbindung, rund 80 Stück schrauben die Bandmitarbeiter an dieser und der nächsten Station ins Auto, erfahren zehn Leser der Heilbronner Stimme bei einer exklusiven Führung im Rahmen des Lesersommers.
Die dürfen auch selber ran: Tour-Guide Erwin Göbbel, der sonst als Kundenberater tätig ist, ermuntert die Runde, die automatisierte Schraubvorrichtung zu steuern und die Verbindung zwischen Antrieb und Karosserie mit einer der ersten Schrauben zu besiegeln. Richard Harst nimmt das Angebot an, steuert die Vorrichtung unter Anleitung eines Mitarbeiters geschickt zum Zielort, zieht die Schraube fest. Der Heilbronner hat früher bei einem Automobil-Zulieferer gearbeitet, hat schon mehrere Führungen in der Autoproduktion erlebt.
Sonderausstattungen sind bei Audi Sport seit jeher ein wichtiger Eckpfeiler
Die an diesem Morgen in den Böllinger Höfen aber ist anders und auch für ihn besonders: „Der Unterschied zur Großserie ist schon sichtbar. Der Begriff Manufaktur trifft es sehr gut“, sagt Harst. Das Werk im Industriegebiet in Heilbronn ist für Audi das Reallabor, hier werden Kleinserien gefertigt, erfahren die Stimme-Leser. Und eben der in vergleichsweise kleinen Stückzahlen ausgelieferte voll elektrische Edel-Renner GT. Im Jahr 1986 als Quattro GmbH gestartet, hat sich Audi Sport die Veredelung von Serienfahrzeugen verschrieben.
Und erfüllt seitdem Kundenwünsche. „Eingebaute Kühlschränke waren fast noch harmlos“, berichtet der heutige Manufakturleiter Sven Veit zu Beginn. „Wir haben auch Autos mit Faxgeräten ausgeliefert.“ Faxgeräte braucht es inzwischen nicht mehr, Sonderausstattungen seien aber ein wichtiger Eckpfeiler. „Farbige Gurte und Ledersitze – wir machen alles möglich“, sagt Veit. Das wird den Besuchern an den vielen Stationen im Werk bewusst.
Blick in die Vormontage: Sonnenblende ist nicht gleich Sonnenblende
„Ich dachte bisher immer, Sonnenblende ist Sonnenblende“, sagt Kurt Jäger angesichts der vielen verschiedenen Varianten. Auch bei Bremssätteln können GT-Fahrer aus unterschiedlichen Farben wählen. In der Vormontage, die Erwin Göbbel als Küche bezeichnet, werden die ganzen Teile für die jeweiligen Wagen zusammengestellt und den Monteuren für das passende Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Was bei dem hohen Individualisierungsgrad des GT dann schon beeindruckt.

Dabei geht der Hersteller auch auf die unterschiedlichen Märkte ein. Während die Autos in Europa individuell nach Kundenwunsch gebaut werden, ist das in Amerika anders: „Dort wartet der Kunde nicht gerne auf sein Auto. Der geht ins Autohaus und möchte den Wagen noch am selben Tag mitnehmen“, erklärt der Tour-Guide, der die Leser auch zu unterhalten weiß. „Hier haben die Mechaniker offenbar einen Fehler gemacht“, scherzt Göbbel, als ein GT mit dem Lenker auf der rechten Seite einläuft.
Jeder E-Tron GT auf der Welt wurde in den Böllinger Höfen gefertigt
Tatsächlich ist das Fahrzeug für den australischen Markt gefertigt. „Immer, wenn Ihnen irgendwo auf der Welt ein E-tron GT begegnet, dann wissen Sie: Der wurde hier in den Böllinger Höfen gefertigt.“ Vom Bau der Karosserie, die voll automatisch an der Besucher-Gruppe in die Halle gefahren kommt, über acht Bandabschnitte bis hin zum Prüfstand am Ende. „Hier wird der Wagen durchgecheckt, gereinigt und dann heißt es: auf Wiedersehen.“ Wie es ist, im edlen Sportwagen zu sitzen, testen die Leser zum Schluss selber. „Wo finde ich denn jetzt den Schlüssel?“, fragt Barbara Kübler. Der liegt tatsächlich im Auto. Den Impuls, einfach loszufahren, unterdrückt sie aber.