Audi und Vorständin Wortmann gehen künftig getrennte Wege
Audi bekommt einen neuen Vertriebsvorstand. Das hat der Aufsichtsrat des Unternehmens am Freitag (30. August) beschlossen. Wer die Nachfolge von Hildegard Wortmann zum 1. September antritt, ist ebenfalls schon klar.

Gerüchte um ihre Person hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Wirtschaftsmagazine spekulierten in der Vergangenheit in regelmäßigen Abständen über eine Ablösung von Hildegard Wortmann, seit sie am 1. Juli 2019 ihren Job als Vorständin für Marketing und Vertrieb angetreten hat. Nun aber wird es Realität. Das Unternehmen und die Managerin haben sich auf eine einvernehmliche Trennung geeinigt. Die 57-Jährige verlässt den VW-Konzern auf eigenen Wunsch. "Hildegard Wortmann hat in volatilen Zeiten und unter schwierigen Rahmenbedingungen den Vertrieb und die Marke Audi erfolgreich geführt", sagt Audi-Chef Gernot Döllner. "Im Namen des gesamten Vorstands danke ich ihr aufrichtig für diese herausragende Leistung.
Nach Aufsichtsratssitzung: Audi trennt sich von Hildegard Wortmann
In ihrer Zeit bei Audi hat Wortmann mit Bram Schot, Markus Duesmann und Gernot Döllner drei Vorstandschef und insgesamt 14 Vorstände erlebt. Aber die schlagfertige Managerin aus Münster hat nicht nur so manches erlebt, sondern auch vieles überstanden. Nach mehr als 34 Jahren in weltweit führenden Unternehmen, davon 26 Jahre in der Autoindustrie, erfolgt nun eine Zäsur.
„Am Ende sind es immer die Menschen, die den Unterschied machen. Gemeinsam mit meinen leidenschaftlichen Teams bei Audi, im Konzernvertrieb und in den Märkten konnte ich in den letzten Jahren, die von großen Umbrüchen und Disruptionen geprägt waren, viel bewegen, verändern und erfolgreich umsetzen", sagt Wortmann zum Abschied. "Ich danke allen, die mich auf diesem Weg so unterstützt und mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Das ist nicht selbstverständlich und bedeutet mir viel. Dieser Dank gilt auch ganz besonders unseren Partnern in den weltweiten Handelsorganisationen.“
Wortmann hatte ein angespanntes Verhältnis zu Audi-Chef Döllner
Kein Geheimnis ist, dass das Verhältnis zwischen Vorstandschef Döllner und Wortmann zuletzt sehr angespannt war. So berichten Insider von teils hitzigen Vorstandsitzungen. Hildegard Wortmann aber, zu ihrem Start seinerzeit die erste Frau im Audi-Vorstand, ist keine – so erzählen es Beteiligte –, die klein beigibt, sondern ihren Standpunkt klar und deutlich vertritt. "Sie ist eine, die sich nicht verbiegen lässt", sagt einer, der ganz nah dran ist. "Da zieht sie lieber die Reißleine, als gewisse Dinge weiter hinzunehmen."
Im Lauf der Jahre drehte die Vertriebsexpertin das anfangs etwas schwierige Verhältnis zum Betriebsrat ins Positive. Zuletzt ging der Absatz in die Knie, das haben einige aus der Konzernspitze teils offen, teils hintenherum bemängelt. „Nach dem Rekordjahr und der allgemeinen Lage auf den Märkten ist ein Minus jetzt erst einmal kein Wunder“, sagt einer aus dem Vertrieb. Zumal die Modelloffensive gerade anrollt und positivere Verkaufszahlen für den Rest des Jahres und vor allem 2025 bringen sollte.
Wortmann ließ bei Audi Taten für sich sprechen
Wenn man ganz oben agiert in einem so großen Unternehmen wie Audi, wird man von vielen beäugt. Das weiß Hildegard Wortmann nur zu gut. Ihre Kritiker aber hatte sie immer wieder durch Leistung verstummen lassen. Etwa, in dem sie mit ihrer Vertriebs- und Marketingmannschaft das Beste aus der schwierigen Corona-Zeit inklusive Halbleitermangel herausgeholt hat. Im vergangenen Jahr hatte Audi fast 1,9 Millionen Fahrzeuge verkauft, so viele wie nie zuvor. Ausgerechnet in einem Jahr, in dem die Modellpalette so alt war wie nie zuvor. In einem Jahr ohne Neuheiten.
Dafür gab es auch Lob aus der Konzernzentrale Wolfsburg und viel wichtiger: aus Salzburg. Dort wohnen die Granden der beiden Eigner-Familien Porsche und Piëch, zu denen die Managerin ein in weiten Teilen gutes Verhältnis pflegte. Vertraute beschreiben Wortmann als akribische Arbeiterin mit einem Verständnis der Märkte auf der ganzen Welt. Über drei Jahrzehnte hinweg ist sie aufgestiegen, weil sie, so sagt es ein ehemaliger Vorstand eines deutschen Autobauers „nicht nur ehrgeiziger, sondern oft viel kreativer war als andere“.
Hildegard Wortmann zur Managerin des Jahres 2024 gekürt
Erst im Mai noch hatte die „Automobilwoche“ Hildegard Wortmann zur Managerin des Jahres gekürt. Und es stimmt schon: In den mehr als fünf Jahren ihres Wirkens bei Audi galt sie immer als das Gesicht der Marke. Wortmann ist eine, die fordert, aber auch fördert. Menschen aus ihrem engsten Team heben ihre Wertschätzung hervor, die sie jedem einzelnen entgegenbrachte.
Nicht nur bei Audi hatte Wortmann in Vertriebsfragen das letzte Wort. Im VW-Konzern gehörte sie der erweiterten Konzernleitung an und war in dieser Funktion markenübergreifend ebenfalls für den Vertrieb zuständig. Vor ihrer Zeit bei Audi hatte Wortmann verschiedene Leitungsfunktionen beim Konkurrenten BMW inne.

Gleich zu Beginn ihrer Zeit bei der Marke mit den vier Ringen hatte die 57-Jährige viele Projekte angepackt. Wortmann setzte viele neue Impulse in der Vertriebssteuerung und in der Zusammenarbeit der Zentrale mit den verschiedenen Märkten. Auch die Marketingkommunikation hat die Managerin mit ihrem Team deutlich geschärft und auf ein neues Niveau gehoben. Im November 2021 hatte der Audi-Aufsichtsrat Wortmanns Vertrag vorzeitig um fünf Jahre verlängert, also bis 2026 hinein. Nun wurde der Kontrakt am Freitag "in bestem beiderseitigem Einvernehmen" vorzeitig aufgelöst.
Wortmann hat sich lange im Audi-Vorstand behauptet
Wortmann gilt als taffe Managerin, die sich in einer größtenteils immer noch von Männern dominierten Branche weit über den Konzern hinaus einen Namen gemacht und sich lange im Vorstand bei Audi behauptet hat, deutlich länger als viele andere Vorstände zuvor. Sie gilt als Verfechterin der Elektromobilität, der Audi RS E-Tron GT aus Heilbronn ist nach eigener Aussage ihr Lieblingsauto mit den vier Ringen.
„Es ist eine Haltungsfrage, ob wir jetzt wirklich grundlegend etwas verändern und unseren Beitrag leisten zur Dekarbonisierung“, hatte Wortmann vor ein paar Jahren in einem Interview mit der Heilbronner Stimme gesagt. „Es geht nicht darum, schöne Marketingkampagnen zu entwerfen, sondern um authentische Wirksamkeit – harte Fakten, die diese Veränderung untermauern.“ Nach dem Dieselskandal war es insbesondere Wortmann, die die Themen Nachhaltigkeit und Elektromobilität bei Audi intern vorangetrieben, auch in der Marketingkommunikation nach außen.
Wortmann-Nachfolger kommt von Porsche
Wie zuletzt häufig bei Besetzungen von Top-Posten, holt sich Audi-Chef Döllner nun einen Manager von Porsche. Marco Schubert (50) wird zum 1. September bei Audi neuer Vorstand für Marketing und Vertrieb. Zudem wird er Mitglied der erweiterten Konzernleitung des VW-Konzerns Schubert war zuvor von Juli 2021 an bei Porsche für den Vertrieb in Europa zuständig. Davor war er von 2018 an Präsident der Audi Sales Division China. Zuvor leitete er den Vertrieb Asien und Übersee bei der VW-Tochter Skoda. Von 2014 bis 2017 war Schubert Managing Director bei Audi in Schweden. Zuvor hatte er drei Jahre lang die Leitung der Region Nordeuropa bei Audi inne.
„Audi ist eine Marke mit großer Tradition und einem starken Team. Zu den vier Ringen zurückzukehren – das fühlt sich für mich an wie nach Hause kommen. Der Teamspirit und der Pioniergeist bei Audi haben mich und meine Laufbahn geprägt. Diese Qualitäten werden wir auch in Zukunft brauchen, denn wir haben viel vor", sagt Schubert. "Audi bringt die größte Produktoffensive der Unternehmensgeschichte auf die Straße. Ich freue mich darauf, diese Transformation gemeinsam mit den Märkten zu gestalten und Menschen überall auf der Welt immer wieder neu für Audi zu begeistern.“