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Das ist die Kritik an der geplanten Krankenhausreform

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Ende April sollen neue Pläne für die Krankenhausreform vorliegen. Vertreter von Ärzten, Krankenhäusern und Kommunen bringen sich mit ihren Forderungen und Bedenken in Stellung.

Wie sich die Klinikreform auf die Struktur bei SLK auswirken wird, hier der Gesundbrunnen, ist noch unklar. Foto: Mario Berger
Wie sich die Klinikreform auf die Struktur bei SLK auswirken wird, hier der Gesundbrunnen, ist noch unklar. Foto: Mario Berger  Foto: Berger

Viele Krankenhäuser in Deutschland stehen schlecht da wegen zu wenig Personal und großen finanziellen Defiziten. Die Krankenhausreform, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg gebracht hat, soll das ändern und die Weichen für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung stellen. Ein neuer Vorschlag für die Reform, auf dessen Grundlage konkrete Auswirkungen modelliert werden können, soll laut dem Minister bis Ende April vorliegen. Doch je näher dieser Termin rückt, desto lauter werden die Klagen der betroffenen Akteure. Kritiker der Reformpläne fürchten unter anderem, dass die Notfallversorgung und die reguläre stationäre Versorgung in vielen Krankenhäusern nicht aufrechterhalten werden kann. Ein Überblick zu vorgebrachten Bedenken und Anregungen:

  • Man trage die Krankenhausreform mit, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) und des Verbands der Krankenhausdirektoren in Deutschland (VKD). Allerdings sei "ein Vertrösten auf eine künftige Krankenhausreform, die vielleicht eine bessere Finanzierung von Vorhaltekosten bringt, nicht hinnehmbar", so die Organisationen. Sprich: Sie drängen auf mehr Geld, sofort. "Die aktuelle wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser ist so schwierig wie noch nie." In Baden-Württemberg fehlten "den Krankenhäusern allein in diesem Jahr 800 Millionen Euro, wenn die Politik nicht schnell etwas tut". Es müsse rasch Sicherheit über die Finanzierung und die Reform geben, so die Forderung. Ansonsten drohe ein "kalter Strukturwandel" und damit die Gefahr, dass Krankenhäuser, die reformiert werden sollten, gar nicht mehr da sind, wenn es so weit ist. Die Schlussfolgerung: "Die finanzielle Stabilisierung ist Voraussetzung für eine funktionierende Krankenhausreform."

  • Die vorgelegten Empfehlungen seien ein "erster Schritt in die richtige Richtung, aber bei Weitem nicht ausreichend", so die Position des Deutschen Landkreistags. Die Unterfinanzierung der Krankenhäuser werde nicht behoben, sondern lediglich "vorhandene Mittel umverteilt". Das Gremium erhebt eine Reihe finanzieller Forderungen wie die nach einem "sofortigen Inflationsausgleich" oder einer "Behebung der Defizite bei der Investitionsförderung". Abgelehnt wird, dass "die Reformvorschläge erheblich in die Planungskompetenz der Länder eingreifen". Ob die Basis- und Notfallversorgung, vor allem im ländlichen Raum, in den neuen Strukturen sichergestellt werden kann, bezweifeln die Autoren: "Krankenhäuser des vorgeschlagenen Levels 1i, die im Wesentlichen regionale Gesundheitszentren sind, können zu einer Überwindung der Sektorengrenzen stationär-ambulant beitragen." Die geplante Mischform aus Krankenhaus und Arztpraxen scheint ihnen aber nicht geeignet, die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum sicherzustellen.

    Spezialversorgung, so eine weitere Forderung, dürfe "nicht allein in Ballungsräumen verortet sein, sondern muss auch in der Fläche erreichbar sein". Nur so könne das "Verfassungsziel gleichwertiger Lebensverhältnisse erreicht werden".

  • "Die Autoren, die aus dem Umfeld der Großkliniken kommen, haben nicht berücksichtigt, in welchem Umfang ihre Reformvorschläge den ambulanten Bereich betreffen", heißt es von der Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württemberg (KVBW), die Standesorganisation der niedergelassenen Ärzte. Auf sie werden vermutlich eine Reihe neuer Aufgaben zukommen, weil die Rolle des ambulanten Sektors deutlich gestärkt werden soll. In dem Reformpapier der Expertenkommission seien die Trägerschaft und die Finanzierung der kleineren Krankenhäuser, die als Level 1i-Krankenhäuser ambulant-stationäre Einrichtungen werden sollen, aber nicht geklärt, moniert die KVBW. Der Landkreistag habe sich bereits gegen eine Finanzierung aus Mitteln der Kommunen gewandt und diese der KV zugewiesen: "Das können wir so natürlich nicht akzeptieren. Warum sollen unsere Ärzte und Psychotherapeuten aus ihrem Honorar solche Einrichtungen finanzieren?", fragt die KVBW.

  • Speziell den Bereich Ernährung betreffen die Forderungen, die ein Bündnis von 24 medizinischen Fachgesellschaften zur Krankenhausreform erhebt. Dringend müsse "die Ernährungskompetenz an den Kliniken gestärkt werden", heißt es unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin. Man stütze sich dabei auf "eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass die Genesung von Klinikpatienten durch eine individuelle Ernährungstherapie wirksam unterstützt werden kann.

  • Wenig konkrete Auswirkungen dürfte das Rechtsgutachten haben, das die unionsgeführten Gesundheitsministerien in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in Auftrag gegeben hatten. Gutachter Ferdinand Wollenschläger war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vorschläge gegen die in der Verfassung verankerte Gesetzgebungskompetenz der Länder verstoßen. In einer Reaktion sagte Minister Lauterbach, es sei richtig, die rechtlichen Aspekte zu analysieren. Das Gutachten befasse sich aber mit überholten Reformplänen und werde von anderen Gutachtern nicht bestätigt. "Die Diskussion ist inzwischen wesentlich weiter."

 

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