Warum trotz sinkender Hospitalisierungsrate weiterhin die Alarmstufe II gilt
Ein Leser schreibt der Stimme, dass in Baden-Württemberg nun wieder die Alarmstufe I gelten müsste - schließlich lag die Hospitalisierungsrate in den vergangenen Tagen stabil unter dem entsprechenden Schwellenwert. Doch so einfach ist die Sache nicht.
Die Nachricht eines Nutzers der Stimme-Facebookseite hat der Redaktion beinahe detektivisches Gespür abverlangt. Schuld ist - mal wieder - eine Unklarheit in der Auslegung der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg. Darin heißt es in Bezug auf das System von Basis-, Warn- und Alarmstufe unter Paragraf eins, Absatz drei: "Die nächstniedrigere Stufe tritt ein, wenn die für eine Stufe maßgebliche Zahl an fünf aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten wurde."
Bei der aktuell geltenden Alarmstufe II kommt es aber nicht auf eine Zahl an, sondern auf zwei: die Hospitalisierungsrate und die Auslastung der Intensivbetten. Erstere liegt seit Mittwoch, 8. Dezember, unter dem Schwellenwert von 6,0 - das Kriterium von fünf aufeinanderfolgenden Tagen wäre somit erfüllt, selbst wenn man von Werktagen ausgeht.
Zumal es auf der Internetseite des Landes unter "Fragen und Antworten zur Corona-Verordnung" unter dem Punkt "Alarmstufe II" heißt: "Die Regelungen der Warn- bzw. Alarmstufen werden aufgehoben, wenn die maßgeblichen Werte – also Hospitalisierungsinzidenz oder AIB (Auslastung Intensivbetten) an fünf aufeinanderfolgenden Tagen unter dem Auslösungswert der jeweiligen Stufe liegen." Das Wörtchen "oder" deutet ja eigentlich darauf hin, dass nur ein Kriterium erfüllt sein muss. So ist es schließlich auch, wenn es darum geht, die nächsthöhere Stufe zu erreichen. Eine Rückkehr in die Alarmstufe I hat das Land aber bis jetzt nicht verkündet.
Nachfrage bei der Pressestelle des Sozialministeriums. Dort verweist man auf die Begründung zum Neuerlass der 11. Corona-Verordnung zum 15. September 2021. Darin heißt es auf Seite 32: "Sofern landesweit an fünf aufeinander folgenden Tagen die maßgebliche Zahl der Hospitalisierungsinzidenz und der Auslastung der Intensivbetten für den Übergang in eine niedrigere Stufe unterschritten wird, ist das Eintreten der jeweiligen Stufe vom Landesgesundheitsamt (LGA) unverzüglich im Internet bekannt zu geben." Statt eines "oder" ist nun also von einem "und" die Rede, beide Kriterien sind demnach relevant.
Bei der Intensivbettenbelegung liegt das Land weiter über dem Schwellenwert
Auch unter "aktuelle Änderungen der Corona-Verordnung" zum 4. Dezember heißt es: "Sollte die Auslastung der Intensivbetten wieder unter den Schwellenwert von 450 sinken und die Hospitalisierungsinzidenz unter 6 liegen, gelten wieder die Regelungen der Alarmstufe." Auch laut dieser Textstelle sind also beide Kriterien maßgeblich. Den Schwellenwert 450 zu unterschreiten, und damit das zweite Kriterium für eine Rückkehr in die Alarmstufe I zu erfüllen, davon ist man aktuell weit entfernt. Am Dienstagabend gab der Lagebericht landesweit 664 Covid-19-Fälle auf Intensivstationen an.

Die Alarmstufe II sieht im Vergleich mit der Alarmstufe I stärkere Einschränkungen zum Beispiel im Freizeitbereich vor. So ist vielerorts 2Gplus statt 2G vorgeschrieben.
Von der Pressestelle des Sozialministeriums heißt es abschließend noch, dass wegen der oben genannten, anderslautenden Passage im Frage-Antwort-Stück eine Info ans Staatsministerium gehe, damit man dort die Stelle anpassen kann. Am frühen Mittwochabend ist dies tatsächlich bereits geschehen. Nun heißt es auch im Frage-Antwort-Stück "und" statt "oder".
Und es ergibt ja auch Sinn, dass beide Werte unter ihren Schwellenwerten liegen müssen, um eine niedrigere Stufe zu erwirken: Denn liegt einer dauerhaft darüber, so ist das ja automatisch ein Auslöser für die nächsthöhere Stufe.


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