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Umweltministerium kritisiert Wind-Projektierer

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Staatssekretär Baumann: Kapazitäten fließen in Vorhaben, die einfacher zu errichten sind. 149 Anlagen sind derzeit im Land genehmigt, aber nicht in Betrieb. Bei Photovoltaik könnte es Änderungen geben.

Zwei, die für Photovoltaik kämpfen: Der Unternehmer Ralf Hofmann (links) und Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann an der Anlage bei Erlenbach.
Foto: Heiko Fritze
Zwei, die für Photovoltaik kämpfen: Der Unternehmer Ralf Hofmann (links) und Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann an der Anlage bei Erlenbach. Foto: Heiko Fritze  Foto: Fritze, Heiko

Ihrem Ziel, den Ausbau der Windkraft im Land zu beschleunigen, könnte die Landesregierung ein gutes Stück näher kommen - wenn denn auch die Investoren mitziehen würden. Das erklärte Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann gegenüber unserer Zeitung am Rande der Jubiläumsfeier des Wechselrichter-Herstellers Kaco New Energy in Heilbronn.

Lieferengpässe und Fachkräftemangel

149 Anlagen seien final genehmigt, aber noch nicht in Betrieb, berichtete der Grünen-Politiker. "Die Genehmigungsbehörden machen also ihren Job und sind inzwischen deutlich schneller unterwegs." Der allgemeine Boom der Windkraft führe allerdings zu Lieferengpässen, die Branche leide an Fachkräftemangel. Vor allem aber: "Wir stellen fest, dass die Kapazitäten derzeit vorrangig in Projekte fließen, die unkomplizierter zu realisieren sind. Eine Anlage in der norddeutschen Tiefebene braucht weniger Logistik als im Mittelgebirge." Helfen könne hier eine weitere Entbürokratisierung der Transportgenehmigungen durch die Autobahn GmbH unter Aufsicht des Bundesverkehrsministeriums, schlug er vor.

Verlagerungseffekt bei Ablehnung droht

Kritisch sieht der Staatssekretär, wenn in Bürgerentscheiden wie jüngst in Schliengen ein Windkraft-Projekt abgelehnt wird. "Entscheide gegen Windkraft können einzelne Anlagen verhindern. Teilweise führen sie zu einem Verlagerungseffekt", sagte er. "Projektierer bauen dann nicht auf Flächen der Gemeinde, sondern pachten private Flächen in der Umgebung. Der Kommune entgehen diese Pachten dann."

Drei Entscheide stehen im Land bevor

Nach einer Analyse des Vereins Mehr Demokratie fielen Bürgerentscheide zum Thema Windkraft zwischen 2013 und 2017 mehrheitlich negativ für das Windkraftprojekt aus. Ab 2018 bis einschließlich 2022 hingegen gingen 74 Prozent der Entscheide pro Windkraft aus. Aktuell zeichnen sich Abstimmungen unter anderem in Lauf, Vöhringen und Pfronstetten ab. Das Land biete Kommunen, die Windkraft vorantreiben wollen, mit dem Forum Energiedialog ein Instrument, um mit kritischen Bürgern ins Gespräch zu kommen, erklärte der Staatssekretär. Daneben organisiere es auch Exkursionen zu bestehenden Windparks, damit die Menschen sich vor Ort ein Bild machen können.

Flächenziele für das Land

Bis 2030 müssen nach dem Klimaschutzgesetz des Landes 65 Prozent der Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 eingespart werden. Dabei sollen 1,8 Prozent der Regionsfläche für Windkraft reserviert werden, 0,2 Prozent für Freiflächen-Photovoltaik. Für die beiden Energiequellen müssen die Flächen in den Regionalplänen bis Ende September 2025 ausgewiesen sein.

Bedarf könnte noch größer sein

Beim Ausbau der Photovoltaik sieht Baumann das Land zwar auf Kurs. In seinem Grußwort zur Jubiläumsfeier kündigte er jedoch an, dass statt 0,2 Prozent sogar 0,5 Prozent der Landesfläche für Freiflächen-Photovoltaik ausgewiesen werden sollen. Das sei allerdings nicht Beschlusslage der Landesregierung, erklärte er auf Nachfrage: "Momentaner Stand ist: In den Regionalplänen sollen Gebiete in einer Größenordnung von mindestens 0,2 Prozent der jeweiligen Regionsfläche für die Nutzung von Photovoltaik auf Freiflächen festgelegt werden", erklärte er. "Es können auch mehr sein, das wird man aber erst sehen, wenn die Regionalpläne 2025 vorliegen. Erst dann sieht man, wie groß die noch zu schließende Lücke ist." Der in der Studie "Sektorziele 2030 und ein klimaneutrales BW 2040" des ZSW ermittelte energiewirtschaftliche Bedarf für Freiflächen-PV liege aber mit 0,5 Prozent über dem gesetzlich vorgegebenen Mindestanteil, betonte Baumann.

2024 läuft bislang noch besser als im Vorjahr

2023 habe die installierte Leistung aus Solarenergie im Land um 1963 Megawatt zugenommen. Die Zubauzahlen 2024 lägen bisher knapp über denen des Vorjahres. Drei Viertel der Anlagen wurden auf Dächern installiert, der Rest auf Freiflächen. Dass der Ausbau rasch voranschreite, liege daran, dass bei Anlagen auf Dächern naturgemäß alle Verfahren entfallen, die ein Projektierer von Windkraftanlagen durchlaufen muss, wie Flächensuche, Pachtvertrag und Genehmigung durch das Landratsamt. Die Bundesregierung habe zudem Erleichterungen verabschiedet, die den Aufwand bei Netzanschluss und Anmeldung bei der Bundesnetzagentur reduzieren und den Einsatz auf Mehrfamilienhäusern sowie von Balkonkraftwerken attraktiver machen sollen. Und im Land besteht bei Neubauten und grundlegenden Dachsanierungen eine Photovoltaik-Pflicht - "die strengste in Deutschland", betonte Baumann.

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