Probleme in Baden-Württemberg: Einige Roma bekommen zu Unrecht Bürgergeld
Viele Verdachtsfälle, das Roma-Flüchtlinge zu Unrecht Bürgergeld erhalten, haben sich nach Angaben des baden-württembergischen Justiz- und Migrationsministeriums bestätigt. Doch wie geht das?

Im Zusammenhang mit einer hohen Anzahl von Roma-Familien, die mit ukrainischen Pässen nach Deutschland kamen, mahnt Siegfried Lorek (CDU), Staatssekretär des baden-württembergischen Justiz- und Migrationsministeriums, ein Ende des Bürgergeld-Bezugs für neuankommende Flüchtlinge aus der Ukraine an. "Wir müssen das überdenken", sagt Lorek am Freitag in einem Gespräch mit der Heilbronner Stimme.
Baden-Württemberg habe mehr Ukraine-Flüchtlinge aufgenommen als ganz Frankreich, so Lorek - schaue man sich die finanziellen Leistungen im Vergleich an, sei klar, warum viele Deutschland bevorzugten. In Bezug auf die Ukraine-Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre, meint Lorek: "Deutschland war hier sehr großzügig". Auch die Integration in den Arbeitsmarkt der Flüchtlinge habe man sich anders vorgestellt. Er habe die Erwartung an den Bund, dass man sich des Themas annehme.
Staatssekretär: Doppel-Staatsbürgern steht kein Schutzstatus zu
Zumal Überprüfungen des Bundesinnenministeriums einen Verdacht bestätigen, der bereits länger bestand. Einige Roma-Flüchtlinge besitzen neben der ukrainischen oftmals die ungarische Staatsbürgerschaft. Die ukrainischen Pässe sind nach Erfahrungen der deutschen Behörden meist erstaunlich neu. Selbst, wenn die Flüchtlinge mit zweiter ungarischer Staatsbürgerschaft tatsächlich in der Ukraine gelebt hatten, stehe ihnen in Deutschland kein Schutzstatus zu, erklärt Lorek. Denn in diesem Fall gelten sie als EU-Bürger.
Inzwischen, Stand Freitag, sind in 58 von rund 500 überprüften Fällen, die aus Baden-Württemberg an das Bundesinnenministerium gemeldet wurden, die ungarische Staatsbürgerschaft von Roma-Flüchtlingen ermittelt worden. Somit besteht für sie kein Anspruch auf Grundsicherung. Sie fallen unter das Asylbewerberleistungsgesetz. Bei den anderen Fällen seien keine Anhaltspunkte festgestellt worden, heißt es. Weitere 800 Verdachtsfälle befänden sich noch in der Überprüfung.
Auffällig viele neuen Pässe aus Kleinstadt Berehowe
Nach Angaben des Landesjustizministeriums stammen "auffällig viele" der neuen Pässe, in deren Besitz die Roma sind, aus der westukrainischen Kleinstadt Berehowe. Diese liegt in der Oblast Transkarpatien und nur wenige Kilometer von Ungarn entfernt. In Bad Rappenau will im Sommer 2023 jemand miterlebt haben, wie sich ein Roma gebrüstet habe, gegen eine Geldsumme an die neuen Pässe gelangt zu sein. Ob Korruption hinter den Pässen aus Berehowe stecke, könne er nicht bewerten, sagt Staatssekretär Lorek.
Was er indes sagt: Es gebe Berichte über Probleme in vielen Landkreisen mit einem "schwierigen Sozialverhalten", gerade aus dem Kreis der Personen, bei denen der Verdacht einer zusätzlichen EU-Staatsbürgerschaft besteht. Der Präsident des Landkreistags, Joachim Walter (CDU), hatte sich für eine Rückabwicklung des sogenannten Rechtskreiswechsel bereits im Oktober vergangenen Jahres ausgesprochen. Mit dem Begriff ist der direkte Wechsel vom Asylbewerber-Leistungsgesetz in die Grundsicherung gemeint. Die AfD-Fraktion im Bundestag hatte das Ende dieser Regelung ebenfalls bereits im Oktober beantragt.
Roma-Zentralrat will schwieriges Verhalten einzelner Gruppen nicht leugnen
Stephan Müller vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sagt, dass Roma nur wegen des Bürgergelds nach Deutschland gekommen sein sollen, "ist eine Unterstellung". Das würde man auch nicht in Bezug auf Ukraine-Flüchtlinge im Allgemeinen äußern. "Auch Roma fliehen vor dem Krieg ", so Müller. In Ländern wie Ungarn erhielten sie wenig Unterstützung und man wolle sie loshaben. Dass es Probleme mit schwierigem Verhalten gegeben habe, wolle er nicht leugnen. Er bedauere aber, dass es so dargestellt werde, als seien alle Roma so.
Begriffserklärung Roma
Sinti und Roma wird als Überbegriff für eine Reihe von Bevölkerungsgruppen verwendet, die die größte ethnische Minderheit Europas bilden. Häufig sprechen sie Romanes. Mit Roma sind vor allem osteuropäische Gruppen gemeint. In manchen Staaten befinden sich die Gruppen in einer Randstellung. Roma-Familien leiden oft unter mangelndem Zugang zu Bildung. Die Bezeichnung Zigeuner gilt als diskriminierend.