Tod und Trauer sind immer noch Tabuthemen

Abschiednehmen ist für Hinterbliebene eine schwierige Aufgabe, bei der es viel Unterstützung braucht

Nach dem Tod des Partners ist der Schmerz groß. Vor einer neuen Beziehung sollte die Trauerarbeit abgeschlossen sein. Foto: dpa

Allen Menschen ist klar: Der Tod gehört zum Leben. Doch die meisten verdrängen ihn – so lange, bis er sie selbst betrifft, weil ein geliebter Angehöriger stirbt. Ein trauriges Ereignis, das vermutlich schon jeder einmal erlebt hat – und eine schwere Zeit, die es zu bewältigen gilt.

Das ist in den ersten Tagen nach dem Eintritt eines Todesfalles meist leichter, als man annehmen möchte. Schließlich müssen Hinterbliebene erst ein Mal jede Menge Organisatorisches rund um die Bestattung erledigen. Dabei ist die erste Priorität, den Verstorbenen ein letztes Mal angemessen zu würdigen. Etwa mit einer Trauerfeier. Dabei gilt es, die Wünsche des Verstorbenen zu berücksichtigen, ihn so von dieser Welt zu verabschieden, wie er es gerne gehabt hätte – und nicht wie es „die Leute“ erwarten.

Das Leben feiern
War der Verstorbene zu Lebzeiten ein geselliger Mensch, würde er wohl eher eine fröhliche Trauerfeier bevorzugen, bei der das Leben ein letztes Mal gefeiert und laut gelacht wird. Mit seinen Lieblings-Rocktiteln, die anstelle eines gesetzten Streichquartetts erklingen. Und einer Grillparty anstelle eines traditionellen Leichenschmauses.

Wer jetzt „das geht doch nicht“ denkt, hat weit gefehlt. Nur weil das Abschiednehmen in unseren Breiten über Jahrhunderte anders aussah, heißt das noch lange nicht, dass Abschiednahme auf andere Art und Weise falsch ist. In anderen Kulturen ist das nämlich gang und gäbe. So dauert beispielsweise eine Trauerfeier im afrikanischen Ghana gleich mehrere Tage lang. Dem Verstorbenen wird noch einmal ein letztes fröhliches Fest bereitet, mit Musik, Tanz und gutem Essen.

Emotionales Loch
Für welche Art des letzten Ganges man sich auch entscheiden mag. Ist die Bestattung vorüber, kehrt im Leben der Hinterbliebenen erst einmal Ruhe ein. Hatten sie bis dahin kaum Zeit über den Todesfall nachzudenken, fallen sie jetzt meist in ein tiefes emotionales Loch.

Erst jetzt fängt das Abschiednehmen an, eine immer größere Rolle zu spielen. Ob sie es wollen oder nicht: In dieser Phase müssen sie sich intensiv mit dem Thema Tod auseinandersetzen. Und gerade dann ist es für sie besonders wichtig, jemanden zu haben, der ihnen zuhört. Denn wer trauert, der fühlt sich der Welt, die für ihn komplett aus den Fugen geraten ist, oft schutzlos ausgeliefert.

Intensive Gefühle
Es ist eine Zeit der intensiven Gefühle und eine Zeit der seelischen Überforderung, die – geht es nach der Gesellschaft – schnellstmöglich überwunden werden soll. Schon nach ein paar Wochen fühlen sich Trauernde dazu gedrängt, ihren normalen Alltag wieder aufzunehmen und zu funktionieren – obwohl die Zeit, die jemand braucht, um mit seiner Trauer fertig zu werden, etwas sehr Individuelles ist – und sogar jahrelang dauern kann.

Nach der bekannten Psychiaterin und Trauerforscherin Elisabeth Kübler-Ross besteht der Trauerprozess, den jeder Hinterbliebene durchläuft, aus fünf Phasen: Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Fünf Phasen, durch die auch Menschen gehen, wenn sie eine niederschmetternde ärztliche Diagnose erhalten – und so erfahren, dass sie nicht mehr lange leben werden. Eine Blaupause, wie man die fünf Phasen der Trauer durchlebt, gibt es nicht.

Darüber zu reden ist ein ebensolches Tabu wie der Tod an sich. Deshalb ist es für die meisten Menschen auch schwierig (um nicht zu sagen unangenehm), wenn sie auf einen trauernden Menschen treffen.

Sprachlosigkeit
Dann herrscht oft befangene Sprachlosigkeit. Wie, so fragen sich die meisten, soll man diesem begegnen? Was soll man zu ihm sagen? Wie Trost spenden? Was tun? Dabei ist die Antwort auf all diese Fragen ganz einfach. Sie heißt: Mitgefühl zeigen, dem Trauernden zur Seite stehen, für ihn da sein und ihm gegebenenfalls in dieser Zeit alltägliche Besorgungen abzunehmen, zu denen er momentan nicht in der Lage ist.

Ganz wichtig ist es, dem Hinterbliebenen zuzuhören – und zwar nur zuzuhören, ohne das Gesagte zu interpretieren, sich zurückzunehmen. nicht vom Thema abzulenken und seine eigenen Geschichten einmal hintenan zu stellen. Diese Tipps geben Experten übrigens auch für die Zeit, in der sich der Trauernde neu orientiert, seinen erlittenen Verlust akzeptiert und damit beginnt, sich wieder der Welt und seinen Mitmenschen zuzuwenden.

Akzeptanz
In dieser Phase besteht die größte Unterstützung darin, zu akzeptieren, dass man nicht mehr gebraucht wird. Der Trauernde bereit ist, neue Beziehungen zu anderen zu knüpfen. Und das wiederum ist ein Grund zur Freude. Von unserer Redakteurin Ulrike Kübelwirth