Oft sind es ungewöhnliche Vorfälle, die sich als Ursache für Spitznamen ausmachen lassen. Oft erinnern sie auch an komische Vorfälle, die zum Schmunzeln anregen. Und meist kommen die Uznamen aus den Nachbargemeinden. In Neckarwestheim aber scheint es so, als hätten die Einwohner ihren Spitznamen selbst kreiert.
Saubohnawölf Vor langer Zeit hat sich ein Metzger aus Lauffen in Neckarwestheim auf Einkaufstour begeben: Gekauft werden sollte ein Kalb. Nachdem der Handel mit einem Bauern erfolgreich abgeschlossen war, musste das Geschäft natürlich mit mehreren Schoppen Wein gebührend begossen werden. Gut angeheitert machte sich der Lauffener zu Fuß auf den Heimweg. Im Schlepptau das gerade erstandene Kalb. Und das verspürte wohl frei nach dem Motto „nur die allerdümmsten Kälber wählen sich den Schlachter selber keinerlei Lust, seine alte Heimat zu verlassen, riss sich los und verschwand in einem Feld mit hochgewachsenen Saubohnen. Ob der Metzger den Verlust überhaupt bemerkte, darf angezweifelt werden, setzte er doch seinen Fußmarsch mit dem leeren Strick in der Hand fort.
Bewegter Acker Zur gleichen Zeit ruhte sich der brave Bauer Gustav nach getaner Arbeit auf seinem Feld am Neckarufer aus. Plötzlich bemerkte er im benachbarten Saubohnenacker heftige Bewegungen. Er stand auf, reckte seinen Hals, blickte in riesige Augen und ergriff panisch die Flucht. Das, so viel war ihm klar, konnte nur ein Wolf gewesen sein. Schließlich gab es davon reichlich im Ländle. Um seiner Bürgerpflicht gerecht zu werden - es gab eine amtliche Verordnung, nach der alle gesichteten Wölfe zu jagen und unschädlich zu machen seien -stürmte der Bauer ins Dorf, steuerte die „Rose" an und schlug in der Gaststube Alarm. „Da drauße, am Neckar, im Feld, ein Wolf", stammelte er. Die Sturmglocke ertönte, und als genügend Männer zusammengetrommelt waren, zog der mit Mistgabeln, Ästen und Schaufeln bewaffnete Trupp los in Richtung Saubohnenacker. Im Schlepptau die Magd, die sich auf Geheiß der Rosenwirtin das Ganze aus der Nähe ansehen sollte.
Die Jagd beginnt Es dämmerte bereits, was die Angst der tapferen Recken aus Kaltenwesten nicht gerade milderte. Als das Feld am Lauffener Weg in Sichtweite kam, war schon von weitem ein Rascheln und Grummeln zu hören. Die Männer stellten sich zum Angriff auf, blieben aber vor Schreck erstarrt stehen, als die vermeintliche Bestie direkt auf sie zusprang: Kläglich muhend rannte ein flauschiges Tier mit großen Augen auf sie zu. ,,So Gustav, do hasch dein Wolf", kommentierte einer der Jäger das Geschehen. Bei dem „Fang" handelte es sich nämlich um das Kalb, das dem Lauffener Metzger entwischt war.
Helles Gelächter Ihm banden die tapferen Männer aus schließlich Neckarwestheim einen Strick um den Hals und machten sich auf den Rückweg zum Ort. Dort wurden sie bereits von ihren hell lachenden Frauen empfangen, die dank der Magd schon alles über die erfolgreiche Wolfsjagd wussten. Nicht nur bei ihnen wurde das Tier schnell zum Saubohnawolf - auch bei den Nachbarn sorgte die Jagd für große Erheiterung und für den Spitznamen, der sich bis heute hält. Von unserer Redakteurin Ulrike Kübelwirth