Rita Lord schlüpft in ihre Turnschuhe und los geht's. Mit ihren 100 Jahren trainiert sie immer noch regelmäßig im Fitness-Studio: Erst geht es an den Bauchtrainer, danach kommen Geräte für Rücken und Schulter dran. Pause machen will sie nicht. „Und was kommt als Nächstes?“, fragt sie ihren Trainer lachend.
Lord liebt den Sport: „Das ganze Leben war ich in Bewegung.“ Sie habe so viele Sportarten gemacht: Schlittschuh, Tennis, Gymnastik, Rhönradturnen, Schwimmen und besonders gerne Skifahren. „Ich bin mit 90 noch im Zillertal in Österreich die rote Piste runtergefahren“, sagt die vierfache Mutter und fünffache Oma. Sich zu bewegen, mache ihr einfach Spaß. „Das ist für mich Leben. Es geht nicht anders. Ich kann mich nicht in den Sessel legen“, sagt sie in ihrem Haus in Bernkastel-Kues an der Mosel und kramt Bilder von früher hervor, die sie auf der Piste, auf dem Eis und auf dem Tennisplatz zeigen.„Wenn ich was will, muss ich es machen“
Umfang
Als 100-Jährige hat sie ein Sportprogramm wie viele jüngere nicht: Einmal pro Woche geht sie ins Fitness-Studio, dann stehen noch ein Gymnastik-Kurs, Schwimmen und Bridge als Denksport auf der Agenda. Zudem geht es jeden Tag ein paar Kilometer zu Fuß an die Mosel. „Und morgens mache ich 20 Minuten Gymnastik im Bett.“
Einen inneren Schweinehund müsse sie dafür nicht überwinden. „Disziplin im Alter ist alles“, sagt die Unterfränkin aus Bad Kissingen, die 1954 wegen ihres Mannes an die Mosel kam. „Ich sage immer: Wenn ich was will, dann muss ich es machen. Und ich mache es einfach!“
Mit ihrer Willensstärke beeindruckt sie das Team im Fitness-Studio: „Sie ist immer noch sehr ehrgeizig“, sagt der Leiter des Studios vom Verein für Sport, Freizeit und Gesundheit (SFG), Carsten Braun in Mülheim. Für ihr Alsei Lord „überdurchschnittlich fit“. Sie mache einigen jüngeren Senioren „auf jeden Fall stellenweise noch etwas vor“. Lord sei „ein Vorbild für viele“, sagt der Trainer. Als Ehrenmitglied im Verein zahlt die 100-Jährige keinen Beitrag mehr. Sie ist seit Bestehen des SFG 1962 mit dabei und hat die Damenabteilung gegründet.
Von manchen geliebten Aktivitäten hat die 100-Jährige bereits Abschied genommen.
Dazu gehöre das Skifahren: „Ich würde ja noch gerne, aber meine Kinder wollen das nicht mehr“, sagt sie schmunzelnd. Und auch mit ihrem grünen Cabrio MG Midget fährt sie nicht mehr. Der Oldtimer steht jetzt in der Garage. „Ich habe voriges Jahr meine letzte Fahrt damit gemacht.“
Lord schmeißt den Haushalt noch in ihren eigenen vier Wänden, einer ihrer Söhne wohnt über ihr. „Ich komme gut zurecht“, sagt sie. Seit ein paar Wochen hat sie einen Rollator zur Unterstützung. „Muskelschwäche“, sagt sie und reibt über ihre Oberschenkel. Und sie habe eine beginnende Arthrose, hätte der Arzt gesagt. „Mein Gott, irgendwas muss ich ja kriegen.“ Und zeigt auf ihren Rollator: „Das Ding ist dann halt mein neuer MG“, sagt sie und lacht.
dpa
Sieben Minuten lang die Koordination pro Tag trainieren
Laut WHO sollten Menschen ab 65 Jahren bis zu zweieinhalb Stunden pro Woche intensiv aktiv sein
Sport ist Mord? Von wegen. Ältere Menschen, die regelmäßig aktiv sind, können offenbar ihre durchschnittliche Lebenserwartung um mehrere Jahre steigern. Denn: Wer in Bewegung bleibt, minimiert das Risiko für Stürze und Verletzungen, für Typ-2-Diabetes sowie für Arteriosklerose - und damit auch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
„Schon ab Mitte 40 nimmt unsere Muskulatur ab. Ohne Training werden unsere Gelenke nicht mehr gut gestützt, die Gefäße und der Herzmuskel versteifen zunehmend“, betont Professor Martin Halle vom Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin an der Technischen Universität München, in der Aprilausgabe des Apothekenmagazins „Senioren Ratgeber“.
Start
Wer seine Fitness fördern möchte, beginnt am besten langsam und steigert sich stetig, um im Idealfall auf die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Bewegungsdauer zu kommen. Laut dieser sollten Menschen ab 65 Jahren wöchentlich mindestens 2,5 bis 5 Stunden moderat oder 75 Minuten bis 2,5 Stunden intensiv aktiv sein.
Dazu sollten sie an zwei Tagen pro Woche ihre Koordination und Muskulatur trainieren. Im „Senioren Ratgeber“ empfiehlt Martin Halle ein Training, das sieben Übungen umfasst, die jeweils eine Minute lang ausgeführt werden sollen. Dieses enthält zum Beispiel Übungen, um die Hüfte zu dehnen und die Koordination zu verbessern - und sich somit gegen Stürze zu wappnen. Wichtig: Nach einer längeren Pause, bei Vorerkrankungen oder Unsicherheit sollte ein Arzt konsultiert werden. So lässt sich herausfinden, welche Art der Bewegung am besten geeignet ist. Oft ist es sinnvoll, anfangs unter professioneller Anleitung zu trainieren, etwa bei der Volkshochschule, in der Physiotherapie oder in einem auf Reha-Sport ausgelegten Fitnessstudio.
red/ae