Symbiose aus Architektur, Natur und Kultur in Künzelsau-Gaisbach

Kurz-Interview mit Stararchitekt David Chipperfield

Der Vorplatz des Carmen Würth Forum. Fotos: Simon Menges

Vor drei Jahren eröffnete das Kultur- und Kongresszentrum Carmen Würth Forum. Pünktlich zum 80. Geburtstag von Carmen Würth. In nur 18 Monaten ist an der B19 in Künzelsau-Gaisbach auf 170 000 Quadratmetern Fläche ein Bauwerk entstanden, das seinesgleichen sucht. Ein Ort, an dem Architektur, Kultur und Natur eine gelungene Symbiose eingehen. Der britische Stararchitekt David Chipperfield hat dem Bauwerk mit minimalistischer Formensprache und zeitloser Eleganz einen besonderen Charakter verliehen. Ende Juni 2020 ist nun der ebenfalls von Chipperfield geplante und realisierte Erweiterungsbau fertig. Rund 39 Millionen Euro hat das Unternehmen Würth in den Ausbau investiert, der auf 5550 Quadratmetern, ganz dem Dialog von Wirtschaft und Kultur gewidmet, Raum für einen flexibel nutzbaren Konferenzbereich und ein neues Kunstmuseum schafft.   

Nach dem 2017 eröffneten Carmen Würth Forum hat Stararchitekt David Chipperfield auch den nun fertiggestellten Erweiterungsbau geplant und realisiert

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Die eher kleinformatigen und lichtempfindlichen Werke der Sammlung Würth haben im geschützten Kabinett im Untergeschoss Quartier bezogen.

Klare Linie
Die große Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten stärkt den Forumsgedanken. Das elegante Fassadenkonzept, bestehend aus Stahl, Glas und Metall in Kombination mit Kulissen aus gestocktem Beton mit regionalem Muschelkalk-Zuschlag, schreibt die klare Linie des Carmen Würth Forum fort. Stilvolle Details im Inneren sind unter anderem Wandbekleidungen aus Kernesche sowie Bodenbeläge aus Eichenparkett und Muschelkalk-Terrazzo. Mit über fünf Meter hohen Räumen bietet das Museum Würth 2 die würdige Umgebung für Glanzstücke der zeitgenössischen und modernen Kunst der Sammlung Würth. Eine Decke mit mattierten Gläsern sorgt für wechselnde Beleuchtungsstimmungen. Über ein verglastes Belvedere ermöglicht das Museum Blicke in die Weite der hohenlohischen Landschaft und in den erweiterten Skulpturengarten. Ein Innenhof mit viel Grün, um den ein Kunstshop und das Café Atrium gruppiert sind, verbindet Museum und Konferenzbereich. Der neue Tagungsbereich umfasst elf kombinierbare Räume für bis zu 700 Personen. Als ergänzendes Angebot zum Großen Saal für Veranstaltungen mit bis zu 2500 Personen ermöglichen diese Meetingräume nun auch kleinere Sitzungen oder Großveranstaltungen mit parallel ablaufenden Workshops. Ein besonderes Schmuckstück ist der fein nuancierte Kammermusiksaal, der Reinhold Würth Saal, der rund 560 Besuchern höchsten Klanggenuss bietet.
  

Weitblick
Mit dem „neuen“ Carmen Würth Forum wird Künzelsau um einen Ort für Inspiration, Weitblick und Dialog reicher. red  
  

„Eine Geste an die Menschen“

Kurz-Interview mit Stararchitekt David Chipperfield

Welcher Gedanke steht hinter der Architektur des Neubaus?
David Chipperfield: „Unsere Beziehung zum Carmen Würth Forum begann 2006 mit der Teilnahme am damit verbundenen Wettbewerb. Wir hatten ein Gebäude im Sinn, das der Akropolis ähnelt, mit vielfältigen Funktionen und einem Museum. Der erste Bauteil wurde 2017 eröffnet. Der neue Museumstrakt ist eine Ergänzung des Campus, in physischer wie in programmatischer Hinsicht. Er vervollständigt dessen Komposition durch die Präzisierung der räumlichen Struktur und unterstreicht die Bedeutung des Vorplatzes.“

Was verbindet diese Akropolis mit dem Unternehmen Würth?
Chipperfield: „Der weltweite Erfolg des Unternehmens wird kaum jemanden unbeeindruckt lassen. Er ist tief in diesem bezaubernden Landstrich Baden-Württembergs verwurzelt und diese bescheidene Akropolis ist ein Ausdruck des Idealismus und der gesellschaftlichen Verantwortung und eine Geste an die Menschen, die hier arbeiten. Sie ist Ausdruck, dass dies nicht nur ein Ort der Arbeit, sondern auch der Gemeinschaft ist.“

Was begeistert Sie besonders?
Chipperfield: „Besonders beeindruckend ist, wie wichtig Kammermusik- und Veranstaltungssaal schon heute für die soziale und kulturelle Infrastruktur des Würth Campus geworden sind. Durch die Integration von Musik, Veranstaltungen und Konferenzen in das Kulturzentrum sowie durch die Präsentation von Kunst, gewinnt der Campus insgesamt eine neue Dynamik; all dies verwandelt ihn in einen einzigartigen Komplex mit ehrgeizigem Anspruch, wie er außerhalb des großstädtischen Kontextes selten zu finden ist. Vor allem aber spiegelt er das beeindruckende Verantwortungsbewusstsein und Mäzenatentum eines Unternehmens, in dem das intellektuelle und kulturelle Wohl der Mitarbeiter und die Integration in die breitere Öffentlichkeit Priorität genießen.“ red
  

Soziales Engagement als Herzensangelegenheit

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Carmen Würth macht sich für viele Bereiche stark. Foto: Dirk Bruniecki

Für Carmen Würth ist das Engagement für die gesellschaftliche Integration von Menschen mit geistiger Behinderung seit vielen Jahren ein Herzensanliegen.

Die Ehefrau des Unternehmers Reinhold Würth und Namensgeberin für das Carmen Würth Forum wird nicht müde, sich für benachteiligte Menschen starkzumachen und ihnen zu helfen. Dafür wurde sie mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt. Sie ist unter anderem Ehrenbürgerin der Stadt Künzelsau, Trägerin der Goldenen Ehrenmedaille des Hohenlohekreises, des Bundesverdienstkreuzes und des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg sowie der Ehrenbürgerwürde der Technischen Universität München (TUM). Carmen Würth ist zudem Schirmherrin zahlreicher sozialer Initiativen im In- und Ausland.

Gemeinsam mit ihrem Mann Reinhold gründete sie 1987 die Stiftung Würth. 2003 mündete Carmen Würths Engagement in die Eröffnung des Hotel-Restaurant Anne-Sophie in Künzelsau, in dem Menschen mit und ohne Handicap erfolgreich zusammenarbeiten. Neben der Andreas-Fröhlich-Schule in Krautheim und dem Kinderheim „Ümüt Nadjeschda“, einer Einrichtung für Kinder mit Behinderung in Bishkek, unterstützt sie seit 2008 das Gemeindezentrum iThemba Labantu, eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche im Township Philippi in Kapstadt. Auf Initiative und mit finanzieller Unterstützung durch Carmen Würth wurde 2012 von der Stiftung Würth die Markus Würth Stiftungsprofessur für Kinderneuroorthopädie und Cerebralparese an der TUM eingerichtet.

Ein weiteres Projekt ist das im Mai 2017 eröffnete Kulturhaus Würth mit Bibliothek „Frau Holle“ in Künzelsau. red
   

Konzertgenuss von Weltklasse

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2017 gegründet: die Würth Philharmoniker . Foto: Ufuk Arslan

Die Würth Philharmoniker spielen auch in der neuen, ihrer vierten, Spielzeit ab Herbst 2020 mit Gästen von Weltrang, darunter Sonya Yoncheva, Thomas Hampson, Luca Pisaroni, Khatia Buniatishvili, Sir András Schiff sowie das Luzerner Sinfonieorchester. „In der neuen Saison werden wir das Repertoire des Orchesters um große Werke, die nur selten gespielt werden, erweitern, darunter etwa die Sinfonie von Chausson und die jeweils zweite Sinfonie von Rachmaninow und Bruckner“, sagt Claudio Vandelli, der seit Januar 2020 als Chefdirigent wirkt. Eine aktuelle Programmübersicht sowie die Möglichkeit zur Kartenbuchung gibt es auf kultur. wuerth.com. Seit 2017 begeistern die Würth Philharmoniker als Residenzorchester im Carmen Würth Forum ihre Konzertgäste. Auf Initiative des Unternehmers und Kulturförderers Professor Dr. h. c. mult. Reinhold Würth ins Leben gerufen, überzeugen sie mit ihrer Vielfältigkeit und einem breiten Repertoire von klassischen bis hin zu modernen und zeitgenössischen Kompositionen. red