Weinsberger Geschichten: Lebensrettende List und ein dichtender Arzt

Zwei Geschichten prägen Historie der Stadt – Spitznamen spielen untergeordnete Rolle

Skulpturen am Bahnhof erinnern an die Geschichte der treuen Weiber der Stadt. Fotos: Archiv/Sawatzki

Wer an Weinsberg denkt, denkt an die Weibertreu – obwohl die Stadt nicht nur aus dem Kernort, sondern auch aus den Teilorten Grantschen, Gellmersbach und Wimmental besteht. Die Legende der listigen Frauen steht über allem. Kein Wunder, dass die Spitznamen (Weinsberger Kropfjockel und Grantschener Wengertklötzle) eine eher untergeordnete Rolle spielen. Präsent ist dagegen die Weibertreu, die vermutlich im Jahr 1000 als Reichsburg an der Handelsstraße von Heilbronn nach Schwäbisch Hall errichtet wurde. Ihre wechselvolle Geschichte endet am 16. April 1525, am Blutsonntag von Weinsberg, als die Burg im Bauernkrieg von Aufständischen eingenommen, geplündert und angezündet wurde. Neben Graf Ludwig Helferich von Helfenstein, dem Amtmann der Stadt und dem Obervogt über als württembergischen Bauern, wurden auch dessen Ritter und Reisige durch die Stadt gejagt und getötet. Die Weibertreu ist seit diesem Tag eine Ruine.

Wahre Klugheit
Zur Berühmtheit brachte es die Burg aber im Jahr 1140. Stauferkönig Konrad führte Krieg gegen den Bayernherzog Welf, dem die Weinsberger treu ergeben waren. Konrads Heer belagerte die Burg. Die Bevölkerung der Stadt, die sich auf der Feste verschanzt hatte, litt zwar wie so oft in den Kriegen des Mittelalters Hunger und Not, war aber nicht bereit, sich zu ergeben. Deshalb drohte Konrad eines Abends, die Burg am nächsten Morgen einnehmen und alle dort befindlichen Weinsberger töten zu wollen.

In der Nacht schlich sich deshalb eine Weinsbergerin ins feindliche Lager, um Konrad umzustimmen. Weil die junge Frau äußerst hübsch war, gewährte der König den Weinsberger Weibern, vor der Eroberung die Burg verlassen und alles mitnehmen zu dürfen, was sie tragen könnten. Am nächsten Morgen staunte Konrad nicht schlecht: Durchs Burgtor marschierte ein langer Zug von Frauen, und jede trug ihren Mann auf dem Rücken. Seitdem heißt der Weinsberger Hausberg Weibertreu.

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Der original Nervenstimmer, gebaut nach den Anweisungen der Seherin von Prevorst, ist noch heute im Weinsberger Kernermuseum zu sehen.

Kerner und Hauffe
Und noch eine Geschichte ist eng mit der Stadt verbunden: Die des Arztes und Dichters Justinus Kerner. 1786 als jüngstes von sechs Kindern in Ludwigsburg geboren, kam Kerner dank dem Freund seines Vaters, dem Theologen und späteren Professor für klassische Philologie, Carl Philipp Conz, in den Genuss, ab 1804 in Tübingen Medizin zu studieren. Dort traf Kerner auf einen Kreis junger Studenten, die sich für die literarische Strömung der Romantik interessierten: Ludwig Uhland, Gustav Schwab, Karl Mayer und Heinrich Köstlin.
Kerner beendet sein Medizinstudium, promoviert über die „Funktion der einzelnen Teile des Ohres“, bleibt aber der Literatur immer eng verbunden. Nach verschiedenen Stationen kommt er 1819 als Oberamtsarzt nach Weinsberg, wo er sich schon bald auch mit den dunklen Seiten der Natur auseinandersetzt. Der in Heimatforschung und Denkmalspflege aktive Arzt, der 1823 auch den Weinsberger Frauenverein gründet, nimmt 1826 die Seherin von Prevorst als Patientin in seinem Haus auf, um deren Somnambulismus zu behandeln. Friederike Hauffe ist – so würde man heute sagen – ein Medium. Sie nimmt Stimmen- und Lichterscheinungen wahr, sagt später eintreffene Geschehnisse voraus und wird von Kerner bis zu ihrem Tod im Jahr 1829 mit Magnetismus behandelt. Im Kernerhaus ist heute noch der Original Nervenstimmer zu sehen, den der Arzt nach den Anweisungen Hauffes (beziehungsweise nach Anweisung von deren Schutzgeist, der verstorbenen Großmutter) zu Therapiezwecken gebaut hat. Interessanterweise hat sich die Seherin von Prevorst in der Zeit ihrer Behandlung auch selbst als Heilerin betätigt. So „erfühlte“ sie bestimmte Heilmittel, die Kerner schließlich den Kranken verabreichte.

Von unserer Redakteurin
Ulrike Kübelwirth

HNV-Fahrplantipps

In Weinsberg verkehren drei Regionalbuslinien. Dadurch gibt es für die umliegenden Gemeinden Verbindungen von und nach Weinsberg. Eine Regionalbuslinie stellt eine Verbindung von Weinsberg nach Neckarsulm her. Dazu gibt es in Weinsberg Haltestellen der Stadtbahn in Richtung Öhringen und Heilbronn. Durch einen Regionalzughalt ergibt sich zudem eine stündliche Verbindung nach Heilbronn und Öhringen und Schwäbisch Hall. Alle zwei Stunden sogar nach Crailsheim. An Wochenenden verkehrt der Regionalzug alle zwei Stunden. red