1250 Jahre Neckarsulm: In Schenkung an Kloster erwähnt

Erste Nennung der heutigen Industriestadt in einer 1250 Jahre alten Urkunde

Stadtarchivarin Vera Kreutzmann zeigt das älteste Dokument im Besitz der Stadt: ein Zinsbuch aus dem 15. Jahrhundert. Foto: Simon Gajer

Die Stadt reiht sich ein in die vielen Kommunen im Landkreis, die alle ihre erste Erwähnung vor 1250 Jahren feiern. Offenau hat sein großes Jubiläumsjahr schon hinter sich, auch der Neckarsulmer Stadtteil Obereisesheim konnte daran erinnern. Jetzt rückt die Kernstadt selbst in den Mittelpunkt. 1250 Jahre Neckarsulm: Das Treiben steht unter dem Motto „VOLLEREBEN“, also „voller Leben“ oder „voll erleben“.  

Aufstieg Dass Neckarsulm nun feiern kann, ist einer Schenkung vor 1250 Jahren zu verdanken, die im Lorscher Codex erwähnt wird. Damals übertrugen die Eheleute Plidroch und Blitrud dem Kloster Lorsch ihren gesamten Besitz in der „Villa Sulmana“. Unklar ist, wo diese Besitztümer gelegen haben könnten, sagt Stadtarchivarin Vera Kreutzmann.

Thesen gebe es viele, warum das Kloster Lorsch von so vielen Menschen aus der Region beschenkt wurde. „Es war eine neue, aufstrebende Gründung“, sagt Vera Kreutzmann. Das Kloster Lorsch, heute ist davon nur sehr wenig erhalten, wurde um 764 von der Familie des fränkischen Gaugrafen Cancor gegründet. Mit der Überführung der Nazarius-Reliquie im Jahr 765 aus Rom ins Lorscher Kloster begann nach Angaben der heutigen südhessischen Stadt Lorsch der wirtschaftliche Aufstieg der Abtei.

   

Mutmaßungen
Vera Kreutzmann weiß, dass manchmal die Menschen einem Kloster etwas schenkten, damit die Mönche für sie beteten oder weil sie dem Heiligen gedenken wollten. Es bleiben Mutmaßungen, denn auch die Kontakte zu Karl dem Großen könnten eine Rolle gespielt haben: Ihm wurde die Abtei übertragen, und er machte sie zu einem seiner wichtigsten Reichsklöster. Weitere Schenkungen aus Neckarsulm ans Kloster sind belegt. Gut 37 seien noch aus Eisesheim gekommen. Vermutlich dürften die meisten davon das heutige Obereisesheim betreffen, betont Kreutzmann. Das Original der Schenkungsurkunde befindet sich in Würzburg, das älteste Dokument im Stadtarchiv stammt aus dem späten 15. Jahrhundert.
  

„Man sieht die sprachlichen Veränderungen.“

Vera Kreutzmann

In dem Zinsbuch, mit Holz eingebunden und einer Schnalle versehen, werden 75 Steuerpflichte aufgeführt. Spannend sei dieses sogenannte Archivale aus mehreren Gründen, findet die Historikerin. Darin sind beispielsweise Ortsbezeichnungen enthalten, die es heute noch gibt. Der Wilfensee hieß damals Wulfensee. Und es sind Namen aufgeführt, die noch immer zur Region gehören: Im Archivgut wird eine Eysenmengerin erwähnt, noch immer wohnen im Umkreis Eisenmenger. „Man sieht die sprachlichen Veränderungen“, sagt die Stadtarchivarin.

„Es war eine neue, aufstrebende Gründung.“

Vera Kreutzmann

Wirtschaftsförderung
Interessant ist für Vera Kreutzmann auch eine Urkunde aus dem Jahr 1660, also zwölf Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs. Der Deutschorden gestatte es Neckarsulm, vier anstatt zwei Märkte im Jahr abzuhalten. „Es war damals ein Privileg, überhaupt einen Markt durchführen zu können“, weiß Vera Kreutzmann. Dass es nun vier geben darf, zu denen Kunden aus dem Umkreis und Händler kommen dürfen, ist für sie ein Zeichen der Wirtschaftsförderung nach dem Dreißigjährigen Krieg. Zum Archiv, dem Gedächtnis der Stadt, gehören ebenfalls Umschläge aus dem frühen 20. Jahrhundert. In den oft verzierten Hüllen steckte etwa das Kassentagbuch. Die Hüllen zeigen Trends, sagt Vera Kreutzmann, und belegen, wie wichtig Akten waren. „Sie hatten einen hohen Stellenwert.“ Simon Gajer
  

Lorscher Codex

Am 10. Juli 771 erschien der Name Neckarsulm zum ersten Mal in einer Schenkungsurkunde, die im sogenannten Lorscher Codex dokumentiert ist. In dieser Handschrift aus dem 12. Jahrhundert verzeichneten Mönche des Klosters Lorsch am Rhein die vielen Schenkungen, die das Kloster im Laufe der Jahrhunderte erhielt. Auf einem Blatt dieser Handschrift taucht der Name „Villa Sulmana“ im Zusammenhang mit einer Schenkung auf, die auf den 10. Juli 771 datiert wurde. Den Namen „Sulmana“ behielt der Ort rund tausend Jahre lang. Erst im Laufe des 16. Jahrhunderts setzte sich der Name „Neckarsulm“ durch. red