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Eine U-Bahn für Karlsruhe

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Am Samstag wurde die Kombilösung nach zwölf Jahren Bauzeit in Betrieb genommen. Ab sofort werden sieben unterirdische Haltestellen im Stadtgebiet angefahren.

Die Londoner Tube wurde 1863 eröffnet, die Berliner U-Bahn 1902. Seit Samstag hat auch Karlsruhe eine eigene Untergrundlinie unter der Innenstadt, eine der kürzesten Deutschlands. Verbunden ist das ÖPNV-Projekt mit der Neu-Organisation des Verkehrs für Autos, Fahrräder und Fußgänger, der sogenannten Kombilösung.

 

Fahrgäste stehen in der Haltestelle Marktplatz (Pyramide) im Karlsruher U-Bahnprojekt Kombilösung.
Fahrgäste stehen in der Haltestelle Marktplatz (Pyramide) im Karlsruher U-Bahnprojekt Kombilösung.  Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Sieben neue Haltestellen sind unterirdisch in zwölf Jahren Bauzeit entstanden, Kostenpunkt: 1,5 Milliarden Euro. "Das ist die größte Infrastrukturinvestition der vergangenen 100 Jahre", sagte der neue Verkehrs-Staatssekretär Michael Theurer (FDP) zur feierlichen Eröffnung mit wenigen geladenen Gästen und vielen angereisten Pressevertretern. Nun könne eine 1000 Meter lange "echte Fußgängerzone" in der Kaiserstraße entstehen. 

OB Mentrup schwärmt von "neuem Karlsruhe"

Dort hatten sich bis Sonntag noch die gelben Straßen- und Stadtbahnen gestaut. Um 0 Uhr, zum Fahrplanwechsel der Deutschen Bahn, war damit Schluss. Alle Bahnen sollen fortan unterirdisch fahren. Das soll die Sicherheit für Fußgänger in der Innenstadt erhöhen und neue Möglichkeiten für die Stadtplanung eröffnen, wie Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) sagte: "Die Kombilösung ist viel mehr als die Inbetriebnahme eines neuen unterirdischen Angebots, das ist ein neues Karlsruhe, das sich in wunderbarer Weise weiterentwickeln kann." Mentrup erhofft sich auch einen Schub für den Einzelhandel. Dieser definiere sich schon lange nicht mehr über Verkaufsfläche, sondern vielmehr über Erlebnisqualität in der Stadt. Diesen Trumpf könne man jetzt nachziehen und mit "aller Kraft daran weiterarbeiten, Karlsruhe zu einem Magnet für die Region und Besucher aus Frankreich zu entwickeln".

Lange Zeit gab es heftige Kritik an dem Projekt

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ging auch auf die Kritik ein. "Das war ein hochumstrittenes Projekt mit heftigen Diskussionen", so Hermann, auch seine Partei sei nicht begeistert gewesen. Doch die Sicht des Ministers hat sich inzwischen geändert: "Wow, so schön können Haltestellen sein", eröffnete er sein Statement. Er sei inzwischen überzeugt davon, dass das Projekt für den Verkehr und die Aufenthaltsqualität etwas bringe. Die Trennung der Verkehrsströme von Fußgängern und Stadtbahnen sei unter Sicherheitsaspekten sinnvoll. Auch die Kostensteigerung sei nicht verwunderlich. Die Kombilösung war am Ende dreimal so teuer wie geplant. 60 Prozent der Kosten wurden vom Bund finanziert, das Land übernahm 20 Prozent, für den Rest muss die Stadt Karlsruhe aufkommen. "Es gibt fast kein Projekt dieser Größenordnung, das nicht erheblich teurer geworden ist und nicht länger gedauert hat", sagte der Minister. Schließlich habe man bei der Planung auch noch nicht mit den Kosten von 2021 kalkulieren können. Es habe sich jedenfalls "in der Summe gelohnt", so Hermann weiter, die Kombilösung sei "ein Jahrhundert-Projekt" - und ein solches werde sicher so schnell nicht mehr gebaut.

Am Nachmittag fahren die ersten Bahnen unter die Erde

Nach dem Festakt stand die eigentliche Inbetriebnahme an. Ab 14 Uhr wurden die Bürger in die Haltestellen hinabgelassen, ab 14.30 Uhr fuhren die ersten Bahnen unter der Erde. Schon am Morgen waren zahlreiche Fotografen im Stadtgebiet unterwegs gewesen. Sie hatten die gelb leuchtenden U-Symbole abgelichtet, die auf die neuen Haltestellen hinweisen und die letzten Fahrten der Stadtbahnen durch die Kaiserstraße dokumentiert.

Fragezeichen bei Weiterentwicklung der Kaiserstraße zur Fußgängerzone

Die Weiterentwicklung der zentralen Kaiserstraße zu einer Fußgängerzone dürfte Jahre in Anspruch nehmen - wobei auch noch nicht alle Fragen geklärt sind. So müssen aus Sicht der Umweltschützer vom BUND sowie des Verkehrsclubs VCD die oberirdischen Schienen angesichts der erwarteten steigenden ÖPNV-Fahrgastzahlen in der Kaiserstraße bleiben.

Geschichte

Am 21. Januar 2010 erfolgte der Spatenstich zum Bau des Stadtbahn- und Straßenbahntunnels, am 21. April 2017 zum Umbau der Kriegsstraße mit einer oberirdischen Gleistrasse und einem darunterliegenden Autotunnel. Dieser wird wegen Materialproblemen erst Ende März 2022 eröffnet. Die Kombilösung besteht aus zwei Komponenten: dem Stadtbahn- und Straßenbahntunnel unter der Kaiserstraße mit einer Länge von 2,4 Kilometern sowie dem etwa 1,2 Kilometer langen Tunnel-Südabzweig vom Marktplatz in die Ettlinger Straße. Zum Projekt gehört auch der Umbau der Kriegsstraße

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