Fußball-Bundesliga
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So sucht der VfB Stuttgart den neuen Nick Woltemade: interne Einblicke in die Transferarbeit 

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Ein Fußball-Bundesligist braucht auch Glück, um mit seinen Neuzugängen erfolgreich zu sein. Aber die Basis wird mit einer Datenanalyse gelegt, auch beim VfB Stuttgart. Kaderplaner Daniel Ebbert und Sportdirektor Christian Gentner geben Einblicke. 

Kaderplaner Daniel Ebbert vom VfB Stuttgart zeigt auf das so genannte Datenradar.
Kaderplaner Daniel Ebbert vom VfB Stuttgart zeigt auf das so genannte Datenradar.  Foto: Öhlschläger Andreas

Daniel Ebbert lacht. Es geht um einen Transfer des spanischen Wunderbubis Lamine Yamal zum VfB Stuttgart. „Wir wollten ihn unbedingt verpflichten, aber Gente hat gesagt, er ist zu teuer.“ 

Gente, das ist VfB-Sportdirektor Christian Gentner. Er ist als langjähriger Spieler und Ex-Kapitän ein bekanntes Gesicht beim Stuttgarter Fußball-Bundesligisten. Daniel Ebbert ist hingegen nur Insidern ein Begriff. Der 36-Jährige ist beim VfB als Kaderplaner ein wichtiger Faktor für den aktuellen und zukünftigen Erfolg. Seine eigene Jobbeschreibung: „Potenziale zu identifizieren, die in der Bundesliga funktionieren können.“  Ein bisschen plakativer ausgedrückt: „Waffen zu erkennen.“ Am besten frühzeitig, bevor die ganz Großen der Branche enorm viel Geld auf den Tisch legen. 

Obwohl Woltemade in Bremen „Stolpermade“ war, holte ihn der VfB 

Als der VfB im Mai 2024 den ablösefreien Wechsel eines gewissen Nick Woltemade von Werder Bremen nach Stuttgart offiziell verkündete, war das keine große Sache. Der schlaksige Stürmer hatte beim SV Werder den Beinamen „Stolpermade“ verpasst bekommen. Anfangs war Woltemade auch beim VfB nur eine Randfigur.  Aber dann spielte er immer mehr, traf und traf, wurde zum Shootingstar. Ende August 2025 wechselte er als vom FC Bayern München vergeblich umworbener A-Nationalspieler für bis zu 90 Millionen Euro zu Newcastle United.

Das war jetzt eine ganz große Sache. Und ein wirtschaftlich traumhafter Deal für den VfB Stuttgart. Dank des gekonnten Scoutings. Und dank der Entwicklungsarbeit von Trainer Sebastian Hoeneß. „Nick, als er zu uns gekommen ist, war noch weit weg von dem Niveau, mit dem er dann weggegangen ist“, sagt Daniel Ebbert. 

Als er das Trikot des SV Werder Bremen trug, war Nick Woltemade nicht sonderlich aufgefallen. Aber wenn Daniel Ebbert berichtet, „wie wir Spieler verpflichten“,  dann ist der Blick sehr weit gefasst. „Es ist nicht mehr so wie vor 20 Jahren, wo der Scout von Platz zu Platz gezogen ist.“ Es kursiert auf vielen unterschiedlichen Platzformen eine Unmenge an Daten über jeden Spieler. „Sie geben uns ein objektives Bild“, sagt Ebbert. „Stolpermade“ mag in einigen Bremer Partien richtig schlecht gewesen sein. Aber beim VfB Stuttgart schaute man sich intensiv die Daten an, die während der Leihe des jungen Stürmers in der Saison 2022/2023 an die SV Elversberg ermittelt wurden. „Diese Daten haben uns Hinweise gegeben, dass da Qualitäten sind, die sehr gut zu uns passen“, erzählt Daniel Ebbert. Nur 3. Liga. Aber das so genannte Datenradar, das in der Stuttgarter Kaderplanung erstellt wurde, war vielversprechend. 

Nick Woltemade ist auch deshalb zum Shootingstar geworden, weil sein Potenzial beim VfB erkannt wurde, weil die Entwicklungsprognose stimmte und er sehr gut zu den Spielideen von Trainer Hoeneß passte. Kaderplaner Ebbert zeigt das Datenradar von Woltemades Stuttgarter Zeit direkt neben dem der Elversberg-Leihe. „Da sieht man viele Parallelen.“ 

In der Sommer-Transferphase kamen viele junge Offensivspieler nach Stuttgart

Auch in der vergangenen Sommer-Transferphase sind beim VfB wieder junge, entwicklungsfähige Offensivkräfte geholt worden. Der 21-jährige Bilal El Khannouss hat sich mit seinen wichtigen Toren und feinen Ballaktionen bereits in den Vordergrund gespielt. Badredine Bouanani (20) ist als Rechtsaußen  noch nicht ganz in der Bundesliga angekommen. Und Noah Darvich (19) zeigt sein Können bisher in der Drittliga-Mannschaft des VfB. Aber die Entwicklungs-Zuversicht ist groß. „Wir haben viele Spieler in einem Alterssegment zwischen 19 und 23, die ihren Peak noch nicht erreicht haben“, sagt Sportdirektor Christian Gentner. 

Nicht alle Hoffnungen erfüllen sich.  Im harten Profigeschäft können Potenziale auch zerrieben werden. „Es gehört auch Glück dazu“, sagt Daniel Ebbert. „Da kommt ein Spieler und dann verletzt er sich. Oder er fühlt sich nicht wohl, oder seine Frau und Kinder fühlen sich nicht wohl. Auch das sind Faktoren.“ 

Faktoren, die auch die besten Scouts und Kaderplaner nicht voraussagen können, denn „es sind Menschen“, die da anhand von Daten analysiert und bewertet werden. „Unsere Aufgabe ist es, Wahrscheinlichkeiten zu maximieren“, betont Daniel Ebbert. „Das bedeutet nicht 100 Prozent.“ 

Was kann die KI? Die menschliche Komponente kann sie nicht ersetzen 

Um die menschliche Komponente möglichst stark einfließen zu lassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Da ist zum Beispiel der Faktor Sebastian Hoeneß. „Wir verpflichten keinen Spieler, mit dem der Trainer nicht gesprochen hat“, berichtet Sportdirektor Christian Gentner. Zudem werden Informationen über einen potenziellen Neueinkauf zusammengetragen. „Wer kennt jemand, der den Spieler gut kennt? Wir nutzen auch die sozialen Medien ein bisschen, um über Spieler etwas zu erfahren“, sagt Gentner. 

Es ist ein Prozess, in dem womöglich die Künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle spielen wird. Aber KI-Tools zeigen nur an, was sie im Internet finden, was ihnen an Fakten und Daten zur Verfügung steht. Der menschliche Faktor bleibt außen vor, auch das Gefühl für einen Spieler, das sich jenseits von Statistiken bei Live-Begutachtungen entwickelt. Jetzt lacht Christian Gentner. „Noch brauchen wir den Daniel.“  

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