Stefan Luitz und seine Rückkehr an den Ort des leidvollen Glücks
Die Sauerstoff-Affäre von Beaver Creek und ihre Folgen für den Skiweltverband sowie den Deutschen Skiverband - Vor einem Jahr hat der Skiprofi aus dem Allgäu sein erstes Weltcup-Rennen gewonnen.

Stefan Luitz mag Beaver Creek. Mit dem Wintersportort in den Rocky Mountains, wo der Weltcup dieses Wochenende Station macht, verbindet der 27-jährige Skiprofi "sehr schöne Erinnerungen. Ich konnte hier zwei Podestplätze erreichen. Mir taugt der Hang. Natürlich gibt es auch diese andere Geschichte aus Beaver Creek, aber die ist abgeschlossen." Diese andere Geschichte hat den Skisport ein bisschen verändert. Vor allem die Strukturen beim Deutschen Skiverband (DSV). Und natürlich das Leben von Stefan Luitz. Diese andere Geschichte: Die Sauerstoff-Affäre sei das Schlimmste gewesen, sagt Stefan Luitz, "was ich in meinem Leben erlebt habe." Und das will was heißen.
Der junge Mann vom SC Bolsterlang hat als tragische Figur Karriere gemacht: Da ist der Einfädler im letzten Tor des ersten Riesenslalom-Durchgangs nach Sensationsfahrt bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi und da sind zwei Kreuzbandrisse. Im ersten Riesenslalom-Rennen nach dem zweiten Knie-Super-Gau gewinnt Stefan Luitz am 2. Dezember 2018 sensationell sein erstes Weltcup-Rennen. "Das war das schönste Gefühl, das ich je gehabt habe", hat sich Luitz kürzlich beim Weltcup-Auftakt in Sölden erinnert.
Luitz: Mein Name ist mit Doping in Verbindung gebracht worden
Doch der Rückkehrer hatte vor dem zweiten Lauf Sauerstoff inhaliert, was gegen die Antidopingregeln des Skiweltverbandes Fis verstieß - nicht jedoch gegen die der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada. Luitz wurde Wochen später disqualifiziert. War das vergleichbar mit dem Olympia-Einfädler? Nein, sagt Luitz. "Weil in den Medien mein Name mit Doping in Verbindung gebracht worden ist. Das ist das Schlimmste, was passieren kann."
"Mir tut Stefan leid", sagte der Österreicher Marcel Hirscher, der Zweiter geworden und nachträglich zum Sieger erklärt worden war, seinerzeit dem Radiosender Ö 3. "Als Athlet verlässt du dich darauf, was Trainer, Ärzte und Verantwortliche sagen. Wenn Stefan das gewusst hätte, hätte er es bestimmt nicht gemacht." Luitz war schlecht beraten.
Legitimer Nachfolger von Felix Neureuther
Das ist der (Sauer-)Stoff, aus dem die Tränengeschichten sind: Luitz war in der Folge auf der Piste völlig von der Rolle, zog sich im Januar in Adelboden eine Schulterverletzung und bei der WM im Februar einen Innenbandriss zu. Im März zog der Sportsoldat vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas (Luitz: "Ich wollte den Kampf schon aufgeben") - und holte zum zweiten Mal seinen ersten Sieg. "Jetzt habe ich hoffentlich alles erlebt, was man an negativen Sachen erleben kann", sagt der legitime Nachfolger des zurückgetretenen Felix Neureuther.
Fis und DSV haben heimlich, still und leise ihre Lehren gezogen. Man merkt, dass Wolfgang Maier, Sportdirektor Alpin im DSV, keine Lust auf die Beantwortung dieser Frage hat - weil der DSV versagt, der Antidopingbeauftragte des Verbandes falsch gelegen hat. "Wir haben eine neue Struktur in den DSV eingezogen, ein neues Informationssystem, eine neue Feedbackthematik für alle Disziplinen." Die Verteilung der Informationen, was sich am Reglement verändert hat, sei optimiert worden.
Verboten sind: Kartuschen, Flaschen, Zelte, Atemmasken
Was die Fis geändert hat: "Die hat es sich leicht gemacht", sagt Maier, lacht und spricht von einer Watschn für den Weltverband. Das Thema falle nicht mehr unter Doping, sondern sei nun in der Wettkampfordnung verankert. Und es gehe nicht mehr um Sauerstoff ("Den können sie ja nicht verbieten, weil er nicht auf der Dopingliste steht"), sondern um Flaschen: Die Fis habe genau beschrieben, was sie am Wettkampfort, auch im Langlauf oder Biathlon, nicht mehr sehen will: "Kartuschen, Flaschen, Zelte, Atemmasken."
Stefan Luitz hat einen Schlussstrich gezogen und sagt vor dem Riesenslalom am Sonntag: "Ich freue mich jetzt auf das Rennen." Schließlich mag er Beaver Creek.