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Dem Kreuzbandriss den Kampf angesagt

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Der Deutsche Skiverband hat neuerdings ein revolutionäres Reha-Management und ein Vorbeugeprogramm. Marlene Schmotz ist der prominente Neuzugang der im Moment 15,16 zu betreuenden Athleten.

Gut gelaunt am 29. Dezember in Lienz: Marlene Schmotz, hier im Gespräch mit Wolfgang Maier, ist zuletzt so gut wie noch nie gefahren. Foto: imago images/GEPA pictures
Gut gelaunt am 29. Dezember in Lienz: Marlene Schmotz, hier im Gespräch mit Wolfgang Maier, ist zuletzt so gut wie noch nie gefahren. Foto: imago images/GEPA pictures  Foto: GEPA pictures/ Harald Steiner via www.imago-images.de

Jetzt also Marlene Schmotz. Schon wieder. Am Samstag vor einer Woche hat sich die Skirennfahrerin beim Weltcup-Slalom in Zagreb das vordere Kreuzband im rechten Knie gerissen. Das ist schmerzhaft. Für die Athletin, die 2017 schon einen Kreuzbandriss im linken Knie hatte. Und den Deutschen Skiverband (DSV), dem immer wieder Athleten aus dem Spitzensport gerissen werden. "Wir haben die meisten Verletzungen im DSV", sagt Sportdirektor Wolfgang Maier, der für die Alpinen und die Skicrosser in der Verantwortung steht.

Der 59-Jährige hat in den vergangenen Jahren allen Grund zum Jammern gehabt - und deshalb gehandelt: "Wir haben ein Rehabilitationsmanagement eingezogen, zwei Leute eingestellt." Und es gibt mittlerweile ein Vorbeugeprogramm, "damit uns diese Heftigkeit der Verletzungen nicht mehr passiert", wie Wolfgang Maier sagt. "Ich wüsste keinen Verband, der das so professionell aufgesetzt hat wie wir. Und keinen, der so heftige Verletzungen hat wie wir."

Mit Thomas Dreßen fing vor etwas mehr als einem Jahr alles an. "Kreuzband, Innenmeniskus, Außenmeniskus, Knorpel, Innenband, alles kaputt", zählt der Kitzbühel-Sieger auf, was am 30. November 2018 beim Sturz in Beaver Creek mit seinem rechten Knie passiert ist. Auch Speedkollege Andreas Sander riss sich wenige Wochen später das Kreuzband im rechten Knie - "nur" das Kreuzband. Waren beide gemeinsam in der Reha? "Nur kurz", erklärt Thomas Dreßen: "Wir haben komplett unterschiedliche Sachen gehabt." Wolfgang Maier weiß: "Eine Knorpelverletzung muss anders behandelt werden als eine zusätzliche Bandverletzung. Wer ist marktführend? Zu welchem Therapeut geht man?"

Marlene Schmotz. Foto: imago images/GEPA pictures
Marlene Schmotz. Foto: imago images/GEPA pictures  Foto: GEPA pictures/ Matic Klansek via www.imago-images.de

Es geht um Effizienz der Rückführung

Die Reha-Manager Annika Stolz und Gerald Mitterbauer kümmern sich um alles, so der Sportdirektor, um das Beste für jeden Einzelnen herauszuholen: Es geht um die Kommunikation zwischen Ärzten, Physiotherapeuten, Athlet und Trainern. Es geht um Effizienz in der Rückführung. Nicht zu vergessen: "Es geht auch darum, dass der DSV die Athleten nicht hängen lässt", sagt Wolfgang Maier. "Auch der Kopf muss heilen." War das früher nicht auch so? "Die Begleitung eines verletzten Athleten war davor nicht so ausgeprägt."

Im Moment seien 15, 16 Athleten im Reha-Programm (Maier: "Ausschließlich Alpine und Skicrosser aus diversen Kadern - aber wir agieren diziplinenübergreifend, auch Skispringer könnten das Programm nutzen"). Neuzugang Marlene Schmotz ist noch nicht operiert, das dicke Knie muss erst noch abschwellen. "Dann kann ich in München operiert werden", hat die 25-jährige, die sich 2015 das rechte Sprunggelenk gebrochen hatte, am Dienstag dem "Münchner Merkur" gesagt. "Ich muss nach vorne schauen, es bringt nichts, sich zu viele Gedanken zu machen."

Alle 85 Athleten durchlaufen zweimal im Jahr ein Screening-Programm

Beim DSV haben sie sich viele Gedanken gemacht. "Alle Physiotherapeuten müssen sich Schulungen unterziehen, damit alle über die gleichen Dinge reden", sagt Wolfgang Maier. Und um vorzubeugen, "müssen alle unsere 80 bis 85 Athleten von 16 Jahren weg zweimal im Jahr ein spezielles Screening-Programm durchlaufen". So werde versucht, frühestmöglich muskuläre Dysbalancen und Defizite zu erkennen. Fast eineinhalb Jahre habe es gedauert, "bis wir genau wussten, was wir sehen wollen, wie man das messbar machen kann und bis wir die richtigen Übungen rausgefunden haben", so Maier.

Egal ob Rumpfmuskulatur, Beinmuskulatur oder Achsenstabilität: Beim Vergleich der individuellen Werte mit den Durchschnitts- und Spitzenwerten spucke das Programm sofort Übungen aus, um das potenzielle Problem wegtrainieren zu können. "Das ist schon ein Quantensprung", sagt Wolfgang Maier, "Für uns ist das eine strategisch entscheidende Investition." Die der Funktionär aber nicht beziffern kann, auf zusätzliche 60 000 Euro im Jahr schätzt. Was für Wolfgang Maier klar ist: "Körperlich sind wir im alpinen Skisport komplett an der Leistungsfähigkeit des Menschen angekommen." Das Kreuzband scheint das schwächste Glied in der Kette zu sein.

 
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