Praia (dpa)
Lesezeichen setzen Merken

Blaue Haie vor WM-Debüt: Ein Sieg bis zum Ausnahmezustand

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Usbekistan und Jordanien sind schon bei der Fußball-WM dabei - an diesem Mittwoch könnte Kap Verde folgen. Über den Inselstaat und seine Fans, die einen Quali-Erfolg feiern wie einen Titel.

Von Patrick Reichardt, dpa
Grund zum Jubeln: Kap Verde hat zwei Matchbälle für das WM-Ticket. (Archivbild)
Grund zum Jubeln: Kap Verde hat zwei Matchbälle für das WM-Ticket. (Archivbild)  Foto: Themba Hadebe/AP

Was hat Fußball-Zwerg Kap Verde den viermaligen Weltmeistern Deutschland und Italien voraus? «Einen sorgenfreien Herbst und ein sicheres WM-Ticket für 2026» könnte schon bald die Antwort lauten. Was klingt wie ein Witz, dürfte in den kommenden Tagen Realität werden. Dem Inselstaat aus Afrika - so viele Einwohner wie Duisburg und nur etwas größer als das Saarland - fehlt noch ein Sieg, um sich erstmals für eine WM zu qualifizieren.

Es ist eine Premiere, die in dem sonnigen Urlaubsdomizil mit großer Euphorie herbeigesehnt wird. Denn schon beim vorletzten Schritt, einem 1:0 gegen den Favoriten Kamerun, rasteten die Fans im Nationalstadion der Hauptstadt Praia im September vollkommen aus. Anhänger stürmten mit Abpfiff das Feld und rannten - teilweise mit brennenden Bengalo-Fackeln in der Hand - unkontrolliert über den Rasen. Die Szenerie glich einer großen Titelparty.

Zwei Matchbälle für ein WM-Ticket

Während Deutschland und Italien nach einem Fehlstart komplizierte Rechenspiele sowie sogar ein Umweg über die Playoffs im Frühjahr 2026 drohen, ist die Rechnung für Kap Verde einfach: ein Sieg in Libyen am Mittwoch (15.00 Uhr) und das Ticket für das erstmals im XXL-Format mit 48 Teams ausgetragene Turnier ist gebucht. 

Bei einem Patzer gibt es am kommenden Montag im Heimspiel gegen das bislang sieglose Eswatini eine zweite Chance. Die WM-Teilnahme ist den Kapverdiern also kaum noch zu nehmen. Spätestens dann dürfte auf den insgesamt neun bewohnten Inseln des Staates der Ausnahmezustand herrschen. Mit Usbekistan und Jordanien haben weitere Außenseiter-Nationen bereits das Ticket gelöst.

«Man sieht, wie glücklich, stolz und aufgeregt all die Menschen hier sind. Hoffentlich können wir sie in der kommenden Woche noch etwas stolzer machen», sagte Kap Verdes Verteidiger Steven Moreira, der mit seinen «Blue Sharks» (Blaue Haie) unbedingt zu dem Turnier in die USA, nach Mexiko und Kanada reisen möchte. Routinier Moreira (31) kennt den Fußball in Amerika, er spielt seit vier Jahren in der dort ansässigen MLS.

Wertvollster Spieler fehlt nach Kreuzbandriss

Kap Verde stellt ein Fußball-Ensemble der Namenlosen, das in seiner derzeitigen Besetzung in Summe einen Marktwert in Höhe des Wolfsburger Verteidigers Konstantinos Koulierakis aufweist. Zwar haben frühere Fußball-Größen wie der Schwede Henrik Larsson oder Frankreichs Patrick Vieira Vorfahren in dem Staat - sie spielten allerdings nie für Kap Verde.

Größter Name des heutigen Teams ist Logan Costa, Stammspieler beim spanischen FC Villarreal. Costa ist 1,90 Meter groß und fehlt aktuell wegen eines im Juli erlittenen Kreuzbandrisses. Bis zur WM (11. Juni bis 19. Juli 2026) sollte der 24 Jahre junge Abwehrchef zurück sein.

Wie einst Haiti oder Trinidad & Tobago

Gemessen an der Einwohnerzahl könnte Kap Verde zum zweitkleinsten Teilnehmer der WM-Geschichte werden - nach Island, das 2018 in Russland debütiert hatte. «Es ist unglaublich. Die Stimmung ist verrückt», sagte Moreira. Er geht davon aus, dass sich eine WM-Qualifikation auch abseits des Sports positiv für die Inseln auswirken könnte. «Alles würde sich ändern. Mehr Menschen werden kommen und sehen, wie schön das Land ist», sagte er.

Wie 1974 Haiti, 1998 Jamaika oder 2006 Angola sowie Trinidad & Tobago könnte Kap Verde die Wohlfühl-Geschichte eines Außenseiters beim wichtigsten Event des Weltfußballs werden. Drei WM-Vorrundenspiele in imposanten Arenen wären bei erfolgreicher Qualifikation garantiert. 

Und Pedro Leitao Brito - Spitzname Bubista - würde endgültig zur nationalen Fußball-Legende aufsteigen. Als Nationaltrainer verantwortet er seit 2020 das Ensemble. Nun wartet die vorläufige Krönung. «Ich träume schon lange davon, den Afrika-Cup zu gewinnen und mich mal für die WM zu qualifizieren», sagte Bubista. Einen der beiden Träume kann sich der ehemalige Nationalspieler und Kapitän nun verwirklichen.

Nationaltrainer Bubista steht vor seinem größten Erfolg. (Archivbild)
Nationaltrainer Bubista steht vor seinem größten Erfolg. (Archivbild)  Foto: Themba Hadebe/AP
Müssen noch länger um die WM zittern: Joshua Kimmich. (Archivbild)
Müssen noch länger um die WM zittern: Joshua Kimmich. (Archivbild)  Foto: Christian Charisius/dpa
  Nach oben