Operation Klassenverbleib
Fussball - Warum sich Cacau trotz Schmerzen in Stuttgart wohl fühlt
Fussball - Es gab Zeiten in dieser Saison, da hätte Cacau womöglich länger nachdenken müssen. Doch immer, wenn er gefragt wurde, ob er sein Bleiben bereut habe, antwortete er sofort: "Nein. Meine Familie und ich fühlen uns hier wohl. Und ich fühle mich beim VfB wohl." Doch so wohl wie in diesen Tagen hat sich der Deutsch-Brasilianer schon lange nicht mehr beim VfB Stuttgart gefühlt. Wenn nur nicht diese permanenten Schmerzen in der Leiste wären. Zwei Tore hat der Stürmer beim 3:0 gegen den Hamburger SV erzielt, damit seine seit dem 13. November (3:3 in Kaiserslautern) dauernde Torflaute beendet und seine Mannschaft einen Riesenschritt in Richtung Verbleib in der Bundesliga geführt. Der nächste Schritt soll an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei 1899 Hoffenheim gelingen.
Die Tore gegen den HSV und der gesamte Auftritt waren auch die Bestätigung dafür, dass es richtig war, die notwendige Operation an der sogenannten weichen Leiste zu verschieben. Zumindest aus sportlicher Sicht. Aus medizinischer, wurde ihm versichert, "kann es zumindest nicht schlimmer werden", wie Cacau berichtet. So biss er sich durch, trat im Training kürzer, nahm "alles mögliche Zeug" gegen die Schmerzen − und verdrängte den gesunden und zuvor bei Trainer Bruno Labbadia gesetzten Pawel Pogrebnjak auf die Bank.
Explosion
Warum Cacau gegen die müden Hamburger so explodierte, vor Spielfreude sprühte und vor seinen beiden Treffern Sprints hinlegte, als sei seine Leiste aus Hartgummi, konnten weder der Trainer noch der Spieler erklären. Labbadia aber hatte Cacau auch gelobt, als diesem die Verunsicherung bei jeder Ballberührung anzusehen war. Nach dem Spiel in Frankfurt Ende Februar (2:0) etwa, als der Stürmer mangels Alternativen 45 Minuten lang durchhalten musste, verteidigte er ihn leidenschaftlich gegen jede Kritik: "Nicht jeder hätte sich so für die Mannschaft eingesetzt", sagte er damals. Cacau nahm schlechte Noten in Kauf, weil er gebraucht wurde.
Wobei für den 30-Jährigen Diskussionen über seine Person nichts Neues sind. Irgendwann steht man da drüber. Als er in der Schlussphase der vergangenen Saison Tor um Tor für den VfB erzielte und ihn damit mit in den internationalen Wettbewerb schoss, die Vereinsführung seinen Vertrag aber nicht um jeden Preis verlängern wollte, schimpften die Leute. So laut, dass Cacau, der seit 2003 für die Stuttgarter stürmt, doch ein Kontrakt nach seinen (finanziellen) Wünschen unterbreitet wurde. Den er sofort unterschrieb.
Stammtisch
Viele der Leute, die damals vehement sein Bleiben forderten, meckerten später: "Wie konnte man nur . . ." Cacau treffe nur, wenn gerade Verhandlungen für einen neuen Vertrag anstünden, wurde am Stammtisch geschimpft. Tatsächlich startete der WM-Teilnehmer genauso schwach in die Runde wie die gesamte Stuttgarter Mannschaft. Auch wenn er immerhin fünf Bundesliga-Treffer erzielte, bis seine Verletzung ihn immer mehr hemmte, stand er stets besonders in der Kritik. Die Erwartungen waren nach dem Vertragstheater eben größer als bei den meisten Kollegen.
Gegen den HSV erzielte Cacau seine Saisontreffer Nummer sechs und sieben, womit er mit nun insgesamt 69 Toren für den VfB mit dem jetzigen Sportdirektor Fredi Bobic gleichzog. Den Gradmesser der 13 Treffer aus der vergangenen Saison wird Cacau aber nicht mehr erreichen − wobei er ja längst nicht der einzige im Team ist, der dem Vergleich zur Vorsaison nicht standhält.