Nico Guldan und sein Traum von einer Medaille bei den Gehörlosen-Weltspielen
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Golfer Nico Guldan aus Zweiflingen startet bei den Deaflympics in Tokio. Der 26-Jährige will in Japan die letzte Lücke in seiner Medaillensammlung schließen.
Arbeiten seit etwa einem Jahrzehnt zusammen: Nico Guldan (rechts) hat sich mit Pro Sebastian Kübler professionell auf die Deaflympics vorbereitet.
Foto: Stefanie Wahl
Ein Schnappschuss, der die gute Laune einfängt. Alle tragen die gleichen Turnschuhe, schwarzen Trainingshosen und weißen Jacken, auf denen in Brusthöhe groß Germany steht. Darüber prangt der Bundesadler. Das Outfit, das im Leitfaden des Verbandes festgeschrieben steht. Mitten in der Runde strahlt Nico Guldan.
Am Mittwoch ist der Zweiflinger vom Golf-Club Heilbronn-Hohenlohe nach Tokio geflogen. Beim Besuch von Martin Huth, dem stellvertretenden Leiter der deutschen Botschaft in Japan, ist er ebenso dabei gewesen wie im Gewimmel der Athleten aus zwölf Sportarten am Samstag bei der opulenten Eröffnungsfeier. Akklimatisieren in Asien, Atmosphäre einsaugen rund um die Deaflympics, die olympischen Spiele der Gehörlosen.
Nico Guldan will sich bei den Deaflympics in Tokio in Bestform zeigen
Während in der Heimat die Meisterschaften längst gelaufen sind, steht für Nico Guldan der Saisonhöhepunkt erst noch an. Mit seinem Trainer Sebastian Kübler hat sich der 26-Jährige seit September professionell auf die Besonderheiten des Platzes im Wakasu-Kaihin-Park mit Blick auf das Meer wie die Skyline der Millionen-Metropole eingestellt – auch dank der Mithilfe von Nationaltrainer Heiko Burkhard.
„Nico kann total frei und ohne Stress aufspielen. In seiner momentanen Verfassung kann da was gehen.“
Sebastian Kübler
„Er macht eine tolle Vorarbeit“, sagt Sebastian Kübler und belegt dies mit Fotos auf seinem Smartphone. Distanzen vermessen, die Grassorten und Winde eruieren. So hat sich das Duo in Friedrichsruhe sukzessiv Schläge und Strategien erarbeitet, dass Nico Guldan von diesem Dienstag an auf den drei Runden Top-Scores hinlegt – und sich auch im Team-Event am Freitag in Bestform präsentiert.
Der Stachel mit Platz vier in Brasilien 2022 piesackt Nico Guldan noch immer
„Das sind alles Jungs, die schon mal Weltmeister oder Olympiasieger gewesen und teils Profis sind“, sagt Sebastian Kübler über die Erfolgsaussichten. „Aber Nico kann total frei und ohne Stress aufspielen. In seiner momentanen Verfassung kann da was gehen.“ Vor drei Jahren bei den – wegen Corona um ein Jahr verschobenen – Deaflympics in Brasilien ist der nationale Titelträger, Europa- und Weltmeister Vierter geworden.
Einmarsch der deutschen Mannschaft bei der Eröffnungsfeier in Tokio.
Foto: DGSV
Ein Stachel, der Nico Guldan noch immer piesackt: „Weil es die einzige Medaille ist, die mir in meiner Gehörlosen-Karriere noch fehlt.“ Der Hohenloher zählt – wie sein Teamkollege Allen John, Gold-Gewinner von 2022 – zum Kreis der Favoriten und weiß: „Die Anderen sind nicht unschlagbar.“ Sein Traum: Die letzte Lücke im Erfolgskreis schließen.
Hobby-Fußballer, der eine Weiterbildung zum Maschinenbautechniker macht
Wenngleich nicht alle eine Dreifachbelastung mit Job, Schule und Golf zu wuppen haben wie Nico Guldan, der neben seiner Arbeit bei Gemü eine Weiterbildung zum Maschinenbautechniker macht. Daher ist der Hobby-Fußballer in den Herbstferien für fünf Tage mit der Familie, die ihn wie auch seine Freundin Annika stets unterstützt, nach Cannes gefahren. Trainieren. Bei angenehmen Temperaturen den perfekten Rhythmus finden, das hat ihm, wie seinem Spiel gutgetan.
Guldan spürt, dass der stressige Alltag ihm auf dem Platz mitunter die gewisse Leichtigkeit raubt, regelmäßig 4 oder 5 unter Par zu spielen. Umso bemerkenswerter ist, dass er sein Score hält, bei den deutschen Meisterschaften Zehnter und bei den deutschen Lochspiel-Meisterschaften Neunter geworden ist. „Ich habe mich noch gegen die Jungen behauptet“, sagt Guldan und grinst.
Von Geburt an gehörlos, doch eine elektronische Prothese hilft
Er ist zwar von Geburt an gehörlos, doch sein erstes Cochlea-Implantat (CI) – eine elektronische Prothese, die ihm das Hören ermöglicht – hat er mit 18 Monaten bekommen; das zweite mit etwa drei Jahren. Bei den Deaflympics ist das CI im Wettkampf nicht erlaubt. „Wenn 50 Minuten vor dem Start mein Warm up für die Runde beginnt, nehme ich es ab“, sagt Nico Guldan. Dann hört er weder den Wind noch andere Geräusche auf und neben dem Platz.
Seit 2001 vom IOC anerkannt
Die Deaflympics sind die älteste internationale Multisportveranstaltung für gehörlose Athleten. Sie wurden erstmals 1924 ausgetragen und finden seither alle vier Jahre statt. Sie bieten weltweit – abwechselnd als Sommer- und Winterspiele – eine Bühne für Spitzensportler, die durch ihre Hörbeeinträchtigung verbunden sind. Die Teilnahme setzt eine erhebliche Einschränkung des Hörvermögens voraus. Die Kommunikation erfolgt während der Wettkämpfe überwiegend über Gebärdensprache und visuelle Signale. Die Deaflympics stehen auch für Inklusion und Gleichberechtigung.
Die Spiele hießen zunächst Silent World Games for the Deaf („Stille Weltspiele der Gehörlosen“), später Gehörlosen-Weltspiele. Nachdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Veranstaltung 2001 anerkannt hat, wird sie als Deaflympics bezeichnet, eine Wortzusammensetzung aus deaf (Englisch für „taub“) und Olympics („Olympische Spiele“).
Nico Guldan geht das Abenteuer Japan gelassen an. Sein Motto: Kräfte sparen fürs Wesentliche. Mit Sebastian Kübler steht er – wie immer bei Großereignissen – im Austausch. Poppt mal ein Problem auf, schildert er dem Vertrauten in der Heimat die Situation oder schickt ein Video seines Schwungs. „Manchmal bin ich im Tunnel und sehe nicht, dass es an einer Kleinigkeit liegen könnte“, sagt Nico Guldan, „aber Basti weiß, was in meiner Vergangenheit schon häufiger ein Problem war.“
„Manchmal bin ich im Tunnel und sehe nicht, dass es an einer Kleinigkeit liegen könnte.“
Nico Guldan
Zurück kommen stichpunktartig Hilfen – und stets motivierende Worte. Wertschätzung hier wie dort. Nico Guldan betont: „Wo ich heute stehe, da bin ich auch dank meinem Trainer. Er hat dafür gesorgt, dass mein Golfspiel ein immer neues Niveau erreicht hat. Ich wäre nicht so gut, wenn er nicht so viel Leidenschaft für mich gegeben hätte.“
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