Vielfach geehrter Fachmann
"Mister Eberstadt" Peter Schramm ist tot
Der Gründer des internationalen Hochsprung-Meetings in Eberstadt und langjährige Sportdirektor Peter Schramm ist mit 81 Jahren gestorben. Der Leichtathletik-Trainer und Kenner hinterlässt ein Lebenswerk und tiefe Spuren in der Leichtathletik.

Die Geste ist zu Herzen gegangen. Allen, die sie an diesem sonnigen Sonntag Mitte Juli auf dem Heilbronner Marktplatz miterlebt haben. Ein Händedruck als stilvolles Dankeschön. Eine Umarmung als Zeichen der Hochachtung. Einige Worte unter alten Bekannten als Wertschätzung einer Lebensleistung. Mutaz Essa Barshim ist nach seinem Sieg bei Hochsprung Heilbronn zu Peter Schramm gelaufen. Der Olympiasieger aus Katar würdigt auf seine Weise jenen Mann, der auf einem Podest im Rollstuhl sitzt und mit dem ihn auch nach Jahren eines verbindet: die Leidenschaft für den Hochsprung.
Peter Schramm verliert seinen härtesten Wettkampf
Eine Geste mit unschätzbarer Wirkung. „Das war der absolute Hammer. Jetzt geht es mir sehr sehr viel besser als noch vor zwei Tagen“, sagt Peter Schramm an diesem 14. Juli mit Stolz in der etwas brüchigen Stimme. Wer ihn kennt, hat geahnt, wie wertvoll diese Momente für ihn gewesen sind. Ein Booster in einer Zeit, in der seine schwere Krankheit schon mit Wucht an ihm gezehrt hat. Am Dienstagabend ist Peter Schramm gestorben. Mit 81 Jahren im Kreise der Familie. Mister Hochsprung hat seinen härtesten und unfairsten Wettkampf verloren.
Große Trauer in der Region, national und in der Welt

Die Trauer ist groß. In der Region. Im Land. In der Welt. Denn Peter Schramm hat 1979 nicht nur die Idee gehabt, das neu gebaute Kleinspielfeld in Eberstadt mit einem Hochsprung-Meeting einzuweihen. Vielmehr hat der damalige Sport- und Religionslehrer mit viel Herzblut, Engagement und Ausdauer daraus eine Weltklasse-Veranstaltung geformt. Vier Jahrzehnte lang sind die Besten der Besten gekommen. Weil es stets um ein wenig mehr als Höhen und Huldigungen gegangen ist. „Springen und Geld dafür kriegen, kann man überall“, hat Wolfgang Kreißig einst gesagt, „was Eberstadt einzigartig macht in der Welt, ist die familiäre Atmosphäre, das Menschliche. Und dass der Athlet noch im Mittelpunkt steht.“ Von A wie Artur Partyka (Sieger 1996) bis Z wie Zhu Jianhua aus China, der 1984 mit 2,39 Meter einen von zwei Weltrekorden gesprungen ist – dieses Ambiente haben sie alle geliebt. Auch Mutaz Essa Barshim, der 2014 mit 2,41 Meter die höchste Höhe am Fuße des Eberfürst feiert.

Vom Kriegskind zum Ehrenbürger von Eberstadt
Das Meeting hat Eberstadt weltbekannt gemacht – und Peter Schramm, das Kriegskind, zum vielfach ausgezeichneten Ehrenbürger und Handlungsreisenden in Sachen Hochsprung. Ob internationale Kongresse oder der unvergessliche Besuch beim kubanischen Weltrekordler Javier Sotomayor in Havanna, der langjährige Hochsprung-Landes- und Nachwuchs-Bundestrainer hat auch ohne perfekte Englisch-Kenntnisse viel erreicht. Partner haben stets Peter Schramms Zuverlässigkeit geschätzt, Kritiker haben die Hartnäckigkeit der mitunter streitbaren Persönlichkeit zu spüren bekommen. Dem verdienten Trainer, Sportwart und langjährigen Funktionär der TSG Heilbronn wie des Kreises ist es dabei immer um die Leichtathletik gegangen. Ihr hat er ab und an mehr Zeit gewidmet, als sich Ehefrau Monika, die Töchter Ulrike und Cordula wie die vier Enkelsöhne gewünscht haben.
VfB-Fan und Leichtathletik-Fachmann aus Leidenschaft
Um jedes Foto und um jede Zeile hat „ps“ als freier Mitarbeiter der Heilbronner Stimme gekämpft, ist niemals müde geworden in der Sportredaktion nachzuhaken, ob die Leistungen der regionalen Athleten von Eppingen bis Hohenlohe auch ausreichend gewürdigt werden. Selten hat er auch nur über den VfB Stuttgart, seinen fußballerischen Herzensclub, reden mögen. Die Nähe zu dem Verein ist zu seiner Zeit als Landestrainer entstanden, wo er manchen Profi noch in der Stadiongaststätte getroffen hat. Das Schreiben hat seinen Tagen eine klare Struktur gegeben. „Das gebe ich als Letztes auf, das macht mir Spaß“, hat Peter Schramm gesagt – und bis zuletzt daran festgehalten.

Auch nach dem letzten Hochsprung-Meeting 2018, als mit dem 40. Geburtstag die Ära Eberstadts zu Ende gegangen ist, weil der Veranstaltung trotz ihres exzellenten Rufs die Geldgeber gefehlt haben. Das Nachfolge-Event auf dem Heilbronner Marktplatz hat der bekennende Christ intensiv, aber ohne jeglichen Groll verfolgt. Schließlich hat die Crew um den Trägervereins-Vorsitzenden Oliver Blumenstock zu dem Eckpfeilern in Eberstadt gehört. Auch sie sind traurig: „Mit Peter Schramm verlieren wir nicht nur den Gründer und Veranstalter des Internationalen Hochsprung-Meetings in Eberstadt – und ohne dieses würde es das Heilbronner Meeting nicht geben –, sondern auch den Menschen, Freund und sportlichen Partner, der uns alle über Jahrzehnte begleitet hat.“
Trauer-Gottesdienst in Eberstadt
Die Beisetzung von Peter Schramm findet am Freitag, 29. November auf dem Friedhof in Eberstadt statt, zuvor gibt es in der evangelischen Ulrichskirche einen Trauer-Gottesdienst. Ein Tag der Trauer - nicht nur in der Welt des Hochsprungs.
Die Liste der Ehrungen, die Peter Schramm für seine Verdienste um die Leichtathletik erhalten hat, ist lang. Zu den hochwertigsten Auszeichnungen zählen das Bundesverdienstkreuz am Bande (2003) und die Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg in Gold (2008), aber auch der Award des Europäischen Leichtathletik-Verbandes. Geschätzt hat er auch die Geschenke mit Hochsprung-Bezug, wie ein Mouse-Pad mit Meeting-Motiven zum 60. des damaligen Bürgermeisters Timo Frey oder den Sonnenstuhl zum 70. – bespannt mit einem Schrammschen Jubelschrei.