TuSEM Essen: Triste Gegenwart, rosige Zukunft
Zwangsabstieg, Spielerflucht, Schuldenberg: Trotz der tristen Gegenwart und der trüben Aussichten plant der insolvente Handball-Erstligist TuSEM Essen langfristig für bessere Zeiten.
«Spätestens in drei Jahren wollen wir wieder aufsteigen», sagte der Sportliche Leiter Stephan Krebietke. Der Ex-Nationalspieler sieht einen Wendepunkt für den dreimaligen deutschen Meister erreicht. «Wir wollen mit jungen Spielern etwas Neues aufbauen.»
Doch bereits im Hier und Jetzt ist der TuSEM gezwungen, auf die Jugend zu setzen. Noch leicht schimmerte beim 27:28 gegen TSV Dormagen der Name des längst abgewanderten Andrej Siniak durch das Klebeband auf dem Trikot mit der Nummer 22. Statt des weißrussischen Nationalspielers trägt jetzt der 18 Jahre alte Max Krönung den roten Dress auf dem Feld und erzählte euphorisiert vom «geilen Gefühl» Bundesliga. Kürzlich noch A-Jugend-Regionalliga, nun THW Kiel oder TBV Lemgo - eine rasante Entwicklung, die Coach Kristof Szargiej in Nöte bringt: «Die Jugendspieler sind noch nicht soweit. Sie brauchen noch zwei, drei Jahre, um Zweitliganiveau zu erreichen.»
Die personelle Situation droht sich nach sechs Abgängen weiter zuzuspitzen, womit in der Rückrunde herbe Pleiten zu erwarten wären. Szargiej kündigte schon den Abschied der letzten vier Leistungsträger an und berichtete von einer schwierigen Suche nach adäquatem Ersatz: «Ich sitze nur am Telefon, aber es ist nicht einfach.»
Auch während des Insolvenzverfahrens hat der Tabellenletzte die Möglichkeit, eingespartes Geld in neue Spieler zu investieren. Noch im Dezember baute der Verein 100 000 Euro Verbindlichkeiten auf und bezahlte die Gehälter komplett. Insgesamt rechnet Insolvenzverwalter Jens Schmittmann bei der Gläubigerversammlung am 26. Januar 2009 mit einer Forderung von 1,3 Millionen Euro.
Die neue Führung plant in der 2. Liga mit einem Etat von rund einer Million Euro und setzt für die Konsolidierung auf einen Paradigmenwechsel. «Wir werden sehr viel mehr Geld in die Jugendarbeit investieren», kündigte TuSEM-Geschäftsführer Niels Ellwanger an. Dem Lizenzierungsverfahren für die 2. Liga blickt er optimistisch entgegen, ansonsten müsste der Club in der Oberliga starten. «Das wäre ein herber Rückschlag, aber auch nicht das Ende unserer Planungen», sagte Ellwanger.
Damit würde der Stadt Essen der weitere Verlust eines Erstliga- Teams drohen, das in den Niederungen des Amateursports verschwindet. Der Eishockeyclub Moskitos Essen stürzte nach der Insolvenz dieses Jahr in die 4. Liga, die Fußballer von Rot-Weiss Essen versuchen sich wohl vergeblich am Aufstieg in die 3. Liga. Dass sich der Zuspruch jedoch nicht immer nach dem sportlichen Wert bemessen muss, beweisen derzeit die TuSEM-Anhänger. Bei halbierten Eintrittspreisen ist der Zuschauerschnitt seit Anmeldung der Insolvenz gestiegen, gegen Dormagen erschien die Saison-Rekordkulisse von 2630 Besuchern.