Deutsche Handball-Nationalmannschaft feiert WM-Auftakt nach Maß
Nicht geglänzt, die Hausaufgaben aber souverän erledigt: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gewinnt das WM-Eröffnungsspiel in Stuttgart gegen Island mit 32:25. Bundestrainer Gaugisch ist zufrieden.

Die Vorfreude auf die Weltmeisterschaft war den Gesichtszügen von Spielführerin Antje Döll schon im Vorfeld, während den letzten Klängen der Deutschen Nationalhymne, anzusehen gewesen, doch nach 60 kurzweiligen Spielminuten und dem 32:25 (18:14)-Sieg gegen Island strahlte die Linksaußen der Sport-Union Neckarsulm noch ein kleines bisschen mehr mehr: Geschafft. Auftaktsieg. Rückenwind.
Auch dank drei Treffern der 37-Jährigen ist die deutsche Handball-Nationalmannschaft am Mittwochabend in Stuttgart erfolgreich in ihr Heim-Turnier gestartet und ist, ohne spielerisch zu glänzen, wie von ihr gewünscht und erhofft gleich nach dem ersten Spiel auf Hauptrunden-Kurs.
Abtastphase ist nach fünf Minuten beendet
Nur rund fünf Minuten lang hatte die Abtastphase der deutschen Mannschaft in Stuttgart gedauert, dann war die von Bundestrainer Markus Gaugisch zusammengestellte Auswahl auf Betriebstemperatur. Spätestens als Rechtsaußen Jenny Behrend in der zehnten Minute nach einer aufmerksamen Balleroberung von Abwehrspezialisten Aimée von Pereira zum 9:6 traf, war die Mannschaft ebenso wie die Zuschauer in der Porsche-Arena im WM-Modus.
Dabei hatte DHB-Sportvorstand Ingo Meckes rund anderthalb Stunden vor dem Anwurf des Eröffnungsspiels noch ein eher zähes Duell prophezeit: „Es wird heute wahrscheinlich kein Feuerwerk von Beginn an; wir werden uns in das Spiel und das Turnier reinkämpfen müssen“, hatte der Heilbronner geunkt.
Die Mitte ist anfangs der Weg zum Ziel
Auf die deutsche Abwehr, zunächst noch etwas unsortiert, und Torhüterin Katharina Filter, die eine Viertelstunde auf ihre erste Parade warten musste, traf das zu. "Wir waren anfangs alle etwas nervös − auch ich habe heute etwas gebraucht, um ins Spiel reinzukommen − aber zum Ende hin haben wir uns durchgekämpft und es war hier vor 5500 Zuschauern ein mega Gefühl", sagte Filter nach der Partie und sah das damit ganz ähnlich wie Mannschaftskollegin Emily Vogel: "Ich glaube, das ist ganz typisch für ein Auftaktspiel, dass nicht alles über 60 Minuten grandios läuft", sagte die Rückraum-Spielerin. "Wir haben aber über 60 Minuten dominiert und die paar Schwächephasen, die wir vielleicht hatten, schnell wieder versucht umzudrehen."
Auf das Angriffsspiel des DHB-Teams trafen Meckes’ Prophezeiungen allerdings nicht. Dort war die Mitte immer wieder der Weg zum Ziel. Entweder, weil Kreisläuferin Lisa Antl gut in Szene gesetzt wurde oder weil Viola Leuchter von Halbrechts ins Zentrum zog und treffsicher abschloss. Dies hatte einen Fünf-Tore-Lauf zur Folge, der der Mannschaft merklich die nötige Sicherheit gab.
Bundestrainer Gaugisch gefällt seine aktive Abwehr
Mit der Führung im Rücken tat sich der Turniergastgeber leichter, fing allein im ersten Durchgang ein halbes Dutzend Pässe der Isländerinnen ab und hatte bei den nachfolgenden Tempogegenstößen dann – wie Behrend in Minute zehn – leichtes Spiel. "Da haben wir aktiv verteidigt, sind im Passweg und klauen Bälle, die wir dann auch in Gegenstöße umwandeln; das hat mir sehr gut gefallen, weil es in der ersten Hälfte auch die Phase war, in der wir auf vier, fünf Tore wegziehen", analysierte Markus Gaugisch.
Einziges Manko: Der Mannschaft gelang es lange Zeit nicht, entscheidend davonzuziehen. "Die Anzahl der Technischen Fehler, in der ersten Hälfte waren es acht, passieren auf ähnliche Art und Weise, weil wir nicht konsequent in die Lücken ziehen. Wir sind noch nicht ganz in der Lücke, spielen dann aber trotzdem den Ball weg. Das ist eine Erkenntnis, die wir heute mitnehmen können", sagte Gaugisch.
DHB-Auswahl belohnt sich kurz vor der Pause
Erst kurz vor der Pause, als Antje Döll und Alina Grijseels nach feinen Spielzügen die Treffer zum 17:13 und 18:13 erzielten, spiegelte sich auch auf dem Videowürfel der Porsche-Arena in weiß auf schwarz wider, was zuvor bereits auf dem blauen Hallenboden darunter zu sehen gewesen war: eine überlegene deutsche Mannschaft, die keine Zweifel darüber aufkommen lassen wollte, dieses Turnier vom ersten Spiel an zu ihrem Turnier machen zu wollen.
Turnier-Debütantinnen bringen sofort einen Mehrwert
Markus Gaugisch bot der zwar nicht herausragende, wohl aber abgeklärte Auftritt seiner Mannschaft die Gelegenheit, sein Personal früh durchzuwechseln. Neben der bei København Håndbold spielenden Aimée von Perreira feierte so auch Blombergs Nieke Kühne früh ihr A-Nationalmannschaftsdebüt bei einem großen Turnier und bewies gleich in ihren ersten Aktionen jene Unbekümmertheit, die sich Gaugisch von der 21-Jährigen im Vorfeld versprochen hatte.
Früh viele glückliche Gesichter
Nach der Pause löste sich dann recht schnell auch bei der ehemaligen Neckarsulmerin Nina Engel der Tor-Knoten. Island blieb zwar, wie von Gaugisch prophezeit, ein nie aufgebender und mit viel Herz spielender Gegner, konnte die deutsche Mannschaft trotz einiger sehenswerter Aktionen aber nie unter so großen Druck setzen, dass der Sieg der Gastgeberinnen in Hälfte zwei ernsthaft in Gefahr geraten wäre.
Stattdessen gab es im deutschen Team bereits in der Schlussphase viele glückliche Gesichter. "Im Großen und Ganzen hat es heute auf jeden Fall Spaß gemacht und diese ersten zwei Punkte sind natürlich super wichtig", bestätigte Emily Vogel später die zu vernehmende Gefühlslage der Mannschaft.
Deutschland: Filter (11 Paraden); Wachter (1 Parade) – Behrend (5), Leuchter (4), Grijseels (7), Antl (2), Vogel (2), Döll (3/2); Engel (2), Thomaier, X. Smits (1), Kühne (5), Maidhof, Hauf (1), Huhnstock, von Pereira.
Erfolgreichste Werferinnen Island: Elín Klara Thorkelsdóttir (5), Katrin Tinna Jensdottir (4).
Schiedsrichter: Ante Mikelic/Petar Paradina (Kroatien).
Siebenmeter: Deutschland: 2/3; Island: 3/4.
Zeitstrafen: 2/4.
Zuschauer: 5527 (ausverkauft).

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