Ein sehenswerter deutscher Spaziergang
Famoser 39:19-Sieg der DHB-Auswahl im ersten Hauptrundenduell bei der WM, aber Argentinien ist kein echter Gegner. In der nächsten Partie gegen die Niederlande wird es keinen leichten Sieg geben.

Schon früh schlüpft Alfred Gislason in die Rolle des Genießers. Der Trainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft steht entspannt am Spielfeldrand, verfolgt die zweite Halbzeit seines Teams gegen Argentinien bei der Weltmeisterschaft in Polen und Schweden die meiste Zeit mit den Händen in den Hosentaschen. Er erfreut sich an der Leistung seiner Auswahl, die beim 39:19 (24:11)-Erfolg im ersten Hauptrundenspiel überhaupt keine Probleme mit den Südamerikanern hat und in der Spodek-Arena von Kattowitz begeistert. Die Fans. Sich selbst. Und den Bundestrainer, der nach der Partie "sehr stolz" auf seine Mannschaft ist und nicht mit Lob spart: "Wir haben sehr gut gespielt." Die Abwehrleistung sei "großartig" gewesen, der Auftritt seiner Torhüter Andreas Wolff und Joel Birlehm "fantastisch".
Im zweiten Hauptrundenspiel trifft die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) am Samstag (20.30 Uhr, ZDF) auf die Niederlande. Am Montag (20.30 Uhr, ARD) folgt das Duell mit Norwegen. "Für diese beiden Mannschaften kann es in diesem Turnier sehr weit gehen", ist der Respekt bei Kai Häfner groß. Der Rückraum-Linkshänder attestiert den Niederländern eine "sensationelle Entwicklung", mit Luc Steins hätten sie außerdem "einen der besten Mittelmänner der Welt" in ihren Reihen.
Knorr behält die Übersicht, macht Tempo
Allerdings ist Juri Knorr, Chefstratege der Rhein-Neckar Löwen und der deutschen Nationalmannschaft, auch nicht schlecht. Das zeigt der 22-Jährige gegen Argentinien erneut. Klug führt er auf der Mitte Regie, behält die Übersicht, macht das Spiel schnell.
Zeit für Zaubereien bleibt außerdem. Weil Knorr diese Sachen drauf hat. Und sie sich zutraut. "Ich probiere, mir den Spaß zu behalten und ich weiß: Wenn ich bei mir bin, dann kann ich der Mannschaft am meisten helfen", sagt er.
Nach 14 Minuten führt die deutsche Mannschaft bereits mit 11:5, schon zu diesem frühen Zeitpunkt hat der verzweifelte argentinische Trainer Guillermo Milano zwei Auszeiten genommen. Weil sein Team am überragenden deutschen Torwart Wolff scheitert, extreme Probleme gegen die diesmal gute DHB-Deckung hat, der Geschwindigkeit nicht gewachsen ist und sich einen Gegenstoß nach dem nächsten fängt.
In Momenten wie diesen, in denen die Deutschen rasend schnell das Spielfeld überbrücken, bündelt sich die ganze Überlegenheit der Mannschaft von Bundestrainer Gislason. Sie kommt so klar zum Ausdruck wie bei einem 100-Meter-Lauf zwischen einem Supersprinter und einem Ringer. "Wir haben Gas gegeben, wollten die Zuschauer mitreißen und ein schönes Spiel zeigen", sagt Knorr. Rückraummann Christoph Steinert meint: "Wir haben viel Qualität in der Abwehr und im Gegenstoß gezeigt und das Spiel auf diese Art und Weise einfach aussehen lassen."
Keine Frage: Was die Deutschen da gleich in der ersten Halbzeit vortragen, ist von solch einer Präzision und Perfektion geprägt, als seien sie punktgenau von einem Computer gesteuert. Unerbittlich und unnachgiebig, erbarmungs- und kompromisslos zeigt sich die DHB-Auswahl, die sich am eigenen Spiel berauscht, jede Menge Freude hat und konsequent die argentinischen Fehler bestraft. Bisweilen hat es etwas Barbarisches, was die DHB-Auswahl da mit ihrem Gegner anstellt.
Gislason schont einige Leistungsträger
Nach dem Seitenwechsel schont Bundestrainer Gislason erneut einige Leistungsträger wie Knorr und Häfner. An der Dominanz seines Teams ändert das nichts. "Alle haben durchgezogen", sagt Steinert und hält euphorisiert fest: "Wir haben ganz viel von der Welle gesprochen, die wir getroffen haben. Auf der sind wir weiter unterwegs."
Deutschland: Birlehm (Rhein-Neckar Löwen), Wolff (KS Kielce) - Golla (SG Flensburg-Handewitt) 5, Groetzki (Rhein-Neckar Löwen) 5, Mertens (SC Magdeburg) 5, Knorr (Rhein-Neckar Löwen) 4, Witzke (SC DHfK Leipzig) 4, Dahmke (THW Kiel) 3, Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen) 3, M´Bengue (Bergischer HC) 3, Steinert (HC Erlangen) 3/1, Drux (Füchse Berlin) 1, K. Häfner (MT Melsungen) 1, Köster (VfL Gummersbach) 1, Ph. Weber (SC Magdeburg) 1, Ernst (SC DHfK Leipzig)
Argentinien: Bar, Maciel - Martinez Cami 5, P. Simonet 4, Gavidia 2, Lombardi 2, D. Simonet 2, Martínez 1, Moscariello 1, Parker 1, I. Pizarro 1/1, Bonanno, Cangiani, Castro, F. Pizarro, Vainstein
Schiedsrichter: Vaclav Horacek (Tschechien)/Jiri Novotny (Tschechien)
Zuschauer: 3150. Strafminuten: 6 / 8