Millionen fürs Wachstum: Fußballerinnen vor wichtigen Wochen
Wie will der DFB verhindern, dass Spitzenspielerinnen ins Ausland abwandern? Investitionen und Reformen sollen die Frauen-Bundesliga und damit auch das Nationalteam stärken – doch es bleiben Fragen.

Für die Fußballerinnen in Deutschland geht es dieser Tage um viel Prestige, Wachstum und natürlich Geld. Erst steht das Nations-League-Finale gegen Weltmeister Spanien am 28. November und 2. Dezember an. Dann die EM-Vergabe am 3. Dezember mit der Hoffnung auf ein Heim-Turnier 2029 - und schließlich, am 10. Dezember, der große Deal für die Frauen-Bundesliga mit der Gründung eines eigenen Ligaverbands. In Aussicht steht ein mehrere hundert Millionen Euro schweres Gesamtpaket. Entscheidende Fragen sind aber noch offen.
Fest steht, dass allein der Deutsche Fußball-Bund von 2026 an knapp über 100 Millionen Euro für acht Jahre locker macht, um die Professionalisierung der 14 Clubs starken Bundesliga voranzutreiben. «Ein enormes Invest für einen gemeinnützigen Verband», nannte DFB-Präsident Bernd Neuendorf die Summe, die nach dpa-Informationen größtenteils in die Vermarktung, Nachwuchsarbeit und das Schiedsrichterinnenwesen fließen soll.
Neuendorf: «Diese Investition zu tätigen ist überfällig»
«Diese Investition zu tätigen ist überfällig, weil wir sonst Gefahr laufen, unsere Nationalspielerinnen und vielleicht auch unsere besten Talente Richtung England, Spanien oder USA zu verlieren», sagte Neuendorf. «Viele Spielerinnen haben diesen Schritt schon vollzogen. Da müssen wir jetzt gegensteuern. Das ist das klare Signal, das davon ausgehen soll und muss. Das Allerwichtigste ist, dass wir den Anschluss nicht verpassen an andere Ligen.»
Die Gründung des Ligaverbands am 10. Dezember ist nur der erste Schritt. Als nächstes soll zeitnah eine Frauen Bundesliga Gesellschaft (FBL GmbH) entstehen, angelegt als Joint Venture zwischen Ligaverband und dem DFB. Ähnlich wie die Deutsche Fußball Liga (DFL) bei den Männern soll die FBL ab der Saison 2026/2027 über die Ausrichtung der Frauen-Bundesliga bestimmen - und der Liga im Idealfall ein kräftiges Wachstum bescheren.
DFB gibt Macht ab
Der DFB, der bislang die Geschäfte führte, gibt damit Macht an die Clubs ab. Denn in die FBL würden der DFB und der Ligaverband je drei Personen entsenden, darunter die vom Ligaverband gestellte Präsidentin. Bei Stimmengleichheit würde ihr Votum entscheiden. Ein entsprechender Bericht der «Bild am Sonntag» deckt sich mit dpa-Informationen. Gute Chancen auf den Posten hat demnach Frankfurts Frauenfußball-Direktorin Katharina Kiel. Einen der DFB-Plätze dürfte Heike Ullrich besetzen, die langjährige Generalsekretärin und neue Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball.
Für das Tagesgeschäft plant die FBL mit einer ein- bis zweiköpfigen Geschäftsführung. Finanziert wird der gesamte neue Apparat aus dem 100-Millionen-Topf des DFB.
Wie viel Geld die Clubs künftig in die Hand nehmen müssen, ist noch offen. In Gesprächen mit der dpa gehen Liga-Vertreter von mehreren hundert Millionen Euro aus. Entscheidend für den Finanzierungsbedarf dürfte werden, wie streng die FBL bei den Vorgaben für eine Bundesliga-Lizenz sein will. Was soll für die Clubs zur Pflicht werden, was zur Kür? Einige Themen gelten als fix, bei anderen herrscht weiter Klärungsbedarf.
Mindestlohn, Stadiongröße: Es besteht Klärungsbedarf
Zur Pflicht soll von der neuen Saison an der Betrieb eines Nachwuchsleistungszentrums werden, womöglich mit Standards, die schrittweise hochgeschraubt werden. Anreizmechanismen - etwa DFB-Zahlungen für Einsätze jüngerer Spielerinnen - sollen zudem dafür sorgen, dass junge Talente, wie von Bundestrainer Christian Wück schon oft gefordert, auf mehr Spielzeit kommen.
Als unstrittig gilt die Einführung eines Mindestlohns. Wer in der Bundesliga professionell Fußball spielt, soll das künftig auch hauptberuflich tun können. Die Höhe soll klar über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen, der - ausgehend von einer 40-Stunden-Woche - monatlich bei 2.222 Euro liegt. Kleinere Clubs wie die SGS Essen dürfte das mehr belasten als Eintracht Frankfurt, den VfL Wolfsburg oder Bayern München.
Gwinn: «Das wünschen wir uns am allermeisten...»
«Das wünschen wir uns am allermeisten: Dass alle Mannschaften bestmöglich professionell aufgestellt sind und die Spielerinnen nicht mehr acht Stunden am Tag arbeiten müssen», sagte DFB-Kapitänin Giulia Gwinn der Deutschen Presse-Agentur. «Dann ist auch ein fairer und stärkerer Wettbewerb in der Liga möglich, wenn die Gelder so verteilt werden, dass man wirklich Gleichberechtigung herstellt. Prinzipiell geht es auch darum, dass jeder so bezahlt wird, dass man davon leben kann.»
Mehr Brisanz herrscht in der Stadionfrage: Soll es eine Mindestgröße geben - und falls ja, ab wann? Als Vorbild dient Plänen zufolge die 3. Liga der Männer. In dieser ist eine Kapazität von 5.001 Fans vorgeschrieben; ein Wert, mit dem sich die Clubs wohl auch in der Frauen-Bundesliga arrangieren könnten. Allerdings dürfte es Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen geben, denn für manche Vereine sind aktuell sowohl baurechtliche wie finanzielle Hürden zu hoch.
Nicht zuletzt Branchenprimus FC Bayern tut sich bei diesem Thema schwer. Der FC Bayern Campus bietet lediglich 2.500 Fans Platz, gesetzliche Vorgaben machen einen Ausbau nahezu unmöglich. Inzwischen liebäugeln die Münchnerinnen deshalb stark mit einem Umzug in den Unterhachinger Sportpark, der für 15.000 Fans ausgelegt ist.


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