Versteckte WM-Parallelen im schwedischen Sundsvall
Der Heimatclub von Emil Forsberg verliert in der Liga gegen Stockholm. Die Fans nehmen die Niederlage gelassen hin, denn im beschaulichen Sundsvall gibt es wichtigeres als Fußball.
Von WM-Trubel kann im 60.000-Einwohner-Städtchen Sundsvall direkt am Bottnischen Meerbusen gelegen keine Rede sein. Gefühlt könnte die große Fifa-Show nicht weiter entfernt sein. Wenn schon Fußball, dann stand für die Einheimischen am Sonntag das Ligaspiel ihres GIF Sundsvall gegen AIK Stockholm auf dem Programm.
Nach einer kurzen WM-Pause läuft die Allsvenskan bereits seit einer Woche wieder. Immerhin 5177 Zuschauer kamen gegen den Tabellenführer in die 8.800 Zuschauer fassende Norrporten Arena mitten im Stadtzentrum, die neben dem Fußball auch einigen Universitäts-Seminarräumen und einer Reihe von Firmen als Heimat dient. Nahezu die Hälfte der Zuschauer hielt es an diesem Nachmittag allerdings mit dem Team aus der Hauptstadt.
AIK-Fans sind vergleichbar mit Bayern-Fans in Deutschland, die gibt es einfach überall. Dabei kann das kleine Sundsvall auf eine große Fußball-Tradition blicken – eng verbunden mit dem Namen der Familie Forsberg. Und an diesem Punkt beginnen die Parallelen zur WM in Russland.
Hoffen, dass Emil Forsberg RB Leipzig verlässt
Schwedens WM-Star Emil Forsberg hat in Sundsvall das Fußballspielen gelernt, war Regisseur des Teams von 2009 bis 2012, ehe es in die weite Fußballwelt zog. Die wahre Clublegende ist jedoch Emils Vater Leif, dessen Trikot mit der Nummer zehn nach mehr als 19 Jahren im Club und 400 Spielen nicht mehr vergeben wird. Selbst Emils Großvater Lennart trug nach dem Zweiten Weltkrieg neun Jahre das blau-gelbe Vereins-Jersey, ehe ihn mit 29 Jahren eine Knieverletzung zum Karriereende zwang.
Inständig hofft der Club derzeit, dass der große Sohn Emil in diesem Sommer RB Leipzig verlässt, denn bei einem 50-Millionen-Transfer des 26-Jährigen würden der klammen Vereinskasse zwei Millionen Euro Ausbildungsvergütung winken.
Popcorn und Hotdogs zum Fußballschauen
Auf dem Spielfeld erinnert an diesem Nachmittag ebenfalls einiges an das Weltturnier in Russland. Ein gefühltes 0:0 wird durch ein sehenswertes Tor in der Nachspielzeit zu Gunsten der Gäste entschieden. Zuvor demonstrierten beide Teams wie auch so viele Nationalmannschaften bei der WM, dass sie passabel verteidigen können. Doch in Ballbesitz blieb es bei einem endlosen Rumgeschiebe des Spielgeräts. Über weite Strecken war das Spiel schwere Kost.
A propos Essen: Der Schwede liebt Popcorn und Hotdogs zum Fußballschauen. Alkohol gibt es keinen im Stadion. Fußball ist Familienangelegenheit. Da werden Babys auf der Tribüne gestillt, oder die eigenen Plätze den Kindern eines gegnerischen Fans angeboten, damit die Kleinen nicht in der prallen Sonne sitzen müssen. Fair geht es im Unterschied zur WM auch auf dem Feld zu. Es wird nicht geschauspielert, rumgemotzt und im Schneckentempo zur Auswechslung geschritten. Eine sehr angenehme Abwechslung zum WM-Geschehen. Die Niederlage nehmen die braven Heimfans gelassen hin. Hier gibt es wichtigeres als Fußball.