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Warum Scopa besser ist als Social Media, das zeigt sich beim Neckar-Cup

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Luca Van Assche gewinnt beim Heilbronner Neckar-Cup das Duell der 20-Jährigen. Der Deutsche Henri Squire verpasst das Halbfinale beim Turnier von Heilbronn.

Glückwunsch, alles Gute: Der in Koblenz geborene Jan Choinski (links) und der Spanier Alejandro Moro Canas klatschen sich nach dem 6:3, 6:3-Sieg des Briten ab.
Glückwunsch, alles Gute: Der in Koblenz geborene Jan Choinski (links) und der Spanier Alejandro Moro Canas klatschen sich nach dem 6:3, 6:3-Sieg des Briten ab.  Foto: Berger, Mario

Es ist der Klassiker unter den Phrasen bei einem Challengerturnier: "Hier kann jeder jeden schlagen", sagt ein Tennisprofi nach dem anderen, der eine freilich mehr hoffend, der andere mehr bangend. Auch der 10. Heilbronner Neckar-Cup beweist Tag für Tag eindrucksvoll, dass jeder jeden schlagen kann.

Dennoch fragt sich der eine oder andere Zuschauer am Trappensee: Wie kann das sein? Wie kann Maximilian Marterer (Nummer 101 der Welt) gegen Daniel Masur (295) mit 3:6, 0:6 verlieren? Warum sind die im Ranking noch höherstehenden Asse Daniel Altmaier (83) und Yannick Hanfmann (85) schon so früh ausgeschieden? Nachdem Henri Squire am Freitagabend im Viertelfinale mit 2:6, 3:6 gegen den Schweizer Alexander Ritschard verloren hatte, stellte sich zudem die Frage: Warum steht keiner der elf im Hauptfeld gestarteten deutschen Profis am Samstag im Halbfinale?

Eine italienische Trainerlegende ist da

Die Faktoren sind mannigfaltig. Zwei begünstigen es jedenfalls, besser zu sein: der Faktor Flow und der Faktor Trainer - die sich am Freitagnachmittag quasi gegenüberstanden. Hier Maks Kasnikowski - der 20-jährige Pole hat zuvor sieben Siege in Serie gefeiert, fünf bei einem ITF-Triumph vergangene Woche, zwei beim Neckar-Cup. Dort Luca Van Assche - der 20-jährige Franzose wird in Heilbronn von Vincenzo Santopadre gecoacht, einer italienischen Trainerlegende, die Landsmann Matteo Berrettini bis auf Rang sechs in der Weltrangliste führte.


Der Flow macht Tennis einfach, alles selbstverständlich. Tennis ist ein Spiel des Verlierens. Von den 60 (inklusive Qualifikation) im Einzel-Wettbewerb von Heilbronn gestarteten Profis wird nur einer ohne Niederlage weiterreisen. Mit einer Zahl veranschaulicht: 2016, als Andy Murray erstmals die Nummer eins der Welt wurde, gewann der Brite lediglich 53 Prozent der gespielten Punkte.

"Deshalb ist es wichtig, auf einem Turnier eine gute Zeit zu verbringen", sagt der Römer Santopadre, was übersetzt Heiliger Vater bedeutet. "Und ich bin sicher, dass man mit einem guten Humor auch besser auf dem Platz ist." Mit einem großen Sonnenhut sitzt der 52-Jährige am Center Court und unterstützt seinen Schützling. Mal mit einem Nicken, immer mit seiner Präsenz. Am Freitag ringt Faktor Trainer letztlich den Faktor Flow mit 6:3, 3:6, 6:0 nieder.

Zum dritten Mal braucht er drei Sätze

Zum dritten Mal hat Luca Van Assche drei Sätze benötigt. "Das ist gut für mich", sagt der Halbfinalist, der es am Samstag (nicht vor 15 Uhr) mit dem in Deutschland lebenden Inder Sumit Nagal zu tun bekommt. "Ich war zuletzt verletzt und bin genau deshalb nach Heilbronn gekommen, um möglichst viel Matchpraxis zu bekommen."

"Luca ist ein guter Junge, höflich, außerhalb des Platzes ruhig", erzählt Santopadre von seinem neuen Schützling, mit dem er erst seit Ende 2023 zusammenarbeitet. "Auf dem Platz ist er stark, hat kraftvolle Schläge." Das haben alle Profis. Was macht den Unterschied? "Luca wird Tag für Tag konstanter werden", weiß der Heilbronn-Rückkehrer - Vincenzo Santopadre stand 1998 mit Stefano Pescosolido im Doppel-Finale der Heilbronn Open in Talheim.

Was auffällt: Van Assche, der Italienisch spricht, weil seine Mutter Italienerin ist, und sein Coach spielen ständig Karten zusammen. Scopa sei besser als Social Media, so Santopadre, "das hilft dir zu denken". Und es ist Charakterschule: "Ich habe in den letzten Monaten bis auf vielleicht zwei, drei Ausnahmen alle Spiele im Scopa gegen ihn verloren", sagt der ehrgeizige Schüler und lacht. "Ich schaue mir auf Youtube Videos an, um besser zu werden."

Ein Begleiter kann helfen, muss aber nicht sein

Jan Choinski hat seinen 6:3, 6:3-Sieg gegen Alejandro Moro Canas ohne Trainer-Unterstützung bewerkstelligt. "Es ist ein Pluspunkt, jemanden dabei zu haben, wie ich jetzt meine Freundin", sagt der in Koblenz geborene Halbbrite, der bei seinen Heilbronn-Starts 2015 und 2016 noch für Deutschland antrat. "Wenn du gut spielst, muss die Begleitung durch einen Coach nicht sein. Hast du eine schlechte Phase, auch mental, ist es umso wichtiger, dass jemand bei dir ist." Jan Choinski hat gerade eine gute Phase. Er bekommt es im Halbfinale am Samstag mit Alexander Ritschard zu tun. Und wer spielt das Finale am Sonntag? Klar ist nur: Auch in Heilbronn kann jeder jeden schlagen.

 

 
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